Am Donnerstag hat Tiktoks CEO Shou Zi Chew vor dem US-amerikanischen Kongress ausgesagt. Der CEO sollte dabei die Bedenken ansprechen, dass Daten über den Mutterkonzern nach China gelangen. Insgesamt sollten die Datenschutzrichtlinien der App angesprochen werden.
Die Aussagen haben allerdings die Abgeordneten nicht überzeugt und wurden auch vom Wedbush-Analysten Dan Ives als ausweichend empfunden. Sein Schluss ist: Tiktok wird höchstwahrscheinlich verboten.
Auftritt von Shou Zi Chew: „Katastrophenmoment“
Dan Ives sieht die Aussage von Tiktok-CEO Shou Zi Chew als Katastrophenmoment und als Auslöser dafür, dass ein Verbot wahrscheinlich noch lauter gefordert werden wird. Der einzige Ausweg sei, dass sich das Unternehmen abspalte und von Bytedance verkauft wird. Das sagte er gegenüber Business Insider. In Ives’ Augen liegt die Wahrscheinlichkeit bei 90 Prozent, dass Tiktok verboten wird.
Komplexe Fragen habe Tiktoks CEO mit einem kurzen Ja oder Nein beantwortet, so die Kritik. Eine Demokratin aus Delaware, Lisa Blunt Rochester, sagte, dass sie nun mehr Fragen als Antworten habe.
Die Analyst:innen betonen aber auch: Es wäre fast unmöglich gewesen, die Meinung der Gesetzgeber:innen zu ändern. Frühere Aussagen von Mark Zuckerberg oder Sundai Pichai, den CEOs von Meta und Google, hätten auch wenig an der Wahrnehmung zu diesen Unternehmen verändert.
Ives schätzt, dass Tiktok ungefähr drei bis sechs Monate Zeit habe, um einen Verkauf zu regeln – oder ein Verbot zum Jahresende 2023 zu riskieren. Andere Analyst:innen allerdings, so Business Insider, sehen eine deutlich längere Zeitspanne: Tiktok könnte bis zu zwei Jahre in der Schwebe hängen.
Sorge um ein „Splinternet“
Diverse Techjournalist:innen, auch aus den USA, sorgen sich derweil um ein zerteiltes Internet. Einzelne Apps und Hersteller zu verbieten sei nicht die Lösung für ein Datenschutzproblem. So schreibt Emily Taylor vom Guardian beispielsweise: Anstatt einzelne Produkte zu verbieten, sollten sich die demokratischen Gesellschaften überlegen, warum sie es einigen wenigen Techunternehmen erlaubt haben, allumfassende Datensammlung und ‑verwertung zur Norm zu machen.
Die Haltung der USA zu ausländischer Software betrifft Europa nicht nur in Hinblick auf die wirtschaftliche Expansion europäischer Softwareunternehmen. Die Frage ist auch, inwiefern es Präzedenzfälle schafft für das umgekehrte Verbot von US-amerikanischen Produkten der Google Suite oder Meta-Produkten, wenn nicht gesichert ist, dass ein Datenschutz nach Schrems II und DSGVO gegeben ist. Die österreichische Datenschutzbehörde hat beispielsweise entschieden, dass der Facebook-Tracking-Pixel gegen die DSGVO und das Schrems-II-Urteil verstößt.
Solche Fälle betreffen nicht nur den internationalen Softwaremarkt, sondern im Zweifel auch die nationale Werbebranche und Unternehmenskund:innen ebenso wie Endverbraucher:innen.