Karrieretipps vom Amazon-Chef: Andy Jassy predigt Anpassungsfähigkeit – aber hält er sich auch daran?

Hat Andy Jassy selbst das Mindset, das er für gute Führungskräfte predigt? (Foto: DFree/Shutterstock)
Durch immer schneller werdenden technischen Fortschritt ändert sich die Welt kontinuierlich – damit müssen Unternehmen und vor allem ihre Mitarbeitende und Führungskräfte mithalten können. Besonders entscheidend für den beruflichen Erfolg ist laut Amazon-CEO Andy Jassy deshalb der Leitsatz „Learn and be curious“ (deutsch: „Lerne und sei neugierig“), wie er in einem Youtube-Video des Versandhändlers erklärt. Dabei handelt es um eines von 16 Leadership-Prinzipien, die Amazon-Gründer Jeff Bezos für seine Führungskräfte aufgestellt hat.
Jassy behauptet: Unter den Menschen, mit denen er seit langem zusammenarbeitet, seien die Erfolgreichen vor allem diejenigen, die immer bereit sind, Neues zu lernen. „Du musst wissbegierig und lernhungrig sein“, so der 56-Jährige, der sich über zwei Jahrzehnte bei Amazon nach oben gearbeitet hat. Manche Menschen fänden es allerdings ab einem bestimmten Punkt schwierig, weiter zu lernen oder fühlten sich davon sogar bedroht. Aber „der Moment, in dem du denkst, für dich gibt es nicht mehr viel zu lernen, ist der Moment, in dem du als Individuum und berufstätige Person abgehängt wirst.“
Auf Veränderungen reagieren
„Führungskräfte sind niemals mit Lernen fertig und wollen sich immerzu verbessern. Sie sind neugierig bezüglicher neuer Möglichkeiten und erkunden diese aktiv“ – so die sinngemäße Übersetzung des von Jassy erläuterten Leadership-Prinzips. Der CEO räumt ein, dass die Umsetzung in vielerlei Hinsicht nicht einfach ist. Es sei schwer, dass Mindset zu behalten, dass man nicht alles wisse – vor allem, wenn man studiert und die eigenen Fähigkeiten in langjähriger Berufserfahrung ausgebaut hat und bereits die Karriereleiter aufgestiegen ist.
Doch selbst wenn man sich über Jahre hinweg Wissen und Erfahrung angeeignet hat, könne sich das Blatt von einem Tag auf den anderen wenden. Das habe man beobachten können, als Managerinnen und Manager während der Pandemie plötzlich ihr Team von zu Hause aus führen mussten.
Der Einzug von künstlicher Intelligenz in fast alle Fachgebiete sei auch so ein Beispiel. Jassy empfiehlt, sich davon nicht einschüchtern zu lassen und das Einstellen auf Veränderung als etwas Positives zu betrachten, das auch Spaß machen kann.
Dabei reichen Neugierde und der Spaß am Lernen laut Jassy aber nicht aus – man müsse auch in der Lage sein, das Gelernte in die Tat umzusetzen und so wirklich etwas zu verändern. Führungskräfte sollten sich vor allem drei Fragen stellen: „Was mache ich gut? Was macht das Team gut? Worin müssen wir besser werden?“ Dabei sei es wichtig, einen klaren Plan zu haben und sowohl die Situation und als auch sich selbst ehrlich und kritisch zu betrachten. Viele Menschen seien gut in dem ersten Schritt – der Bereitschaft, zu lernen und Dinge weiterzuentwickeln – aber nicht so gut darin, entsprechend zu handeln.
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Jassy scheitert am eigenen Tipp
Und anscheinend ist Jassy selbst nicht so gut darin, sich auf Veränderung einzulassen. Laut Business Insider hat der Amazon-Konzern erst kürzlich die Anwesenheitskontrolle der Mitarbeitenden im Büro verstärkt. Seit letztem Jahr sollen die Mitarbeitenden, die Homeoffice machen können, wieder mindestens drei Tage die Woche im Büro arbeiten, was auf Unmut stieß. Rund 30.000 Personen haben eine Petition gegen die Regelung unterschrieben.
Zudem wollte Amazon angeblich manche Mitarbeitende zu einem Umzug zwingen, damit sie mit ihrem Team vor Ort arbeiten können. Auch darüber berichtet Business Insider. Jassy drohte denjenigen, die der Anweisung nicht folgen wollten, mit der Kündigung.
Es wäre also an der Zeit, dass der Amazon-CEO seinen eigenen Tipp befolgt und sich selbst kritisch hinterfragt, statt sich von zeitgemäßen Homeoffice-Regelungen bedroht zu fühlen.