Shit happens: So gehst du mit Fehlern im Job richtig um
Aus Fehlern lernt man. Irren ist menschlich. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Gut gemeinte Sprichwörter, die aber nicht immer hilfreich sind. Sei es ein in den Sand gesetztes, wichtiges Projekt oder nur ein kleiner Fauxpas – niemand fühlt sich wohl, wenn gerade etwas schiefgelaufen ist. Vor allem nicht, wenn ernste Konsequenzen zu befürchten sind. Gerade im Job ist die Angst oft groß, dass ein Fehler die Reputation kosten könnte. Das muss aber nicht sein. Und häufig ist es gar nicht mal schlecht, ein Projekt nicht perfekt hinzubekommen.
Menschen gehen mit den Auswirkungen von Fehlern ganz unterschiedlich um. Die einen sind souverän und haben keine Angst davor, mal etwas falsch zu machen. Vor allem Menschen, die das Berufliche vom Privaten trennen können, erweisen sich als besonders resistent. Kaum haben sie Feierabend, schalten sie ab und haben alles aus dem Arbeitsalltag schon fast wieder vergessen. Andere tun sich schwer damit, wenn mal was nicht hinhaut. Fehler haben bei ihnen nicht nur praktische Konsequenzen im Arbeitsalltag, sie haben vor allem persönlich lange daran zu knabbern.
Wie gehe ich also am besten damit um, wenn mir ein Fehler unterlaufen ist? Wann ist ein Fehler so schlimm, dass ich ihn „beichten“ sollte? Was kann ich tun, um mich nicht von der Angst vor Fehlern beherrschen zu lassen?
Schadensanalyse: Einmal objektiv bleiben, bitte!
Das Herz rutscht in die Hose, Schweißausbruch, Adrenalinflash, Fluchtinstinkt – typische Reaktionen in dem Moment, in dem uns bewusst wird, dass wir einen Fehler gemacht haben. Das kann die Sinne vernebeln. Jetzt heißt die Devise: durchatmen, Ruhe bewahren und Schnellschüsse vermeiden. Fehler sollten zu allererst einmal objektiv analysiert werden: Habe ich überhaupt tatsächlich einen Fehler gemacht? Wenn ja, wie schlimm ist er? Geht davon die Welt unter? Ist das Projekt jetzt zum Scheitern verurteilt? Ist wirtschaftlicher Schaden entstanden? Kommen gar Menschen zu Schaden? Meist können wir feststellen, dass die Lage bei genauer Betrachtung nur halb so schlimm ist. Oft hilft es auch, sich die möglichen, schlimmsten Konsequenzen vorzustellen, und sich zu fragen: „Wie wahrscheinlich ist es, dass das tatsächlich eintritt?“ Solche Überlegungen schaffen sachliche Distanz zur Situation und schützen uns vor emotionalen Überreaktionen.
Fehler am Arbeitsplatz: Wann muss der Chef Bescheid wissen?
Hat sich der Puls nach der ersten Fehleranalyse gesenkt, gilt es abzuwägen, „wer“ über den Fehler informiert werden muss – und nicht, „ob“ jemand davon wissen muss. Denn egal, wie klein der Fehler ist, er sollte niemals unter den Teppich gekehrt werden. Das wäre nicht nur feige, sondern kann die Lage sogar noch verschlimmern und zu belastenden Gewissensbissen führen. Manchmal reicht es schon, einfach die Kollegen zu informieren und sich alles von der Seele zu reden. Austauschen, was der beste Weg zur Schadensminimierung ist.
Bei schwerwiegenderen Dingen, die nicht selbst oder nicht mit der Hilfe von Kollegen ausgebügelt werden können, sollte allerdings immer auch die Führungskraft eingeschaltet werden. Vor allem dann, wenn ein Kunde vom Missgeschick betroffen ist, wenn gar gegen ein Gesetz oder eine Richtlinie verstoßen wurde oder interne Arbeitsabläufe beeinträchtigt werden.
Wie beichte ich in der Arbeit einen Fehler?
Allerdings verbreitet die bloße Aussage „Ich habe einen Fehler gemacht“ unnötig Hektik oder Panik. Eine möglichst genaue, sachliche Beschreibung dessen, was passiert ist und welche Auswirkungen der Fehler hat, ist hilfreich. Rechtfertigungen oder unzählige Entschuldigungen sind dagegen fehl am Platz. (Auch hier gilt: Erst durchatmen und dann berichten.)
Einen besonders guten Eindruck macht, wer bereits mögliche Lösungsansätze zur Beichte mitbringt. Das entspannt die Lage und zeigt, dass man die Situation unter Kontrolle hat. Wichtig ist andererseits, die Beichte nicht zu lange hinauszuzögern, gerade wenn man noch etwas retten und schnellstmöglich auf die Situation reagieren kann. Und: Wenn Fehler direkt aus der Welt geschafft werden, beruhigt sich das schlechte Gewissen nach Feierabend schneller.
Gut zu wissen: Eine Kündigung ist meist nicht zu befürchten. Nur extrem selten und nach einigen Vorwarnungen und Personalgesprächen dürfen Arbeitgeber wegen schlechter Leistung feuern. Arbeitgeber müssen eine gewisse Fehlertoleranz aufbringen.
Shit happens: Fehlerkultur im Team überdenken
Vom Trainee bis in die Chefetage, Fehler passieren unabhängig von der Hierarchie. Nelson Taapken von der Unternehmensberatung Ernst & Young zeigt in einer Studie: 80 Prozent der Vorgesetzten selbst haben in den vergangenen zwei Jahren gravierende Fehler begangen, die den Betriebsablauf ihrer Firma gestört, Projekte verzögert, finanziellen Schaden verursacht oder der Reputation geschadet haben. Es ist also völlig normal, Fehler zu machen.
Diese Normalität müssen sich im Unternehmen allerdings auch alle bewusst machen. Fehler müssen adressiert werden und jeder muss offen darüber sprechen können. Hier haben auch viele Führungskräfte Nachholbedarf: Die Mehrheit kehrt Missgeschicke lieber unter den Teppich. Dieses Verhalten wirkt sich jedoch negativ auf die Fehlerkultur im Team aus. Werden Fehler nicht zugegeben oder die Folgen gar auf Mitarbeiter abgewälzt, demotiviert das ungemein. Stehen Vorgesetzte hingegen zu ihren Fehlern, zeugt das von Verantwortungsgefühl und erleichtert den Mitarbeitern, ihrerseits offen zu sprechen. Ein Anprangern oder gar das Bloßstellen ist nicht förderlich und nie konstruktiv. Ein solches Verhalten schafft eine Angst-Atmosphäre und Fehler werden erst recht vertuscht. In einer optimalen Gesprächskultur kann jeder Mitarbeiter offen mit seinen Fehlern umgehen, an einer Schadensbegrenzung wirken alle mit – und am Ende steht vielleicht sogar ein Learning für das gesamte Team.
Relax: Welche Techniken gibt es zum Entspannen?
So weit, so gut: Die Fehlerkultur im Unternehmen stimmt. Ich habe mein Malheur offen angesprochen. Es ist weiter nichts Schlimmes passiert. Und trotzdem lässt es mich nicht los. Was dann? Manchen Menschen spuken negative Nachwirkungen vor allem nachts durch den Kopf und sorgen für Schlaflosigkeit und Selbstvorwürfe. Hier lauert vor allem die Gefahr, am nächsten Tag übermüdet und unkonzentriert weitere Fehler zu begehen. Ein Teufelskreis. In solchen Situationen gibt es (mentale) Techniken, mit denen man das destruktive Gedankenkarussell schneller bremsen kann.
Eine ist zum Beispiel Bewegung in der Natur: Schon ein 20-minütiger Spaziergang im Wald oder Park kann das Stresshormon Cortisol im Körper eindeutig reduzieren. Psychischer Stress kann auf Dauer zu Burnout, Depressionen und Schlafmangel führen. Wer den Stresspegel senken will, kann die Mittagspause zum Abschalten nutzen oder auf dem Heimweg eine Runde durch den Wald drehen.
Zur inneren Ruhe können auch Meditations-Apps wie Stop, Breathe & Think oder Headspace verhelfen. Kleine Meditationseinheiten von wenigen Minuten lassen uns unser Bewusstsein neu fokussieren. Mit geschlossenen Augen bewusst atmen und in sich hineinhorchen – mit etwas Übung kann das zu einer mentalen Entspannung führen, die zu mehr Gelassenheit in Stresssituationen führt. Im akuten Fall können kurze Meditationseinheiten sogar am Arbeitsplatz durchgeführt werden.
Aus Fehlern lernt man. Immer.
Fehler passieren. Sie zu leugnen ist nie eine gute Idee, denn meist führt das zu schlimmeren Konsequenzen als das ehrliche Klären und Beheben. Allerdings braucht es dazu eine offene und konstruktive Kultur im Unternehmen, die Fehler nicht als Scheitern verurteilt, sondern im besten Fall zu einer Chance wandelt, aus der alle lernen können. Führungskräfte müssen diesbezüglich mit gutem Beispiel vorangehen. Wer sich eigene Missgeschicke dennoch sehr zu Herzen nimmt, sollte daran arbeiten, dass sie nicht zu erhöhtem Stress führen.
Letztes Update des Artikels: 28. September 2021.