Tetris, einer der größten Videospielklassiker der Geschichte, ist 40 geworden. Noch heute spielen Menschen Tetris für den Game Boy. Das Puzzlespiel wurde in unendlich vielen Versionen auf unzähligen Konsolen veröffentlicht. Sogar die aktuelle Nintendo Switch hat mit Tetris 99 ein Multiplayer-Tetris-Spiel. Doch die Anfänge des Spiels waren ein reinstes Lizenschaos.
Ursprünglich stammt das Spiel aus der Sowjetunion. Der russische Entwickler Alexey Pajitnov sollte eigentlich die Fähigkeiten von Hardware testen. Um die sowjetischen Geräte ans Limit zu bringen, entwarf er Tetris. Das Spiel wurde schnell beliebt und schaffte es auf die Computer vieler Moskauer – und erreichte später auch Ungarn.
Die Lizenz hinter dem eisernen Vorhang
Hier begann das Chaos um die Lizenz – mitten im kalten Krieg. Denn Pajitnovs Firma Elorg gehörte dem sowjetischen Staat. Einige Berichte zeigen, dass Andromeda, ein britisches Softwareunternehmen, den Erfolg von Tetris zuerst bemerkte. Daraufhin wollten sie eine eigene Version entwickeln, um diese auf dem europäischen und nordamerikanischen Markt zu verkaufen. Der Andromeda-Direktor Robert Stein arrangierte ein Treffen mit Pajitnov. Dort erteilte der sowjetische Entwickler den Briten die Lizenz, das Spiel nur für den PC zu veröffentlichen. Bis heute ist diese Vereinbarung rechtlich fragwürdig, da Pajitnov diese Entscheidung nicht hätte alleine treffen können.
Daraufhin erhielten Unternehmen Lizenzen und Sublizenzen. Die Verwirrung über die Rechte führte dazu, dass mehrere Unternehmen glaubten, sie hätten Exklusivverträge.
Das Ganze sollte sich etwas aufklaren, als Henk Rogers Tetris entdeckt. Der holländische Game-Produzent war damals eine echte Größe in der Branche. Auf der Las Vegas Consumer Electronic Show wollte er Entwickler treffen und neue Projekte ausprobieren. Dort spielte Rogers eine Tetris-Version von Spectrum Holobyte. Die hatten ihre Lizenz direkt von Andromeda.
Rogers war sofort begeistert. Er sah das Spiel auf dem Game Boy, der zu der Zeit noch in der Entwicklung war. Rogers hatte ein gutes Verhältnis zum Präsidenten von Nintendo, Hiroshi Yamauchi. So schlug der Produzent vor, Tetris bei jeder Konsole beizulegen. Yamauchi war interessiert. Rogers sollte sich nur um die Lizenzen kümmern.
Auf in die Sowjetunion
Auf der Suche nach der Lizenz führte der Weg letztendlich in die UDSSR. Dort erkannte Pajitnov mittlerweile das Potenzial von Tetris und wollte das Spiel selbst veröffentlichen. Daran hinderte ihn allerdings das sowjetischen Regime. Um die weltweite Veröffentlichung zu gewährleisten, verlieh er 1987 die Rechte für zehn Jahre an die sowjetische Regierung, die mit einem Joint-Venture das Spiel vertrieb.
Nach ein paar erfolglosen Tagen in Moskau, gelang es Rogers, eine Person zu finden, die Dinge für ihn übersetzt. Diese sollte aber eine KGB-Agentin sein, wie Pajitnow später behauptete. Trotz anfänglicher Verdächtigungen und Schwierigkeiten gelang es Rogers, das sowjetische Ministerium davon zu überzeugen, sich mit ihm zu treffen, wie er dem Guardian erzählt.
Dort erfuhr er, dass bislang noch nie eine Lizenz für Tetris erteilt worden sei. Rogers, der selbst auch an einer NES-Version des Spiels mitgearbeitet hat, hatte große Angst, in den Gulag geschmissen zu werden. Bei dem zweiten Treffen kam jedoch alles anders. Rogers lernte Pajitnov kennen und die beiden connecteten durch ihre Leidenschaft in der Spieleentwicklung. Pajitnov überzeugte die sowjetischen Offiziellen davon, dass Nintendo der ideale Partner für Tetris sei – insbesondere mit dem Versprechen, es zusammen mit dem neuen Game Boy auf den Markt zu bringen.
Diese Zusammenarbeit führte zu einer dauerhaften Freundschaft zwischen Rogers und Pajitnov, zur Gründung von The Tetris Company und zu Pajitnovs Einwanderung in die Vereinigten Staaten, wo er weiterhin Spiele entwickelte und damit das bleibende Vermächtnis von Tetris sicherte.
Mittlerweile wurde die skurrile Geschichte des Videospiels sogar verfilmt. Der Film mit dem wenig überraschenden Titel Tetris kann auf Apple TV Plus gestreamt werden.