Nachfolger für den Verbrennungsmotor: Das Schwarz-Weiß-Denken muss aufhören

Im Oktober 2021 wurden in Deutschland 178.683 Autos neu zugelassen. Die Anzahl der benzinbetriebenen Neuwagen ging dabei gegenüber dem Vorjahresmonat um 43,9 Prozent zurück, die der dieselbetriebenen Pkw um 56,7 Prozent und die der Plug-in-Hybride um 4,5 Prozent. Demgegenüber verzeichneten elektrische Antriebe ein Plus von 32 Prozent.
Diese Zahlen werfen ein Schlaglicht auf die aktuellen Entwicklungen im Automobilbereich: Der klassische Verbrennungsmotor hat ausgedient. Bis die EU-weiten Zulassungsverbote für Autos mit Verbrennungsmotor im Jahr 2035 greifen, wird es wahrscheinlich längst keine entsprechenden Fahrzeuge mehr zu kaufen geben. Auch die als Übergangslösung konzipierten Plug-in-Hybride werden in den kommenden Jahren zunehmend durch vollelektrische Fahrzeuge ersetzt werden.
Dennoch tobt nach wie vor eine hitzige Debatte darüber, was denn nun die Antriebstechnologie der Zukunft ist.
Batterieelektrische Elektromobilität
Die derzeit aussichtsreichste und von vielen Ländern aktiv geförderte Antriebsvariante ist die batterieelektrische Elektromobilität. Sie ist im Regelfall gemeint, wenn vom „Elektroauto“ die Rede ist.
Elektroautos sind leise und lokal emissionsfrei unterwegs. Das Herz eines solchen Fahrzeugs ist der Akku, aus dem der verschleißarme Elektromotor seine Energie bezieht. Mit einem Wirkungsgrad von über 90 Prozent zählt dieser zu den effizientesten Antrieben überhaupt.
Kritiker der batterieelektrischen Elektromobilität führen häufig ins Feld, dass zur Herstellung eines Elektroautos (im Vergleich zum Verbrenner) mehr Energie und Rohstoffe benötigt werden – insbesondere mit Blick auf die Batterieproduktion. Für den Moment ist dieses Argument nicht von der Hand zu weisen, allerdings entwickeln sich Produktion, Materialeffizienz und Speichertechnologien so schnell weiter, dass diese Kritikpunkte schon bald obsolet sein werden.
Betrachtet man die Klimabilanz eines heutigen Elektrofahrzeugs der Kompaktklasse über den gesamten Lebensweg, so fallen die Treibhausgasemissionen übrigens schon heute niedriger aus als bei vergleichbaren Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor. Dies belegt eine Studie des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU).
Brennstoffzellen-Antrieb mit Wasserstoff
In der öffentlichen Debatte werden „Elektroautos“ und Wasserstoff-betriebene Fahrzeuge häufig gegeneinander ausgespielt. Dabei wird gerne vergessen, dass auch ein Brennstoffzellenfahrzeug letztendlich ein Elektroauto ist, denn auch hier kommt ein Elektromotor zum Einsatz. Allerdings wird der dafür benötigte Strom nicht aus einem riesigen Akku bezogen, sondern mittels einer Brennstoffzelle aus Wasserstoff erzeugt.
Was in der Theorie gut klingt, hat in der Praxis zahlreiche Nachteile: Ein modernes Elektroauto bringt rund 70 bis 80 Prozent einer Kilowattstunde Strom als Antriebsleistung auf die Straße. Ein Wasserstoffauto braucht doppelt bis dreimal so viel Strom für die gleiche Strecke. Zudem kommt Wasserstoff nicht natürlich vor, sondern muss erst per Elektrolyse mithilfe von Strom aus Wasser erzeugt werden. Der daraus resultierende schlechte Wirkungsgrad in Verbindung mit den hohen Investitionskosten für die Infrastruktur und der komplexen, teuren Brennstoffzellen-Technik macht diese Antriebsform für den Pkw-Bereich weitestgehend uninteressant.
Anders sieht die Sache im Schwerlastverkehr aus. Züge, Lkw und Schiffe brauchen aufgrund ihres Gewichts sehr viel Energie. Hier kommt die Batterie-basierte Elektromobilität schnell an ihre Grenzen, vor allem wenn hohe Reichweiten gefragt sind. Dafür kann die Brennstoffzelle ihr Potenzial voll ausspielen.
Brennstoffzellen-Antrieb mit Methanol
Eine weitere Antriebstechnologie, die seit ein paar Monaten in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt ist, ist Methanol.
Beim „Methanol-Auto“ handelt es sich im Endeffekt ebenfalls um ein Brennstoffzellenfahrzeug, nur dass hier statt Wasserstoff ein Methanol-Wasser-Gemisch getankt wird. Dieses hat gegenüber Wasserstoff den großen Vorteil, dass es sich ähnlich einfach lagern und tanken lässt wie Benzin oder Diesel.
Im Rahmen des Flaggschiffprojekts Carbon2Chem, das die Reduzierung von CO2-Emmission in der Stahlindustrie zum Ziel hat und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) bislang mit 145 Millionen Euro gefördert wurde, hat Bundesforschungsministerin Anja Karliczek erst im September den Prototypen eines mit Methanol angetriebenen Autos vorgestellt. Auch der einstige Audi-Ingenieur und -Vorstand Roland Gumpert arbeitet mit seinem Team an entsprechenden Fahrzeugen.
Allerdings ist nicht zu erwarten, dass derartige Fahrzeuge jemals in Serie gehen werden. Denn während die Preise für Batterien schon jetzt jährlich sinken, bleibt die Integration von Brennstoffzellen ein teures und technologisch komplexes Unterfangen. Zumal massive Industrieanlagen notwendig wären, um überhaupt so viel Methanol zu produzieren.
Aus diesem Grund sollte der Prototyp von Roland Gumpert in erster Linie als experimenteller Technologieträger verstanden werden – und insbesondere im Pkw-Bereich nicht als Alternative zur batterieelektrischen Elektromobilität. Und auch beim Projekt des BMBF dreht sich eigentlich alles um die Weiterverwertung von CO2 aus der Stahlindustrie. Das „Methanol-Auto“ ist dabei nur Beiwerk, um den (theoretisch vorhandenen) Nutzen zu illustrieren.
E-Fuels: Die Welt der synthetischen Kraftstoffe
Synthetischen Kraftstoffe kommen immer dann ins Spiel, wenn es um die Frage geht, was man mit den rund 46,6 Millionen Verbrennern macht, die derzeit noch auf Deutschlands Straßen unterwegs sind.
E-Fuels sind synthetisch erzeugte Treibstoffe, die man – wie auch Benzin oder Diesel – an der Zapfsäule tanken kann. Sie werden mit erneuerbaren Energien hergestellt, indem aus Wasser zunächst Wasserstoff produziert wird. Um einen flüssigen Kraftstoff zu erhalten, braucht man dann auch noch Kohlenstoff.
Für diesen Prozess wird derart viel Strom benötigt, dass der daraus resultierende Wirkungsgrad gerade einmal bei 15 Prozent liegt. Anders ausgedrückt: Mit dem Strom, der benötigt wird, um E-Fuels für 100 Kilometer Reichweite herzustellen, kommen batterieelektrische Autos 700 Kilometer weit.
Die Tatsache, dass E-Fuels eine höhere Energiedichte als Batterien oder gasförmig gespeicherter Wasserstoff haben und sich dadurch ähnlich kostengünstig transportieren und lagern lassen wie herkömmliche Treibstoffe, kann deren Nachteile – zumindest für den Moment – nicht wettmachen.
Derzeit liegen allein die Herstellungskosten für einen Liter synthetischen Kraftstoffs bei rund 4,50 Euro.
Alternative Antriebstechnologien: Das Schwarz-Weiß-Denken muss aufhören
Wie in vielen Bereichen inzwischen (leider) üblich, wird auch die Diskussion rund um alternative Antriebsformen recht dogmatisch geführt. Dabei hat im Endeffekt jede Technologie ihre Daseinsberechtigung.
Für den Moment (und die kommenden Jahre) ist die batterieelektrische Elektromobilität schlichtweg die effizienteste und umweltfreundlichste Antriebsvariante im Pkw-Bereich. Bei Schiffen und großen Lkw können dagegen Brennstoffzelle und Wasserstoff ihre Potenzial voll ausspielen.
Auch E-Fuels und Methanol sollte man keinesfalls abschreiben. Vielleicht lassen sich die synthetischen Kraftstoffe in ein paar Jahren tatsächlich so energieeffizient herstellen, dass der Wirkungsgrad ein akzeptables Maß erreicht. Aber da der Klimawandel nicht auf die Forschung wartet, braucht es eben schon heute praktikable Lösungen.
So viel zu Ethanol:
https://www.forschung-und-wissen.de/nachrichten/chemie/forscher-machen-aus-kohlendioxid-ethanol-treibstoff-13372356
Bei den s. g. eFuels ist das mit der CO2-Synthese ähnlich gelagert. Bei allen derartig gelagerten Energieerzeugungsformen ist vor allem die Nutzung von CO2 als Grundstoff, anders als bisher als lästiger Beistoff in der industriellen Erzeugung, der wesentlichste Aspekt. CO2 muss ein wirtschaftlich interessanter Stoff werden, nur dann wir er auch entsprechend verwertet, anstatt einfach in die Luft entlassen zu werden. Dekarbonisierung heißt in dem Zusammenhang, erdölbasierte Produktion durch CO2-basierte zu ersetzen. Der Weg ist jetzt am Anfang.
Entscheidend ist aber die technische Umsetzung im Fahrzeug:
https://www.obrist.at/powertrain/hyperhybrid-demonstrator/
bzw.
https://www.obrist.at/powertrain/hyperhybrid-powertrain/
oder kurz zusammengefasst
https://mobilitaetderzukunft.at/de/projekte/fahrzeugtechnologien/hyperhybrid.php
Diese Konfiguration läuft sowohl mit eFuels als auch mit Ethanol s. o.
Die Hauptcrux bei der Geschichte ist eben, dass die derzeit machbaren Akkus alle eine kräftige Begrenzung haben. Derzeit ist es vor allem sinnvoll, kleine, leichte KfZ mit Akkus mit begrenzten Volumen zu betreiben. Also nach der L6 bzw. 7e EU-Zulassung. Vor allem im Stadt-und vor allem auch im Land-Kurzstreckenverkehr sind solche Autos gegenüber den derzeit noch üblichen Autos mit Hubkolbenmotor sinnvoll zu betreiben. Dieser sinnlose Platzverbrauch von Autos in den Städten ist überhaupt extrem kontraproduktiv. Das gleiche gilt für Autos rein grundsätzlich: es gibt einfach viel zu viel von diesen.
Warum bin ich bei dem Artikel nicht verwundert, dass wieder einmal das Thema ideologisch Richtung Elektroauto geschrieben ist, obwohl sogar im Artikel selber geschrieben wird: „Wie in vielen Bereichen inzwischen (leider) üblich, wird auch die Diskussion rund um alternative Antriebsformen recht dogmatisch geführt. Dabei hat im Endeffekt jede Technologie ihre Daseinsberechtigung.“ Das ist genau der Punkt! Statt einen Artikel technologieoffen zu schreiben, ist er doch nur wieder einer der ideologisch geformten Artikel.
Zurück zum Thema. Nur so am Rande E-Fuels kosten derzeit bereits zwischen 2,00 und 2,60 Euro – zumindest ist das der Preis, den wir in der Entwicklung derzeit bezahlen. Die Bild-Medien berichten überall von 4,50 Eur pro Liter. Selbst auf Wikipedia stehen andere Preise. Aber das ist nicht wichtig.
Auch ist der Vergleich mit der Energie, die in den Kraftstoff gesteckt werden muss, nicht wirklich relevant. Wie mein Vorredner schreibt, geht es eher um die De-Carbonisierung. Die notwendige Energie hierfür spiele nicht die erste Prio, sondern das es überhaupt möglich wird. Das ist natürlich meine Meinung. Von daher seh ich auch kritisch solche Aussagen wie: „Für diesen Prozess wird derart viel Strom benötigt, dass der daraus resultierende Wirkungsgrad gerade einmal bei 15 Prozent liegt. Anders ausgedrückt: Mit dem Strom, der benötigt wird, um E-Fuels für 100 Kilometer Reichweite herzustellen, kommen batterieelektrische Autos 700 Kilometer weit.“ Ja, dem ist derzeit so. Aber die Produktion von diesen Kraftstoffen wird in Regionen passieren, in denen Energie im „Überfluss“ vorhanden ist, beispielsweise in der spanischen oder marrokanischen Wüste. Auch gibt es an dieser Stelle noch viel an den Wirkungsgraden an Verbesserungspotential. Wir sprechen von Technologien, die eigentlich seit vielen Monden nicht weiterentwickelt wurden, wie beispielsweise Fischer-Tropsch, auf Grund ihrer irrelevanz für die Industrie für länger Zeit.
Ich finde es schade, dass die Technologieoffenheit, wie ich sie für T3N erwarten würde, auch mit diesem Artikel nicht Realität wurde. Schade das T3N auch weiterhin auf Ideologien setzt.
Hi Christian,
danke für dein Feedback. Der Artikel orientiert sich an wissenschaftlichen Fakten, nicht an Ideologien – und stellt deutlich klar, dass jede Technologie ihren Anwendungsbereich hat. Im Individualverkehr setzt sich nunmal die Elektromobilität durch – und zwar sowohl hersteller- als auch länderübergreifend. Das mag nicht jedem gefallen, aber es ist eben ein Fakt.
„Im Individualverkehr setzt sich nunmal die Elektromobilität durch – und zwar sowohl hersteller- als auch länderübergreifend. Das mag nicht jedem gefallen, aber es ist eben ein Fakt.“ Sagst Du! Das ist kein Fakt, der belegbar ist. Es ist ein Wunsch auch von der Politik in diese Richtung zu gehen. Wohin es aber geht, dass muss sich erst noch zeigen. Und Du verwendest natürlich rein „unabhängige“ Fakten ;) Aber Du erreichst was DU willst. Das ist nicht was ich von einem „unabhängigen“ Technologiejournalismus erwarte. Wenn Du diesen praktizieren würdest, dann wären Dir auch folgende Quellen bekannt und eingeflossen:
Fehler in der CO2 Berechnung offener Brief an die europäische Kommission
https://iastec.org/wp-content/uploads/2021/06/20210624-IASTEC-Letter.pdf
Greenwashing https://www.blog-der-republik.de/greenwashing-studien-affirmative-begleitforschung-zu-elektroautos-teil-1/
Auch mal den Blick raus aus der eigenen Blase und sich Gedanken drüber machen was andere schreiben und was deren Basen sind.
Wieder einmal ein Artikel in dem mit aus dem Zusammenhang gerissen zahlen eine bestimmte Denkweise bedient werden soll.
Echt eklicher Journalismus
Fakten, ganz schlimm! (:
„Auch E-Fuels und Methanol sollte man keinesfalls abschreiben. Vielleicht lassen sich die synthetischen Kraftstoffe in ein paar Jahren tatsächlich so energieeffizient herstellen, dass der Wirkungsgrad ein akzeptables Maß erreicht. Aber da der Klimawandel nicht auf die Forschung wartet, braucht es eben schon heute praktikable Lösungen.“
In ein paar Jahren, wenn der Energieerhaltungssatz überholt wurde?