
Nachdem IBM und Google und einige weitere Digitalkonzerne bereits seit mehreren Jahren am Thema Quantencomputing mit eigenen Projekten dran sind, plant nun auch Amazon laut eigenen Angaben, einen eigenen Quantencomputer in Betrieb zu nehmen. Laut dem Chef des Quantenhardware-Teams bei AWS, Oskar Painter, hat Amazon den Markt des Quantencomputings als relevanten Zukunftsmarkt ausgemacht, der die erfolgreiche Cloud-Computing-Sparte bei Amazon ergänzen soll.
Die Rechnung könnte aufgehen, auch wenn Amazon in dieser Hinsicht eher spät dran ist – ein Unternehmen wie AWS kann mit den entsprechenden finanziellen Mitteln einen fehlenden Vorsprung gut aufholen. Zudem werden Quantencomputer in den nächsten Jahren vor allem eine Ergänzung zu klassischen IT-Ressourcen der Cloud sein, die sich gegenseitig ergänzen, sodass Quantencomputer hier vor allem als Co-Prozessoren fungieren.
Oskar Painter, der in der Vergangenheit Leiter des Max-Planck-Instituts für die Physik des Lichts war, hat inzwischen einen Lehrstuhl an der technischen Universität Caltech bei Los Angeles – und kooperiert hier mit Amazons „Center for Quantum Computing“. Auch wenn die Leistungen, die Quantencomputer bislang erbringen, noch überschaubar sind, versprechen sich die beteiligten Unternehmen in Zukunft viel davon. Die Anwendungsszenarien, die dadurch möglich werden könnten, reichen von medizinischen und naturwissenschaftlichen Simulationen über Klimaberechnungen und Logistikmodelle mit der Auswertung unterschiedlicher Szenarien bis hin zu Wirtschaftlichkeitsberechnungen und Finanzsimulationen.
Verständlich, dass Amazon, respektive AWS, hier einen Zukunftsmarkt sieht, auch wenn laut Painter noch nicht absehbar ist, wann ein funktionierendes Quantencomputing-System tatsächlich zum Einsatz kommen könnte. „Wir bei AWS konzentrieren uns gewöhnlich nicht auf Probleme, die weit in der Zukunft liegen. Wir machen die Dinge, die unsere Kunden von uns wollen“, bestätigt Richard Moulds, Geschäftsführer von Amazon Braket, der Plattform zum Thema Quantencomputing. Bekannt wurde auch, dass das Amazon-System zwar wie Googles und IBMs Quantencomputer auf Qubit-Basis arbeitet, die Schaltkreise allerdings anders aussehen sollen, da man mit technischer Redundanz arbeiten wolle, wie Painter erklärt.
Quantencomputing: Grundlagenforschung auf viele Schultern verteilen
Bereits im Januar war bekannt geworden, dass Amazon an einem eigenen Quantencomputing-Team arbeitet und entsprechendes Personal einstellen will. Seit August 2020 bietet AWS mit Amazon Braket einen vollständig verwalteten Quantencomputer-Service an. Der Dienst soll Forschern bei der Entwicklung von Quantenalgorithmen helfen. Schon im Jahr 2019 hatte AWS mit Pilotkunden an dem Angebot gefeilt.
In der Tat handelt es sich beim Quantencomputing um eine Technologie, bei der es hilfreich sein wird, wenn – ähnlich wie bei neuronalen Netzen – viele Unternehmen an der Grundlagenforschung mitarbeiten und sowohl die etablierten IT-Konzerne wie IBM und SAP als auch Digitalkonzerne wie Google oder Amazon mitwirken. Insbesondere das wirtschaftliche Potenzial könnte dazu beitragen, dass auch die Forschungsbudgets weltweit das Thema ausreichend mit Kapital versorgen.