Kickertische, Obstkörbe, Kaffee – das wird der Tech-Szene gerne spöttisch zugesprochen, wenn es um deren Strategien geht, Talente zu rekrutieren und zu halten. Dass die Bemühungen deutlich darüber hinausgehen, zeigen begehrte Benefits wie ein unbegrenzter Urlaubsanspruch oder die freie Wahl des Arbeitsortes. Hinzu kommt, dass in der IT die vergleichsweisen höchsten Gehälter gezahlt werden. Die größten Summen zahlen Konzerne wie Amazon, Facebook und Microsoft – letzteres Unternehmen hat jetzt erneut Gehaltserhöhungen angekündigt, auch und gerade um zu verhindern, dass erstere die Mitarbeitenden abwerben. Der IT-Fachkräftemangel wird so zum „War for Talents“.
Mehr Gehalt: Microsoft fürchtet Wechselwillige
Microsoft-CEO Satya Nadella wandte sich deshalb am Montag an das Team und schrieb in einer E-Mail: „Wieder und wieder sehen wir, dass unsere Talente sehr gefragt sind. […] Deswegen investieren wir heute langfristig in jeden Einzelnen von euch.“ Konkret heißt das, dass das Management das globale Budget für leistungsabhängige Gehaltserhöhungen verdoppele und die jährlichen aktienbasierten Vergütungsprogramme nochmal erhöhe, wie es in dem vom Branchendienst Geekwire veröffentlichen Memo heißt. Die Zahlungen würden vor allem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem unteren und mittleren Gehaltsbereich zugutekommen. Microsoft zählt weltweit 181.000 Beschäftigte.
Mit dieser Entscheidung folgt Microsoft dem Cloud-Konkurrenten Amazon. Der Tech-Riese hat bereits im Februar dieses Jahres ein ähnliches Programm beschlossen und die maximale Grundvergütungsspanne für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im technischen Bereich mehr als verdoppelt. Satya Nadella reagiert damit jedoch auch auf eine steigende Unzufriedenheit in der Belegschaft. Interne Umfragen ergaben zuletzt, dass rund 60 Prozent glaubten, der IT-Konzern zahle gut genug. Ein Jahr zuvor lag der Wert noch bei knapp über 70 Prozent. Dieser Veränderung will Microsoft etwas entgegenstellen, denn in Zeiten des Fachkräftemangels sind zehn Prozent potenziell Wechselwillige ein großes Risiko.
Wie sich die angepassten Vergütungspläne auf die deutsche Belegschaft auswirken, ist noch nicht bekannt. „Die leistungsabhängigen Budgets werden von Land zu Land unterschiedlich ausfallen und auf regionalen Marktdaten beruhen“, schreibt Satya Nadella weiter in der E-Mail. Wie das Handelsblatt schreibt, erhalten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hierzulande ein Grundgehalt plus Boni und Aktienoptionen. Dieses Modell ist typisch in IT-Unternehmen dieser Größe. Auch der deutsche Softwarekonzern SAP baut darauf, wie Personalchef Cawa Younosi gegenüber t3n wissen ließ. „Mit dem Grundgehalt allein haut man IT-Fachkräfte nicht mehr vom Hocker“, erklärte er im Februar dieses Jahres.