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Kolumne
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Mit Resilienz und agilem Mindset die VUCA-Welt gestalten

Der Umgang mit Krisen und Unsicherheit erfordert besondere Fähigkeiten. Konrads Management-Kolumne beleuchtet das Thema Resilienz auf der persönlichen Ebene.

Von Daniel Konrad
5 Min. Lesezeit
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VUCA-Welt. (Foto: Wright Studio / shutterstock)

Seit langem geistert der Begriff VUCA-Welt durch die Medien. In der Coronakrise ist er konkreter und verständlicher geworden. Die Krise zeigt, was Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit bedeuten – besonders, wenn es um unsere Gesundheit geht. In diesem Kontext gewinnt der Umgang mit Rückschlägen und Krisen neue Relevanz.

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Der Begriff Resilienz hat Hochkonjunktur und ist zu einem Buzzword geworden. Resilienz ist das neue Ziel: für Organisationen in der VUCA-Welt, Einzelpersonen oder auch Teams in der Coronakrise. Das Bedürfnis nach den Skills eines „richtigen“ und guten Umgangs mit Rückschlägen, Krisen oder Schicksalsschlägen ist groß. Inzwischen hat sich eine Beratungsindustrie aus Resilienz-Coaches mit Online-Kursen und literarischen Ratgebern etabliert.

Funktionsfähige Systeme

In der Diskussion beschreibt Resilienz eine menschliche Fähigkeit im Umgang mit Krisen. Ursprünglich kommt der Begriff aus der Materialwirtschaft und hat seinen Weg beispielsweise auch in die Energiewirtschaft, Informationstechnologie, Soziologie und in Ökosystemen gefunden. So bezeichnet er die Fähigkeit von technischen Systemen, „bei Störungen beziehungsweise Teil-Ausfällen nicht vollständig zu versagen, sondern wesentliche Systemdienstleistungen aufrechtzuerhalten“. Damit wird die Widerstandsfähigkeit gemessen.

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Zwar ist der Umgang mit Krisen so alt wie die Menschheit selbst. Dennoch ist die systematische, wissenschaftliche Erforschung von Resilienz noch relativ jung. Die amerikanische Entwicklungspsychologin Emmy Werner legte mit ihren Untersuchungen zu Risiko, Kompetenz und menschlicher Entwicklung den Grundstein der Resilienz-Forschung. In einer umfassenden Längsschnittstudie begleitete sie mit ihrem Team über einen Zeitraum von 40 Jahren 700 Kinder, die 1955 auf Hawaii geboren wurden. Chronische Armut, psychische Erkrankungen der Eltern oder familiäre Disharmonie prägten das Leben von einem Drittel der Probanden. Bezogen auf diese Risikogruppe entwickelte sich ein Drittel trotz der hohen Belastung gut und wies beispielsweise keine Verhaltensauffälligkeiten auf. Die Resilienz zeigte sich konkret in einer positiven Lebenseinstellung, den eingegangenen Beziehungen und erfüllender Arbeit. Im Gegensatz zu den beiden übrigen Dritteln erkannte Emmy Werner bei den 40jährigen Probanden eine geringere Zahl an Scheidungen und chronischen Erkrankungen. Mit ihren Forschungen trieb Werner eine Ressourcen- statt Defizit-Orientierung voran.

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Keine Blaupause

In Bezug auf Komplexität steht Resilienz den Begriffen „Mindset“ oder „Unternehmenskultur“ in nichts nach. Eine Gemeinsamkeit neben ihrer zentralen Bedeutung für die Zukunft ist, dass sie nicht direkt, sondern allenfalls indirekt beeinflussbar sind und für Unternehmen und ihre Mitarbeiter Schlüsselherausforderungen darstellen. Dieser Artikel will praktisch und jenseits von Begriffsdiskussionen zu einem ganzheitlichen Verständnis von Resilienz beitragen und Impulse anregen: Was bedeutet Resilienz für einzelne Personen und Teams, Unternehmen und Gesellschaft und wie relevant ist sie in der VUCA-Welt? Dabei wird es in diesem Text keine Blaupausen, Fünf-Schritte-Programme oder andere (Rat-) Schläge geben – lediglich Fragen und Impulse zur Diskussion.

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Dass es möglich ist, auch noch unter inhumansten Bedingungen einen Sinn im Leben zu sehen, zeigt das Beispiel des jüdischen Psychologen Viktor Frankl. Er gilt als Begründer der Logotherapie und Existenzanalyse, die sich als sinnzentrierte Psychotherapie versteht. In seinem Buch „… trotzdem Ja zum Leben sagen“ („Man’s Search for Meaning“) beschreibt Frankl in einem persönlichen Zeugnis, wie er die Konzentrationslager Theresienstadt, Auschwitz und Türkheim überlebt hat. Hunger und Misshandlungen prägten das Leben der Inhaftierten. Sie fragten sich, ob sie das Lager überleben würden. Schließlich, so schildert Frankl, hätte nur dann das Leiden einen Sinn. Mit der Zeit schwand bei vielen Inhaftierten der Wille zum Überleben. Einige sahen den Suizid als einzigen Ausweg. Insbesondere um diese Gefahr zu mindern, organisierte Frankl im Ghetto Theresienstadt psychologische Betreuung für Neuankömmlinge.

„Trotzmacht des Geistes“

In der Umgebung des Lagers hatte Viktor Frankl eine Perspektive, die das Leiden transzendierte: Er hatte die Vorstellung, dass er in der Zukunft über die Bedingungen im Lager und deren Auswirkungen auf die Psyche Vorlesungen halten würde. Das half ihm, nicht die Hoffnung zu verlieren, und gab ihm Kraft zum Weiterleben. In einer Dokumentation aus dem Jahr 1994 nennt Frankl als wesentliches Element die geistige Haltung, die beeinflusst, wie Leiden überwunden werden kann. Diese „Trotzmacht des Geistes“ wurde zu einem Leitmotiv seiner Arbeit.

Bei allen Schnittmengen zwischen der Resilienz und der „Trotzmacht des Geistes“ sind der Weg zur und das Ziel der Leidbewältigung in beiden Ansätzen sehr verschieden. „Frankls Modell unterscheidet sich von der zeitgenössischen Resilienzrezeption darin, dass es Resilienz nicht eigentlich als Ziel, sondern als Nebenprodukt einer bedingungslosen Sinnoffenheit gibt“, erklärt der Vorstand des Viktor-Frankl-Instituts in Wien, Alexander Batthyány. Hier zeigt sich die Parallele zu Mindset und Unternehmenskultur, die ebenfalls nicht direkt, sondern nur indirekt beeinflussbar sind. Wichtig dabei ist die Richtung. Diesen Gedanken betont auch Samuel Koch in seinem Buch „StehaufMensch!“, das explizit kein Resilienz-Ratgeber sein möchte.

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Verbundenheit und Autonomie

Millionen von Menschen schauten vor den Fernsehern zu, als Samuel Koch den Schicksalsschlag seines Lebens erlebte. Am 4. Dezember 2010 war er Wettkandidat in der ZDF-Sendung „Wetten, dass..?“. Seine Wette bestand darin, mit Sprungstiefeln im Vorwärtssalto nacheinander über fünf Autos zunehmender Größe zu springen, die ihm entgegenfuhren. Beim vierten Fahrzeug stürzte Koch und blieb regungslos liegen. Seither ist er vom Hals abwärts querschnittsgelähmt.

Heute ist Samuel Koch Schauspieler, Autor und Sprecher. Auf seiner Website reflektiert er: „Ich Holzkopf bin mit dem Kopf gegen ein Auto gerannt und habe mir viermal das Genick gebrochen. Seitdem war es nicht immer einfach. Aber möglich. Das Leben geht weiter … als man denkt. Man kann auf jedem Niveau klagen, aber auch auf jedem Niveau glücklich sein.“ Eine „universelle Betriebsanleitung im Umgang mit schweren Zeiten“ gibt es nicht. Entsprechend lehnt er die Rolle als Ratgeber oder Resilienz-Experte ab.

Weitergeholfen habe ihm, die Erfahrungen anderer Menschen anzuhören, Inspiration zu finden – und eigene Lösungswege zu finden. Dabei spielen zwei sich scheinbar widersprechende Grundbedürfnisse eine zentrale Rolle: Verbundenheit und Autonomie. Während Verbundenheit das tiefe menschliche Bedürfnis nach Bindung und Angenommensein bezeichnet, versteht man unter Autonomie die Möglichkeit zum Wachsen und zur Freiheit, eine wichtige Kompetenz für Lernen und Problemlösung. Wird ein Mensch aber zum Objekt von Bewertungen und Maßnahmen, macht es ihn zum Opfer und verletzt seine Grundbedürfnisse. Stattdessen geht es darum, seine Würde als Menschen und seine Selbstwirksamkeit zu stärken, damit er mit sich in Einklang kommt.

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Bei allen Unterschieden zeigen die Beispiele Viktor Frankl und Samuel Koch eine gemeinsame Perspektive auf selbstwirksame Menschen, die sich aktiv und in Würde entwickeln. Für die VUCA-Welt gibt es keine Blaupause – nur die Möglichkeit, aus vielen spannenden Erfahrungen eigene Erkenntnisse zu gewinnen.

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