Linkedin vs. Tiktok: Wie unterschiedlich sind Business-Inhalte auf den Plattformen?
Mit dem Selfie werden beste Urlaubsgrüße gesendet – bei Linkedin. Auf der Business-Plattform sollen eigentlich berufliche Themen, etwa der neue Job, das abgeschlossene Projekt oder die interessante Weiterbildung, im Vordergrund stehen. Doch der Content wird immer privater und persönlicher.
Beliebt ist dabei Snackable Content: Fünf Learnings zu einem Thema werden in Stichpunkten zusammengefasst. Die übersichtlichen und schnell verständlichen Stücke kommen an. Das Schema – Informationen in fünf Stichpunkten zu teilen – funktioniert auch auf einer anderen Plattform: Tiktok.
Linkedin: Plattform für ein Thema, das bei Tiktok nur eine Bubble ist
Es ist eine Parallele zwischen zwei auf den ersten Blick grundverschiedenen Plattformen. Während auf Linkedin die Arbeit das grundlegende Thema ist, ist Business-Content bei Tiktok eine beliebte Bubble unter vielen. Doch auch hier werden Ersteller:innen von Videos, die Vorschläge für Unternehmensgründungen machen oder Tipps für schnell verdientes Geld geben, teils mit einer Reichweite im Millionenbereich belohnt.
Der Content, der auf der Plattform unter dem Hashtag Business zu finden ist, setzt keine Vorkenntnisse zu Unternehmensgründung oder anderen Business-Themen voraus. Stattdessen liefern Videos Ideen für Gründungen, etwa Onlineshops für selbstgebastelte Kerzen, Lipgloss oder Haargummis. Das Interesse an Business-Content wächst, zumindest mit Blick auf die Hashtags, entsprechende Clips bringen es auf millionenfache Aufrufe.
Tiktok: Hashtags zeigen wachsendes Interesse
Unter dem Hashtag Business findet man auf Tiktok Ende August 2024 fast elf Millionen Videos und gut 84 Milliarden Views, die Zahlen stammen von der Tracking-Plattform Exolyt. Noch beliebter ist „Small Business“ mit fast 28 Millionen Videos und insgesamt 155 Milliarden Views.
Schnell und leicht Geld zu verdienen, steht hier im Vordergrund, bestenfalls wird das eigene Bastel-Hobby zum Geschäftszweck. Persönliche Unabhängigkeit ist das oberste Gebot, andere Dinge sind zweitrangig. So haben auch Nischen, wie der Verkauf von getragenen Socken, bei Tiktok Raum.
Persönliches gibt es bei beiden Plattformen
Vergleichbare Beiträge sucht man bei Linkedin in der Regel vergebens. Auf der Plattform thematisieren Nutzer:innen in schriftlichen Beiträge meist ein konkretes Thema. Dabei geht es oft um berufliche Erfahrungen, die mit persönlichen Anekdoten nahbar erzählt werden. Das Persönliche dient als Verpackung für den Inhalt – bei Tiktok ist es umgekehrt. Die eigene Perspektive ist auch die erzählte Geschichte.
Zudem fällt bei Tiktok-Videos auf: Oft geht es darum, Business-Coachings zu verkaufen. Der kurze Content ist Werbung, Nutzer:innen sollen über einen Link im Profil auf eine entsprechende Website gebracht werden. Dieser plumpe Verkauf ist bei Linkedin dagegen nicht üblich.
Diskurs auf Plattformen unterscheidet sich deutlich
Denn dort steht noch immer der Austausch von Wissen im Fokus. Wer bei Linkedin Inhalte teilt, regt gern mit „Schreibt eure Meinung in die Kommentare“ zum Austausch – und damit Engagement – an. Unter den Beiträgen soll diskutiert werden. Der:die Verfasser:in reagiert in der Regel selbst auf die Anmerkungen. Überwiegend bleiben die Diskussionen beim gesetzten Thema.
Tiktok ist dagegen einseitiger. Ein:e User:in lädt ein Video hoch, doch statt um Kommentare zu bitten, fällt häufig der Satz „Speichert es für später“ oder „Teilt es mit …“. Beides ist auf die Beschaffenheit der Plattform zurückzuführen. Der Algorithmus sieht Inhalte eher als relevant an, die oft geteilt oder gespeichert werden. Diskussionen gibt es unter den Videos nicht. Die Creator:innen teilen in den Tiktoks kurz und knapp ihre persönlichen Erfahrungen; Erfolg wird mit klassischen Statussymbolen wie teuren Autos – gern von Mercedes –, Dubai-Reisen und Luxusuhren symbolisiert. Typisch sind Kommentare wie „Wie startet man online Business??“, die bei Linkedin nicht zu finden sind.
Stroytelling ist im Marketing beliebt – wo das Geschichtenerzählen an seine Grenzen kommt, hört ihr hier:
Antworten auf solche Fragen geben Creator:innen häufig in weiteren Videos – in einer typischen Erzählweise: Jede:r kann mit einem „Side Hustle“ Millionen machen und aus dem 9-to-5-Hamsterrad ausbrechen. In den Videos treten Creator:innen als Expert:innen auf, die Laien ansprechen wollen und ihnen etwas erklären. Auf Linkedin hingegen richten sich Nutzer:innen eher auf Augenhöhe an andere, deren Meinung sie einholen wollen: Nutzer:innen wollen auf der Plattform das eigene Netzwerk mit für sie relevanten Kontakten ergänzen und den eigenen Expertenstatus ausbauen beziehungsweise stärken.
Mehr Unbefangenheit bei Tiktok als bei Linkedin
Gleichzeitig sprechen Nutzer:innen aufd Tiktok oftmals offener über Arbeitsthemen, sie haben etwa Videos, die Arbeitnehmer:innen bei Kündigungen zeigen, populär gemacht. Das mag auch an einer höheren gefühlten Anonymität liegen.
Bei Linkedin treten Nutzer:innen in der Regel mit ihren Klarnamen auf. Zwar gibt es auch Fakeprofile auf der Plattform sowie Bot-Kommentare, Nicknames wie bei Tiktok sind in dem Business-Netzwerk jedoch nicht verbreitet. In den Kommentaren unter Tiktok-Videos machen sich Nutzer:innen weniger Gedanken, ihren Ruf negativ zu beeinflussen, als unter Linkedin-Posts.
„5 Punkte“-Content funktioniert bei Linkedin und Tiktok
Während auf inhaltlichen Ebene Unterschiede auffallen, gibt es bei den Content-Formaten Ähnlichkeiten. Auf beiden Plattformen finden sich leicht verständliche Inhalte, die schnell erfasst werden können – etwa die „5 Punkte“-Postings. Auch die Ziele der Nutzer:innen ähneln sich: Die Beiträge sollen Likes und Kommentare bringen; das ist bei Social-Media-Plattformen üblich.
Dabei spielen auch Hochkantvideos eine wichtige Rolle. Bei Tiktok sind sie essenziell, bei Linkedin bekommen sie künftig eine prominentere Platzierung im Feed, denn Videos erhöhen die Zeit, die Nutzer:innen in der App verbringen.
Entscheidender Fokus fehlt: Tiktok wird nicht zur neuen Business-Plattform
Insgesamt verfolgen Nutzer:innen mit ihren Beiträgen auf den Plattformen jedoch unterschiedliche Ziele. User:innen teilen Beiträge auf Linkedin, um einen Expertenstatus aufzubauen. Sie wollen durch Likes und Kommentare Reichweite gewinnen; je mehr Follower:innen ein Profil hat, desto relevanter wirkt es. Nutzer:innen fokussieren sich auf ein Thema, das in der Regel aus ihrer Arbeit hervorgeht.
Tiktok ist weniger konkret, die Inhalte auf der Plattform sind allgemeiner gehalten. Das Netzwerken, die Verbindung mit anderen, spielt auf der Plattform kaum eine Rolle. Auf Linkedin entstehen langfristige Verbindungen, während Tiktok für kurzfristige Reichweite relevant ist. Tiktok ist besonders für die relevant, die über das Videoportal ihre Dienstleistungen und Produkte bewerben wollen. Linkedin bleibt der in diesem Vergleich relevantere Ort für Geschäftswissen und -beziehungen.
Linkedin zählt zu den sozialen Netzwerken – es ist schon recht früh entstanden. Die Social-Media-Evolution siehst du hier: