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Analyse

4 gravierende Gründe für den Rauswurf von Herbert Diess

Der Rauswurf von Herbert Diess hat offenbar nur Diess selbst überrascht. Intern soll der Abgang längst erwartet worden sein. Vier Gründe spielen dabei eine große Rolle.

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VW hat Herbert Diess aus guten und nicht so guten Gründen geschasst. (Foto: Volkswagen)

VW-Chef Herbert Diess muss gehen – nur ein Jahr nach seiner Verlängerung. Die Eigentümerfamilien Porsche und Piëch setzten den Wegbereiter der Elektrostrategie des Konzerns überraschend vor die Tür. Nun kommt immer stärker heraus, dass sein Abgang nur wenige im Unternehmensumfeld erstaunte. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen.

Grund 1 für den Rauswurf: Führungsschwäche

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Wer in die Aussagen der Führungsmannschaft bei VW genau reinhört, erkennt, was sie von ihrem Chef gehalten haben musste. Oft ist von Alleingängen und mangelnder Kommunikation zu lesen. Das Handelsblatt schreibt, er habe immer wieder am Team vorbei agiert. Er habe eine „Egoshow“ abgezogen, heißt es an anderer Stelle. Zudem soll er Topmanager attackiert und vorgeführt haben. Insider:innen sagen, dass es kaum noch eine Basis für eine ordentliche Zusammenarbeit gegeben habe.

Auch aus dem Aufsichtsrat kam Kritik. Mitglieder attestierten ihm eine „eklatante Führungsschwäche“, ihm fehle „sämtliches diplomatische Geschick“. „Diess hat mehrere Chancen bekommen, sein Verhalten zu ändern – aber nicht genutzt“, sagt ein Insider. Sein Nachfolger Oliver Blume soll hingegen kommunikativ sein, jemand, der zuhört und vermittelt.

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Grund 2: Die Software-Strategie von Cariad

Herbert Diess hatte eine Vision: Alle Marken bündeln ihr Software-Know-how in der Tochterfirma Cariad. Dort sollte eine einheitliche IT-Plattform entstehen, aus deren Baukasten sich anschließend alle Marken bedienen. Schon bei der Gründung gab es Ärger: Audi und Porsche wollen ihr Toppersonal ungern abgegeben. Sie haben zudem andere Vorstellungen, wie die Software aussehen soll.

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Es gibt Abweichungen im Entwicklungsstand, Schwierigkeiten bei der Kompatibilität, Kompetenzgerangel. Das Projekt verzögert sich immer weiter und damit auch das Erscheinen von Automodellen. Die Elektroversion des Porsche Macan kommt dadurch zwei Jahre später auf den Markt. Audis Artemis-Projekt verzögert sich. McKinsey gibt in einem Gutachten zu den Cariad-Problemen ein vernichtendes Urteil ab: Gravierende Managementfehler seien der Grund. Im Juni 2022 setzen die Premiummarken durch, dass sie ihre Systeme wieder selbst entwickeln dürfen, sie sollen später mit dem Cariad-System zusammengeführt werden.

Grund 3: Der Ärger mit dem Betriebsrat

Diess soll von vornherein eine „komplizierte Beziehung“ zu den Arbeitnehmervertreter:innen gehabt haben. Mehrfach forderte der Betriebsrat seinen Hut. Diess findet, die Belegschaft müsse schneller, effizienter arbeiten. Er nennt immer wieder Tesla als Vorbild – ein rotes Tuch für Gewerkschaftler:innen auf der ganzen Welt. Im Herbst 2021 wächst sich das zu einem regelrechten Skandal aus.

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Diess will den Abbau von 30.000 Arbeitsplätzen im Stammwerk Wolfsburg prüfen lassen. Das entspricht rund einem Drittel aller Beschäftigten. Das Vorhaben gelangt über Umwege zum Betriebsrat, der ist empört. Zu der ersten Betriebsversammlung nach zweijähriger Coronapause will Diess erst gar nicht erscheinen, sondern bucht einen Flug nach New York an die Wall Street. Betriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo kommentiert das so: „Diese Provokation zeigt uns, dass Herr Dr. Diess weiterhin keinerlei Interesse an einer konstruktiven Zusammenarbeit hat.“ Er ziehe Investor:innen an der Wall Street der eigenen Belegschaft vor. Diess sagt den Flug ab und erscheint.

Grund 4: Strategie und Kommunikation

Diess startet 2015 bei VW. Zu diesem Zeitpunkt beschäftigt der Dieselskandal den Konzern mehr als die Elektromobilität. Tesla wird belächelt. Diess hingegen sieht die Gefahr. Er mahnt eine Veränderung hin zum Techkonzern an. VW sei „verkrustet“ und müsse das aufbrechen, sagt er in einer frühen Rede. „Das geht los beim Betriebsrat, geht weiter beim Land über die Familien – jeder muss sich verändern, damit wir in 20 Jahren noch vom Auto leben können“, so Diess. Doch viele im Konzern wollen keine Veränderung, halten die Elektromobilität für einen kurzweiligen Trend.

Porsche hält teilweise am Verbrenner fest, indem man E‑Fuels propagiert. Auch hier nimmt Diess kein Blatt vor den Mund. Die Effizienz der Kraftstoffe sei „extrem schlecht“. Wo der:die E‑Auto-Besitzer:in für 10 Euro Strom tanke, müssten der E‑Fuels-Fahrer:innen für dieselbe Reichweite 60 Euro hinlegen, sagt er. Kritik am eigenen Haus wird man bei Familie Porsche nicht gern gehört haben. Blume, der der FDP die E‑Fuels in den Koalitionsvertrag diktiert haben soll, genießt so hohes Ansehen bei den Eigentümern, dass er nun zum Chef von VW und Porsche gemacht wird.

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