Legendär war die Vorstellung der 4680-Batteriezelle auf Teslas „Battery Day“. Journalisten schrieben von dem Wunder-Akku und einem neuen Zeitalter, das demnächst anbreche. Das war im Herbst 2020.
Auch viele positive Verkaufs- und Gewinnprognosen von Konzernlenker Elon Musk basieren auf der „Wunder-Batterie“. Das Problem: Die Serienfertigung klappt nicht. Reuters befragte nun zwölf Experten zu dem Thema, davon neun mit Nähe zu Tesla. Das Ergebnis ist zunächst ernüchternd, es gibt aber Hoffnung.
4680: Superzellen mit Potenzial
Einig sind sich die Experten darin, dass die 4680er-Zellen ein hohes Potenzial aufweisen. Sie senken den Preis der Elektroautos und so könnten diese mit den Verbrennern mithalten, lautet die übereinstimmende Prognose. Die Technologie ermögliche leistungsfähige E-Fahrzeuge mit einem Anschaffungspreis von unter 25.000 Euro.
Tesla rechnet mit Einsparungen von 5.500 US-Dollar pro Fahrzeug – dazu kommen produktionstechnische Vorteile. Das könnte der Elektromobilität neuen Schwung geben. Den Experten zufolge habe der Hersteller die Kosten beim Model V aber nur um 2.000 bis 3.000 Dollar senken können.
Das Problem mit der Trockenbeschichtung
Das Hauptproblem beim Übergang vom Teststatus zur Massenproduktion sehen die Befragten im Herstellungsprozess für die Trockenbeschichtung. Ihn umzusetzen, stelle die Ingenieure dermaßen vor Probleme, dass sie nicht vor Ende 2022 oder sogar 2023 mit einer industriellen Fertigung rechnen. Panasonic hatte die Serienproduktion schon 2021 verkündet, konnte das Versprechen dann aber nicht einhalten.
So meint etwa der Miterfinder der Lithium-Ionen-Batterie, Stan Whittingham, Tesla-Chef Elon Musk habe den Zeitrahmen für die Kommerzialisierung zu optimistisch eingeschätzt. Der Nobelpreisträger sagte: „Ich denke, er wird es schaffen, aber nicht so schnell, wie er möchte. Es wird einige Zeit dauern, um es wirklich zu testen.“
Trocken- versus Nassbeschichtung
Hintergrund ist das komplexe und teure Verfahren, bei dem die Elektroden in giftigen, flüssigen Lösungsmitteln gebadet werden. Nach dem Beschichten müssen die Hersteller die Elektroden in riesigen Öfen trocknen und die flüchtigen Gifte auffangen und aufbereiten. Das Recycling treibt bei dem energieintensiven Vorgehen die Kosten zusätzlich in die Höhe. Im Trockenverfahren besitzen die Bindemittel sehr viel weniger Flüssigkeit und man muss die Elektroden nicht trocknen.
Größere Zellen reduzieren den Herstellungsaufwand
Die 4680er-Zellen sind 5,5-mal so groß wie die aktuell eingesetzten 2170er. Damit benötigt Tesla nur 830 statt 4.400 Zellen pro Model Y. Das wiederum führt zu sehr viel weniger Schweißpunkten, die Tesla für das neue Prinzip außerdem zusätzlich reduziert hat. Das Ergebnis: Beim Model Y mit 2170er-Bestückung braucht man 17.600 Schweißpunkte, die neue Alternative gerade einmal 1.660. Das führt zu zusätzlichen Einsparungen.
Zellen-Preis sinkt um die Hälfte, wenn das Verfahren klappt
Tesla spart zudem an Verbindungsstücken und anderen Komponenten, sodass Arbeitskosten und Materialaufwendungen niedriger ausfallen. Ein Befragter sagte Reuters: „Die Vergrößerung der Batteriezelle hat viel dazu beigetragen, die Effizienz zu steigern, aber 50 Prozent Kosteneinsparungen für die Zelle als Ganzes zu erreichen, ist eine andere Sache.“
4680 als Gamechanger
Die zu erwartenden Einsparungen in Komplexität, Kosten und Effizienz werden die 4680-Batterie „auf absehbare Zeit zum Klassenbesten machen“, ist sich einer der Experten sicher. Nun muss Tesla nur die Probleme bei der Skalierung in den Griff bekommen.
Die Vorteile hat anscheinend auch BMW erkannt. Die Bayern wollen bei ihrer nächsten E-Plattform „Neue Klasse“ ebenfalls auf 4680 setzen. Auch Lucid Motors hat Interesse und einen Vertrag mit LG abgeschlossen. Tesla setzt hingegen auf 4680er-Zellen von Panasonic und CATL.