So wollen Tesla und Co. Kobalt aus den Batterien für Elektroautos verbannen

In den Laboren dieser Welt arbeiten Zellfertiger, Wissenschaftler und Autohersteller mit Hochdruck an kobaltfreien Alternativen. (Grafik: Shutterstock)
Forschungseinrichtungen, Hersteller von Elektroautos und ihre Zulieferer liefern sich einen Wettstreit im Entwickeln neuer Batterietechnologien. Der Grund liegt auf der Hand: Die Batterie ist mit Abstand die teuerste Komponente der Fahrzeuge. Das liegt unter anderem auch an einem umstrittenen Werkstoff: Kobalt. Das Wirtschaftsmagazin Bloomberg hat sich nun mit den neuen Wegen befasst und wir ergänzen diese Informationen.
Kobaltfreie Technologien auf dem Vormarsch
In dem Artikel steht, es zeichne sich eine Wende in der Zusammensetzung der Batteriechemie ab. Wer etwa Teslas Bekanntmachungen verfolgt, weiß das schon länger. Der Elektroauto-Marktführer hatte bereits 2018 angekündigt, den Rohstoff aus den Energiespeichern zu verbannen. Sein chinesischer Zulieferer CATL gab vergangenen Sommer bekannt, eine kobaltfreie Batterie entwickelt zu haben. Der Zellfertiger liefert unter anderem auch an Daimler, VW und BMW. Er baut dazu eigens eine Fabrik in Thüringen. Lithium-Eisenphosphat löst dabei die herkömmliche Lithium-Ionen-Technologie ab. Die im Herbst 2020 von Tesla vorgestellten Batteriezellen „4680“ fußen bereits darauf und sollen nächstes Jahr in Grünheide vom Band laufen. Varta, LG Chem und andere Zulieferer von deutschen Herstellern arbeiten an ähnlichen Verfahren, wie wir in einem Batterie-Report zusammengefasst haben. Auch die Festkörperbatterie, die einige Unternehmen angekündigt haben, basiert auf einer kobaltarmen Methode. Toyota will etwa kurz vor der Serienreife stehen. Parallel senken die Hersteller auch bei herkömmlichen Lithium-Ionen-Zellen den Kobalt-Anteil. So gibt BMW für den neulich vorgestellten iX einen um 30 Prozent niedrigeren Bedarf an. Mercedes hat ebenfalls Einsparungen erreicht. GM spricht bei der Ultium-Batterie von 70 Prozent Kobaltersparnis.
Kobalt: Abbau unter schlechten Bedingungen
Die intensive Suche nach Alternativen liegt nicht nur an den immer wieder kritisierten Abbau-Verhältnissen. Rund 61 Prozent des Kobalts wird im Kongo geschürft, einem Land, das als Krisenregion gilt. Berichte von Amnesty International beschreiben menschenunwürdige Verhältnisse, da die Menschen häufig private Minen auf ihren Privatgrundstücken eröffnen. Dort fehlen jegliche Gesundheits- und Sicherheitsstandards. Die ganze Familie arbeitet zuweilen mit, das heißt, auch Kinder sind in den Abbau involviert. Um dem entgegenzuwirken, unterstützt etwa VW die Initiative „Cobalt for Development“ von der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ). Parallel weitet der Staat, der die Hoheit über den Abbau hat, Zertifizierungsprogramme aus, die Schäden an Mensch und Umwelt minimieren sollen. BMW geht zum Beispiel einen anderen Weg: Der Premiumhersteller kauft zertifiziertes Kobalt in Australien und Mexiko ein und gibt es an seine Zellfertiger weiter. Australien stellt die zweitgrößte Förderregion dar. Dort bauen Bergwerkskonzerne momentan ihre Förderquote aus. Das Land besitzt fast halb so hohe Reserven wie der Kongo, der Anteil an der weltweiten Förderung beträgt jedoch nur rund fünf Prozent. Parallel haben die Hersteller die Recyclingquote hochgejagt: Konnte früher nur etwa 50 Prozent des Kobalts zurückgewonnen werden, sind es heute 70 Prozent – Tendenz steigend.
Elektroauto-Hersteller unter Kostendruck
Neben den Arbeitsbedingungen gibt es einen anderen Grund, warum die Industrie von dem Metall weg will: Der Preis für Kobalt schwankt sehr stark. Er stieg 2018 auf über 90.000 Dollar, sank 2019 auf 28.000 Dollar und steht auf aktuell bei etwa 38.000 Dollar. Er lässt sich also schwer kalkulieren. Insgesamt steigt er zudem seit 2019 wieder rapide an. Der Anteil an einer Lithium-Ionen-Batterie kann bis zu 20 Prozent betragen – und die Batterie ist die teuerste Komponente in Elektroautos. Kurz: Der stärkste Grund der vielen Entwicklungsvorhaben liegt im Preis. Alle Akteure arbeiten mit Hochdruck daran, ihn zu drücken. Neben CATL hat auch S-Volt angekündigt, mit kobaltfreien Energiespeichern in die Massenproduktion einzusteigen. Zudem haben Wissenschaftler anscheinend die Probleme der Lithium-Schwefel-Technologie gelöst, sodass dieses Verfahren ebenfalls in Zukunft marktfähig sein könnte. Für Lithium-Lanthat-Titanat (LLTO) steht noch ein längerer Weg an, während sich Batterien mit Lithium-Titanat-Oxid (LTO) bereits auf dem Weg in Elektroautos befinden. Bloomberg bringt zusätzlich das Ersetzen von Kobalt durch Mangan ins Gespräch (LMO – Lithium-Manganoxid). Das Metall kostet mit 2.000 Dollar pro Tonne einen Bruchteil und kommt häufiger vor. VW, Tesla und einige Batteriehersteller arbeiten an entsprechenden Lösungen. Noch im Erforschungsstadium ist eine von IBM mit Mercedes und Batteriehersteller Sidus entwickelte Methode, die Lithium-Ionen-Technologie mit Meeresmineralien statt Schwermetallen umzusetzen. Neben der Kostenersparnis sollen die meisten der neuen Batterie-Technologien auch höhere Reichweiten und bessere Haltbarkeit erreichen. Nicht zuletzt dank riesiger Fördertöpfe und immenser Investitionen der Autohersteller steckt weltweit viel Geld in der Entwicklung alternativer Energiespeicher, sodass sie eine sehr hohe Dynamik aufweist. Wissenschaftler erwarten, in der Zukunft sehr viel günstigere und leistungsfähigere Batteriepacks in Elektroautos vorzufinden – ganz ohne oder mit sehr weniger Kobalt.