Auf den ersten Blick hat es der Entwurf der Bundesnetzagentur tatsächlich in sich. Die Behörde, die für die Aufrechterhaltung und Förderung des Wettbewerbs in sogenannten Netzmärkten wie dem Strommarkt zuständig ist, soll darin unter anderem eine Beschränkung des Ladens von Elektroautos in Erwägung ziehen. Grund: drohende Stromausfälle.
Stromausfälle: Einschränkungen beim E‑Auto-Laden
Weil aufgrund einer steigenden Zahl von Ladestationen für E‑Autos sowie Wärmepumpen „lokale Stromausfälle im Verteilnetz zu befürchten“ seien, wie Klaus Müller, Chef der Bonner Regulierungsbehörde, der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) sagte, müsse man jetzt handeln.
Konkret ist davon die Rede, dass Haushalten ab 1. Januar 2024 nur noch so viel Strom zur Verfügung gestellt werden könnte, dass es für drei Stunden Aufladen reiche. Damit ließe sich eine Reichweite von rund 50 Kilometern nachladen, wie die FAS schreibt.
Behörde: 50 Kilometer Reichweite garantiert
Im Normalfall – bei einer Elf-Kilowatt-Wallbox – wären ohne mögliche Drosselung in dieser Zeit rund 150 Kilometer drin. Für Menschen, die mit ihrem E‑Auto lediglich zur Arbeit und zurück fahren müssen, sollten 50 Kilometer ausreichen. Die Rede ist ja auch nicht von einem Dauerzustand, sondern von bestimmten Zeiten, in denen Spitzen geglättet werden müssen.
Bundesnetzagentur-Chef Müller hat zudem eine „Komplettabriegelung“ ausgeschlossen. Die Mindestversorgung werde jederzeit garantiert. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck habe ihn bereits damit beauftragt, sich des Problems anzunehmen, so Müller.
Netzbetreiber ruft zum Stromsparen auf
Wie regionale Stromversorger mit einem drohenden Problem bei der Stromversorgung umgehen, zeigt das aktuelle Beispiel TransnetBW. Der Stromnetzbetreiber hatte Menschen in Baden-Württemberg am Sonntag aufgerufen, in den frühen Abendstunden auf stromintensive Dinge wie das Anstellen der Waschmaschine zu verzichten.
Verantwortlich für den Aufruf zum Stromsparen war ein sogenannter Redispatch, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) schreibt. Demnach sorgte ein erwartetes hohes Windaufkommen im Norden Deutschlands dafür, dass die Übertragungskapazität im Südwesten nicht ausreicht, wie eine TransnetBW-Sprecherin erklärte.
Ungleichgewichte zwischen Norden und Süden
Ein bisher nicht erfolgter ausreichender Netzausbau sorge häufiger für Ungleichgewichte zwischen hoher Erzeugung von Strom aus Windkraft im Norden und dem Verbrauch im Süden, wie es seitens der Bundesnetzagentur heißt. Daher müssten die sogenannten Redispatch-Maßnahmen durchgeführt werden.
Dass die geplante steigende Anzahl von Elektroautos und (privater) Ladestationen zwar eine Herausforderung, aber kein großes Problem für die Stromversorgung sein muss, hatte etwa die EnBW-Tochter Netze BW in den vergangenen Jahren im Rahmen mehrerer Pilotprojekte in Baden-Württemberg unter Beweis gestellt.
Pilotprojekte zeigen, wie es gehen könnte
Zum einen wurde festgestellt, dass immer nur rund die Hälfte der E‑Auto-Besitzer:innen jeweils in den Abendstunden ihr Fahrzeug an die Steckdose (Wallbox) hängt. Darüber hinaus gibt es mit einer gezielten und bedarfsabhängigen Reduktion der Ladeleistung eine Möglichkeit, die Belastung für das Netz abzufedern.
Heißt: kein Grund zur Panik! Bis der für den Umstieg von Atom- und Kohlestrom zu erneuerbaren Energien notwendige Netzausbau komplettiert ist, kann es zu lokal und zeitlich begrenzten Einschränkungen kommen. Ihr E‑Auto können die Besitzer:innen aber in jedem Fall laden – für 50 Kilometer Reichweite täglich sollte es reichen.