Anfang Mai hatte Maja Smoltczyk, Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit in Berlin, davor gewarnt, dass in Zeiten der Coronakrise und angesichts mangelnder Alternativen bei der Kommunikation in Behörden auf US-Dienste zurückgegriffen werde. Im Visier hatte Smoltczyk dabei Whatsapp sowie die umstrittene Videokonferenzlösung Zoom. In einer „Checkliste für die Durchführung von Videokonferenzen während der Kontaktbeschränkungen“ warnt die Datenschützerin aber auch vor dem Einsatz von Microsofts Diensten Skype und Teams.
Microsoft: Annahmen unzutreffend
Letzteres will sich der Redmonder Softwarekonzern offenbar nicht gefallen lassen. Microsoft hat die Behörde der Berliner Datenschutzbeauftragten abgemahnt, wie das Portal t-online.de berichtet, dem das entsprechende Schriftstück vorliegt. Demnach hat Microsoft die Berliner Behörde aufgefordert, „unrichtige Aussagen so schnell wie technisch möglich zu entfernen und zurückzunehmen“. Eine finanzielle Forderung ist damit nicht verknüpft. Microsoft sieht laut dem Schreiben seinen Ruf geschädigt und erwarte auch kommerzielle Schäden. Dem Konzern zufolge seien mehrere Annahmen der Berliner Behörde mehrere Annahmen faktisch oder rechtlich unzutreffend.
Allerdings scheint die Datenschutzbeauftragte bisher noch nicht auf das vom 5. Mai datierende Schreiben reagiert zu haben. Die Checkliste mit den konkreten Warnhinweisen vor „Microsoft, Skype Communications und Zoom Video Communications“ war am Sonntagabend noch abrufbar. Dahinter steckt möglicherweise kein Versäumnis, sondern Absicht. Denn laut t-online.de schauen auch andere Datenschutzbehörden ganz genau nach Berlin – zumindest einige von ihnen sollen den Wunsch haben, dass die Berliner Behörde nicht vor Microsoft einknickt.
Warnung vor Produkten als Problem
Für den Konzern wiederum stellt die Warnung vor seinen Produkten vonseiten deutscher Datenschutzbehörden ein Problem dar, nicht zuletzt, weil Microsoft weitere Kunden im Öffentlichen Dienst werben will. Aktuell etwa geht es in Baden-Württemberg darum, ob Microsoft 365 an Schulen eingesetzt werden kann. Die Datenschutzbehörde des Bundeslandes ist offenbar nicht dafür.
Allerdings hatten Teams und Skype in einem Test der Stiftung Warentest zuletzt die beiden Top-Plätze unter den Videokonferenzsystemen belegt. In puncto Datensicherheit wurden die beiden Microsoft-Lösungen mit einer guten Bewertung bedacht. Es gab aber „sehr deutliche Mängel“ in der Datenschutzerklärung, so die Tester.
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Ich finde es bedenklich, wenn große US-Anbieter durch Lobbypolitik und juristische Einschüchterung versuchen in die Schulen reinzukommen und die Schüler frühzeitig an sich zu binden. Die Corona-Krise sollte kein Grund sein, alle Datenschutzprinzipien über Bord zu werfen. Finger weg, wenn man sich zwangsweise registrieren muss! Darüber hinaus wäre es gerade in solchen Zeiten dringend notwendig, auf europäische Lösungen zu setzen. Es gibt hierzulande tolle Lösungen, die sich genauso gut für Online-Unterricht eignen. Beispielsweise das virtuelle Klassenzimmer unter klassenzimmer.meetzi.de basierend auf Jitsi. Es ist kostenlos, ohne Registrierungszwang, datenschutzfreundlich und neben Video-Konferenz, Präsentationsmodus und Tafel ist alles dabei, was man sonst so für den digitalen Unterricht benötigt.
Etwas widersprüchlich, wenn steuerlich finanzierte Organisationen (nicht nur Schulen) systematisch auf unsichere US Software setzen während uns die EU auf „heimische Produkte“ einschwört. Wahrscheinlich gilt das für Obst und Gemüse, aber nicht für Technologie. Aber es gibt auch positive Ausnahmen, siehe „Untis kooperiert mit dem Tech Start-up Grape“ (www.ots.at/presseaussendung/OTS_20190523_OTS0110/der-untis-messenger-erobert-die-klassenzimmer-seit-vergangener-woche-wird-an-schulen-damit-gechattet-bild)