
Delivery Hero steigt in Dax auf. (Foto: Delivery Hero)
Um den insolventen Zahlungsdienstleister Wirecard so schnell wie möglich aus dem Dax entfernen zu können, hatte die Deutsche Börse sogar ihr Regelwerk geändert. Demnach können „insolvente Unternehmen mit einer Frist von zwei Handelstagen aus den Dax-Auswahlindizes genommen“ werden. Die neuen Regeln traten am Mittwoch in Kraft, die Veränderungen in der Zusammensetzung der Dax-Auswahlindizes wurden nach 22 Uhr bekanntgegeben. Das Rennen gemacht hat Delivery Hero, einer der Favoriten auf die Wirecard-Nachfolge.
Der 2011 gegründete Essenslieferdienst ist derzeit noch im M-Dax notiert. Ab Montag dürfte Wirecard im Dax endgültig Geschichte und Delivery Hero fix dabei sein. Für das Berliner Startup bringt der Dax-Aufstieg natürlich jede Menge Prestige, er hat aber auch finanzielle Vorteile. Denn die ETF genannten Indexfonds, die Börsenindizes exakt nachbilden, müssten im Falle des Dax künftig auch Aktien von Delivery Hero kaufen. Der Kurs des Unternehmens dürfte dann steigen, wie der Spiegel schreibt.
Delivery Hero nicht in Deutschland aktiv
Interessanterweise ist Delivery Hero, das in Deutschland mit den eigenen sowie zugekauften Marken Lieferheld, Pizza.de und Foodora bekannt wurde, hierzulande gar nicht mehr aktiv. Das Deutschlandgeschäft hatte Delivery Hero vor eineinhalb Jahren für rund eine Milliarde Euro an den niederländischen Konkurrenten Takeaway verkauft. Mit dem Geld expandierte Delivery Hero dann unter anderem nach Asien – wo es den Großteil seines Umsatzes erwirtschaftet.
Zwar könnte sich der Umsatz in diesem Jahr auf 2,8 Milliarden Euro mehr als verdoppeln, allerdings sorgt der aktuell tobende Verdrängungskampf im Lieferdienste-Sektor für hohe Verluste. Nach 648 Millionen Euro Minus im Jahr 2019 sollen im ersten Halbjahr 2020 laut Analysten sogar schon 352 Millionen Euro Verlust angefallen sein. Delivery-Hero-Chef Niklas Östberg zufolge soll das Unternehmen aber nur dort rote Zahlen schreiben, wo es expandiere. In anderen Märkten verdiene man längst Geld.
Aktie seit Anfang 2020 um 47 Prozent gestiegen
Der Aktie tut das aber ohnehin keinen Abbruch. Das Delivery-Hero-Papier kletterte seit Jahresbeginn schon um 47 Prozent auf 104 Euro. Delivery Hero ist laut Spiegel Online an der Börse mittlerweile schon 20,7 Milliarden Euro wert – und damit mehr als die Deutsche Bank.
Allerdings gibt es auch warnende Stimmen, die etwa Schwachstellen in der Corporate Governance sehen. Das junge Unternehmen sei für den Dax noch nicht reif, sagte etwa Christian Strenger, Ex-DWS-Chef und Experte für gute Unternehmensführung, dem Handelsblatt. Auch Arbeitnehmervertreter sehen Delivery Hero kritisch. Fahrer werden demnach rechtlich oft als Selbstständige behandelt, sie erhalten lediglich die erledigten Fahrten statt der gearbeiteten Stunden bezahlt, so der Vorwurf.
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