Activision-Blizzard-Klage: Overwatch-Team benennt zentralen Spiel-Charakter um
McCree ist ein beliebter Charakter im Spiel Overwatch. Der Zigarren rauchende Cowboy mit dem Robo-Arm erfreut sich großer Popularität und einer beachtlichen Fanbase. Seinen Namen verdankt er allerdings dem in den Skandal um die Arbeitsplatzkultur im Unternehmen Activision Blizzard verstrickten Chefdesigner Jesse McCree, der zuletzt an Diablo 4 gearbeitet hatte.
Klage gegen Blizzard führt zu Reaktionen der Entwicklerteams
Nachdem der US-Bundesstaat Kalifornien Activision Blizzard nach einer zweijährigen Untersuchung wegen verschiedener Missbrauchsvorwürfe, darunter sexuelle Belästigung, geschlechtsspezifische Diskriminierung und eine interne „Burschenschaftskultur“, verklagt hat, wollen die Entwicklerteams retten, was zu retten ist. Den ebenfalls in die Vorwürfe verstrickten Entwickler Alex Afrasiabi hatte das World-of-Warcraft-Team bereits aus dem Spiel gelöscht. Jetzt zieht das Overwatch-Team mit einer größer dimensionierten Änderung nach.
Der offizielle Overwatch-Twitter-Account hat eine Botschaft an die Fan-Community formuliert, in der erklärt wird, warum das Team den Spielhelden McCree umbenennen wird. Der neue Name soll eine bessere Repräsentation dessen sein, wofür Overwatch stehe, so das Team in dem offenen Brief. Wie der Charakter künftig heißen wird oder ob der Cowboy ganz verschwindet und durch einen anderen Charakter ersetzt wird, hat das Team nicht verraten.
Beliebter Cowboy McCree verschwindet aus dem Spiel
Die Änderung ist jedenfalls technisch aufwendig. Der Name muss auch aus Sound-Dateien, Spray-Logos und anderen Grafiken in der Spielwelt eliminiert werden. Bis alle Referenzen an McCree beseitigt sind, könnten durchaus einige Monate ins Land gehen.
„Wir bauen das Overwatch-Universum auf der Idee auf, dass Inklusivität, Gleichberechtigung und Hoffnung die Bausteine für eine bessere Zukunft sind“, beginnt der Brief. „Sie sind zentral für das Spiel und das Overwatch-Team.“ Es sei notwendig, diese Werte auch in der erschaffenen Spielwelt widerzuspiegeln, heißt es weiter.
Dabei sei sich das Team bewusst, „dass jede Änderung an einem so beliebten und zentralen Helden in der Geschichte des Spiels Zeit braucht, um korrekt umgesetzt zu werden“. Die zunächst für September geplante Spielerweiterung mit neuen Story- und Spielinhalten wird auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Darin hätte McCree nach bisheriger Planung eine wichtige Rolle spielen sollen. Stattdessen erhalten Overwatch-Gamer im September nun einen neuen FFA-Abschnitt (FFA: Free For All) der Spielwelt.
Namen sollen keine Referenzen auf reale Charakter mehr bekommen
Um in der Zukunft nicht erneut mit ähnlichen Problemen konfrontiert zu sein, wollen die Entwickler Spielcharaktere nicht mehr nach realen Angestellten benennen. Zudem soll bei zukünftigen Overwatch-Inhalten mit mehr Bedacht und Umsicht auf reale Bezüge geachtet werden. Das werde letztlich dazu beitragen, „ein fiktives Universum“ zu erschaffen, das sich „unverkennbar von der realen Welt unterscheidet“.
Der Brief schließt mit dem Versprechen eines „fortlaufenden Engagements für ehrliche Reflexion“ und unterstreicht die Bereitschaft aller Beteiligten, „alle notwendigen Änderungen“ auch durchzuführen. In der Community stößt die Aktion – wie immer bei solchen emotionalen Themen – auf geteilte Reaktionen. Viele User auf Twitter begrüßen den Schritt als den symbolischen Akt, der er ist, andere beklagen „politische Korrektheit“ und einen vermeintlichen Druck, sich dem Zeitgeist zu beugen.
Wer unvoreingenommen darüber nachdenkt, wird erkennen, dass es keinen vernünftigen Grund gibt, der dagegenspricht, eine offensichtlich auf eine reale Person zurückgehende Namensgebung zu einem Zeitpunkt anzupassen, an dem diese reale Person in einen Sexismus- und Diskriminierungsskandal verstrickt ist. Ein Skandal, der nach langer Ermittlungsdauer tatsächlich eine Anklage nach sich zieht. Wenn nicht zu einem solchen Zeitpunkt, wann dann?
Dieter Petereit