PDF-to-Brainrot und Sludge-Content: Funktioniert das Lernen im Tiktok-Format?
Sogenannte „PDF-to-Brainrot“-Converter verwandeln beliebige Lerninhalte in Videos à la Tiktok. Raus kommt ein knapp einminütiges Video, das die Inhalte des PDF-Dokuments in der Tonalität der Gen Z und Gen Alpha zusammenfasst. Die von einer KI gesprochenen Wörter werden im Video groß angezeigt. Im Hintergrund laufen ASMR-Clips oder Minecraft-Gameplay.
Der Andrang scheint groß. Mittlerweile gibt es mehrere Angebote für PDF-to-Brainrot-Converter wie Coconote, Study Fetch, StudyRot, Memenome, Shortspilot oder Grademaxx. Viele Studierende zeigen im Internet, wie sie das Tool nutzen.
Die Userin @dasistgutdasposteich_ schwärmt in ihrem Tiktok-Video über das Tool. „Es ist so gut“, sagt die Creatorin in dem Clip, der mittlerweile über 300.000 Mal aufgerufen wurde. Doch sind diese Tools wirklich hilfreich? Oder erschweren die sogenannten „Brainrot“-Videos das Lernen sogar?
„Es fesselt den Blick“
„Die Idee, durch Videos die Aufmerksamkeit auf Texte zu binden, ist spannend“, sagt der pädagogische Psychologe Thorben Jansen über die Videos. „Es fesselt den Blick, dass so viel passiert.“ Die Clips sind typisch für sogenannten Sludge-Content. So werden Videos genannt, in denen unterschiedliche Inhalte übereinandergelegt werden. Oft treffen Reddit-Storys, die mit KI-Stimmen gesprochen sind, auf Minecraft-Parkour-Videos oder Filmschnipsel auf ASMR-Videos.
Umgangssprachlich sprechen User:innen von Brainrot-Content. Damit sind Inhalte mit niedriger Qualität gemeint. Der Begriff ist gewissermaßen eine Selbstdiagnose für Menschen, die konstant auf Tiktok unterwegs sind. Auch Jansen findet, dass die Brainrot-Videos, die aus den PDFs entstehen, nicht den erwünschten Lerneffekt haben. „Allerdings hat die Forschung gezeigt, dass solche verlockenden, aber inhaltsleeren Details wie das Minecraft-Spiel im Hintergrund das Lernen hindern. Daher nehme ich an, dass man nicht so viel vom PDF mitbekommt, sondern auch viel von dem drumherum.“ Eine Studie, in der 80 Teilnehmende verschiedene Medieninhalte gleichzeitig konsumiert haben, kam zu dem Ergebnis: Starkes Medien-Multitasking steht in Verbindung zu einer Neigung zu Aufmerksamkeitsschwächen und Vergesslichkeit.
Laut Jansen sei in der Lernpsychologie das Lernen besonders dann effektiv, wenn man sich mit dem Inhalt vielfältig auseinandersetzt – das ist allerdings nicht der Fall. Doch das bedeute nicht, dass sowohl TikToks als auch die PDF-Konverter nicht helfen könnten. „Wenn die Tools dazu benutzt werden, die Interaktion mit den Lerninhalten zu steigern und manche Schüler:innen überhaupt etwas mit dem Text machen, können auch Tiktok-Videos oder KI-generierte Podcasts besser als der Text allein sein“, so der Psychologe.
Wie KI beim Lernen helfen könnte
Als Beispiel für einen PDF-Konverter, der mehr Interaktion fördert, nennt Jansen NotebookLM von Google. Das KI-Tool verwandelt PDFs in einen Podcast, bei dem sich verschiedene Gesprächspartner:innen über das Thema der Datei austauschen. Sogar Notizen kann man dem Tool mitgeben, um so einen Podcast zu bekommen, der über die eigenen Lernziele spricht. „Wenn Schüler:innen sich Gedanken machen, was sie aus dem Text lernen wollen oder spezifische Fragen stellen, führt es zu mehr Engagement mit dem Text“, so Jansen. „Je mehr die Tools dazu dienen, sich fokussiert mit dem Lerninhalt zu engagieren, desto mehr werden sie zum Lernen beitragen.“
Wer KI-Tools beim Lernen nutzen möchte, sollte darauf achten, dass man die Fähigkeit hat, die Ausgabe der KI kritisch zu hinterfragen. „Lernen mit KI-Tools erfordert grundlegende Fähigkeiten, da diese PDFs auch falsch zusammenfassen können. Man muss genug Wissen haben, um bewerten zu können, was die KI sagt, sonst lernt man unter Umständen Falsches“, erklärt Jansen. Wenn diese Fähigkeiten gegeben sind, bietet dann die KI die Möglichkeit, User:innen von ihrem aktuellen Wissensstand abzuholen.
Und auch die Plattform TikTok sieht Thorben Jansen grundsätzlich als Möglichkeit, etwas für die Schule zu lernen. „Auch dort gibt es Content, der jetzt nicht unbedingt Sludge-Content ist, der die Inhalte gut und spannend darstellt. Es ist die Aufgabe der Forschung und Lehrenden, Wege für die Schüler:innen aufzuzeigen, mit solchen Plattformen in ihrer Sprache zu lernen“, erklärt der Psychologe. Das sei wichtig zu beachten, weil jüngere Menschen oft auf der Plattform unterwegs sind. „Es ist wie bei allen Tools. Es ist nicht die Form, die das Problem ist.“
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