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Paketabgabe für Einzelhandel: Was kommt als nächstes – Netflix-Steuer für Kinos?

Die CDU macht sich für eine Paketabgabe stark, die dem stationären Handel in den Innenstädten helfen soll. Ein vollkommen falsches Signal, das niemandem hilft und nur Handelsformen gegeneinander ausspielt.

2 Min.
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Eine Paketsteuer setzt falsche Signale – aber denkt mal über faire Besteuerung im Handel nach. (Bild: Narong Jongsirikul / Shutterstock)

Es klingt nach einem Schildbürgerstreich der Politik: Der ach so florierende Onlinehandel soll pro Paket eine Abgabe in einen sogenannten Innenstadtfonds zahlen – zur Rettung des darbenden Handels in den Fußgängerzonen. Argumentiert wird mit dem in vielen Fällen in Schieflage geratenen Handel durch die Coronakrise. Die Höhe soll sich nach dem enthaltenen Warenumsatz richten – ob Retouren entsprechend wieder abgezogen werden dürfen, lässt das Papier offen.

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Sagt mal, geht’s noch? Seit Monaten predigen Stadtentwickler und Handelsexperten jeglicher Couleur, dass der Präsenzhandel nur dann eine Chance hat, wenn er sich breiter aufstellt, über kleine eigene Webshops, Conversational Commerce per Whatsapp und Co. und sonstige digitale Dienstleistungen nachdenkt. Viele Dienstleister jeder Größe haben mit entsprechenden Programmen versucht, dem Handel unter die Arme zu greifen – und viele Geschäfte in den Innenstädten machten das ja sowohl im ersten Lockdown als auch gerade jetzt vor den Weihnachtstagen ganz gut: Buchhändler, die in der Region Waren ausliefern und dem Kunden zeigen, dass sie weiterhin für ihn da sind. Handyläden, die bewusst verstärkt auch Dienstleistungen anbieten.

Kurzum: Es wäre einfach unklug, unterschiedliche Formen des Handels, die in den letzten Monaten und Jahren immer mehr zusammen finden, gegeneinander auszuspielen. So schwarz und weiß, wie sich die CDU das vorstellt, ist die Welt einfach nicht.

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Paketabgabe: Lieber durch Steuergesetze regulieren

Treffen würde das übrigens gerade nicht die großen Onlinehändler, auf die (mehr oder weniger offen) die Politik abzielen will und die in der Krise am meisten profitiert haben: Denn eine Paketabgabe, die ja erst einmal wieder ein rein deutsches Konstrukt wäre, könnte Amazon (nennen wir sie doch einfach mal!) dazu veranlassen, gezielt auf Warenverteilzentren aus dem Ausland zu setzen oder aber den Kunden dazu zu erziehen, seine Ware irgendwo in einer Art Verteilshop abzuholen. Hatten wir schon mal in den guten alten Katalogzeiten von Quelle und Neckermann.

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Eine solche Paketsteuer ginge vielmehr auf Kosten der kleineren Händler, die sich eine solche Logistik und solche logistischen Kraftakte nicht leisten könnten. Und das ist es wohl auch nicht, was die CDU (und die den Vorschlag unterstützende SPD) intendiert. Wenn man den Handel in den Innenstädten und Industriegebieten unterstützen will, wäre es vielleicht mal ein guter Ansatz, über zeitgemäße Stadtkonzepte oder einen nachhaltigen Nahverkehr nachzudenken, um die Innenstädte wieder zu beleben. Das Geld dazu wäre übrigens schon da – würde man sich endlich EU-weit auf eine vernünftige und gerechte Besteuerung der großen Konzerne (namentlich Amazon) verständigen. Denn auch wenn das Unternehmen stets mantraartig beteuert, alle Steuern zu zahlen, die es muss, sind das doch durch legale Steuervermeidungsmaßnahmen erschreckend wenige – ein Umstand, der anderen Onlinehändlern, die derartige Taschenspielertricks nicht anwenden können, die Zornesröte ins Gesicht treibt.

Nach der Paketabgabe: Was ist mit den notleidenden Telefonzellen?

Der unausgegorene Vorschlag der Union erinnert übrigens an eine Idee einiger EU-Politiker aus dem Jahre 2006. Die wollten, weit bevor der Begriff Neuland populär im Internetkontext war, eine Steuer auf E-Mails und SMS (immerhin auf letztere 1,5 Cent pro Stück) durchsetzen. So ungefähr mag der aktuelle Vorschlag anmuten – und wir fragen uns, wann die Union eine Netflix-Steuer zum Schutz der Videotheken und eine Smartphone-Steuer zu Gunsten der notleidenden Telefonzellen einzuführen gedenkt.

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Tom

Sehr schön formuliert! Man kann bei allen aktuellen politischen Vorschlägen und Entscheidungen auch nur noch wild mit dem Kopf schütteln. Jeder der scheinbar seine Lippen und die Zunge so formen kann, dass dabei Laute entstehen, meinte er müsste etwas sagen. Das man vorher jedoch das Ding ganz oben einschalten sollte um die Laute in einer sinnvollen Kombination auszugeben, das haben inzwischen fast alle vergessen… Nur noch purer Aktionismus!

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