Kein Match: Tinder verwirft seine Metaverse-Pläne und entlässt CEO
Das Unternehmen Match Group, das unter anderem hinter der Dating-App Tinder steht, hat am 2. August in einem offenen Aktionärsbrief seine Ergebnisse für das zweite Quartal vorgelegt. Leider handelte es sich dabei nicht um einen Liebesbrief.
Denn obwohl die Umsätze in Höhe von 795 Millionen US-Dollar um zwölf Prozent über dem Vorjahreszeitraum lagen, so blieben sie doch um zehn Millionen Dollar hinter dem Umsatzziel zurück.
Schwache Wachstumsprognose
Insbesondere in den umsatz- und margenstarken Regionen Amerika und Europa stagnierten die Umsätze der Match Group. Sein Wachstum kommt aus Regionen wie Asien-Pazifik, Afrika und Lateinamerika.
Zudem gab Match Group eine schwache Prognose für das Betriebsergebnis und den Umsatz für das laufende Quartal ab: Für Q3 prognostizierte das Unternehmen gleichbleibende Umsätze in Höhe von 790 bis 800 Millionen Dollar. Damit bleibt es deutlich hinter der Schätzung von 883 Millionen Dollar zurück. Das Umsatzwachstum von Tinder soll im „mittleren einstelligen Bereich“ liegen.
In der Folge der Bekanntgabe brach die Match Group-Aktie um mehr als 20 Prozent ein.
Tinder schwächelt
Bernard Kim, CEO der Match Group, drückte in dem Brief seine Frustration über die aktuelle Leistung von Tinder aus. „Die aktuellen Umsatzwachstumserwartungen von Tinder für die zweite Jahreshälfte liegen unter unseren ursprünglichen Erwartungen, was auf die enttäuschende Umsetzung mehrerer Optimierungen und neuer Produktinitiativen zurückzuführen ist“, schreibt Kim. Das müsse verbessert werden.
Doch Kim verweist auch auf einen generellen kulturellen Shift der Nutzer:innen. Denn obwohl die Corona-bedingten Lockdowns weitestgehend vorüber und das Marktpotenzial vorhanden seien, so habe die Bereitschaft, Online-Dating-Produkte zum ersten Mal auszuprobieren, noch nicht wieder das Niveau von vor der Pandemie erreicht.
CEO muss gehen
Neben der Bekanntgabe der Quartalsergebnisse kündigte Match Group eine Reihe von Veränderungen im Management-Team von Tinder an. Die wichtigste Änderung: Die derzeitige CEO von Tinder, Renate Nyborg, muss das Unternehmen nach weniger als einem Jahr an der Spitze verlassen. Bis ein:e neue:r CEO gefunden ist, wird Kim ihre Rolle mit übernehmen.
… und zwar nicht ins Metaverse
Zudem macht Match Group die Pläne von Tinder zunichte, in naher Zukunft neue Technologien wie virtuelle Währungen und Metaverse-basiertes Dating einzuführen. Letzten Herbst hatte die Dating-App noch angekündigt, eine neue, virtuelle Form des Online-Datings zu schaffen.
Kim glaube nach wie vor, dass ein Dating-Erlebnis im Metaverse wichtig sein kann, um die nächste Generation von Nutzer:innen zu gewinnen. Doch in Anbetracht der aktuell unklaren Lage darüber, wie sich das Metaverse überhaupt entwickelt und was funktionieren wird und was nicht, wolle er seine Investitionen in dem Bereich vorerst eindampfen.
„Wir werden diesen Bereich weiterhin sorgfältig prüfen und zu gegebener Zeit einen Schritt nach vorn erwägen, wenn wir das allgemeine Potenzial [des Metaverse] besser verstehen und das Gefühl haben, dass wir einen Dienst haben, der gut positioniert ist, um erfolgreich zu sein“, schreibt Kim.
Auch keine Tinder Coins
Gekillt wurden auch die Pläne für eine virtuelle Währung, mit der die Match Group als „Tinder Coins“ experimentiert hatte.
„Nachdem wir gemischte Ergebnisse beim Testen von Tinder Coins gesehen haben, haben wir beschlossen, einen Schritt zurückzugehen und diese Initiative zu überdenken, damit sie effektiver zu den Einnahmen von Tinder beitragen kann“, schrieb Kim.
Virtuelle Güter sollten nur eingesetzt werden, wenn sie „ein echter Treiber für die nächste Wachstumsphase von Tinder sein können“, fügte er hinzu.
Was kommt
Das Unternehmen sagt, dass es immer noch plane, Funktionen zu entwickeln, um Tinder für Frauen attraktiver zu machen, einschließlich eines abonnementbasierten Pakets, das „kuratierte Empfehlungen“ bietet, sowie Funktionen, bei denen man gemeinsam mit Freund:innen swipen kann.
Zudem will Tinder sein Pricing-Modell überarbeiten und „ein kürzerfristiges Abo-Paket“ anbieten, das neuere Tinder-Nutzer:innen ansprechen und zusätzlichen Umsatz bringen soll.
Um das Kennenlernen der Datingwilligen zu erleichtern, sollen auch Funktionen wie Livestreaming-Videos eingeführt werden, wie es bereits von anderen Apps angeboten wird.