Um ihren Job zu machen, müssen Berufstätige nicht zwangsläufig ins Firmengebäude – das haben sie spätestens während der Coronakrise gelernt. Auch bei Chefinnen und Chefs, die die Arbeit vom heimischen Schreibtisch tendenziell kritisch sahen, ging es dann plötzlich doch. Diese neue Freiheit haben nicht wenige Bundesbürger zu schätzen gelernt. Laut der Deutschen Angestellten-Krankenkasse (DAK) will eine knappe Mehrheit von 58 Prozent der Deutschen künftig zumindest teilweise weiter von zu Hause arbeiten. Dieser Arbeitsmarkttrend geht nicht spurlos an den Personalabteilungen vorbei: Unternehmen werben verstärkt mit Homeoffice-Optionen um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das zeigt eine Analyse der Stellenausschreibungen des Jobportals Indeed, die der „Welt am Sonntag“ vorliegt.
Stellenanzeige: Firmen locken mit Homeoffice
Inzwischen weist fast jede zehnte Stellenausschreibung darauf hin, dass Homeoffice dauerhaft oder teilweise möglich ist. Indeed gibt zu verstehen, dass sich dieser Wert im Vergleich zu Vor-Corona-Zeiten verdoppelt habe. Vor allem Stellenanzeigen an Kundenberater, Grafikdesigner und Online-Nachhilfelehrer richten sich an Homeoffice-Willige. Auch der Autobauer Tesla sucht Fachkräfte, die den Kundenchat betreuen und gesteht ihnen die Arbeit von zu Hause aus zu. Die Auswertung der Jobbörse deckt sich mit denen einer kürzlich veröffentlichten Studie des Ifo-Instituts. Hier zeigt sich der Anstieg der Homeoffice-Optionen in Stellenausschreibungen im Vergleich zu der Zeit vor der Pandemie über alle Wirtschaftssektoren hinweg. Alle Branchen locken Bewerbende mit Heimarbeit.
Schon während Corona hat sich in einer Umfrage von t3n unter den 30 größten Dax-Unternehmen gezeigt, dass alle befragten Firmen ihre digital arbeitende Belegschaft entweder ganz oder teilweise in die Heimarbeit überführten. Lediglich Mitarbeitende aus der Produktion oder Logistik, die partout nicht von zu Hause arbeiten konnten, sind unter dem Schutz von Hygienekonzepte weiter ausnahmslos an ihren Standorten tätig gewesen. Alle Konzerne gaben in der Umfrage jedoch auch zu verstehen, dass der zunächst holprige Start der Überführungsphase schnell in produktive Arbeitsumgebungen überging. Auf Nachfrage, ob es nach der Pandemie eine Rückkehr ins Büro oder einen Verbleib im Homeoffice gäbe, kündigten alle Dax-30-Unternehmen ein Hybridmodell an.
Auch wenn sich Modelle zum ortsungebundenen Arbeiten im Konzernumfeld weitestgehend etabliert haben, so hadern Führungskräfte in kleinen und mittleren Unternehmen – vor allem aus nicht-digitalen Wirtschaftsfeldern – häufig dennoch. In einem t3n-Interview erklärte die Expertin für mobiles Arbeiten, Teresa Hertwig, wie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in eine mögliche Verhandlung mit Führungskräften gehen sollten. „Die erste Überlegung sollte immer sein: Was ist für mein Gegenüber drin?“, erklärt die Beraterin. Sich in den Verhandlungspartner hineindenken zu können, bringe Homeoffice-Interessierte näher ans Ziel, als nur an die eigenen Vorteile zu denken. In vielen Firmen müsse noch Pionierarbeit geleistet werden und die setzt vor allem die Weitsicht der Belegschaft voraus.