Android: Warum Smartphone-Hersteller sich bald keine kurzen Updatezeiträume mehr erlauben können
Seit es Smartphones gibt, kommt immer wieder Frust über zu kurze Updatezeiträume auf. Bis heute versprechen einige Unternehmen selbst bei über 1.000 Euro teuren Geräten nur zwei große Android-Versionen. Die beiden Konzerne Google und Samsung setzen bei ihren neuen Modellen ein Zeichen und geben nie dagewesene Updategarantien.
Ein anderer Hersteller stellt sich öffentlich quer und erklärt, warum. Die Gründe klingen jedoch an den Haaren herbeigezogen.
Google und Samsung versprechen 7 Jahre Android-Updates
Mit der Ankündigung des Pixel 8 und 8 Pro (Test) zündete Google eine kleine Bombe in der Android-Welt: Denn der Hersteller verspricht, für die beiden Topmodelle nicht nur sieben Jahre Sicherheitspatches zu liefern, sondern auch sogenannte unregelmäßig erscheinende Feature-Drops und große Android-Versionen.
Damit hat Google den Branchenprimus in Sachen Updates, Samsung, überholt. Google sagte bis dahin „nur“ drei große Android-Versionen und fünf Jahre Sicherheitspatches zu, während Samsung zwar den gleichen Zeitraum für die Sicherheitsaktualisierungen zusagte, jedoch ein Jahr länger auch Android-Updates.
Mit der Galaxy-S24-Serie ist Samsung mit Google gleichauf gezogen, sodass sich beide den Android-Update-Thron teilen. Übrigens kann nicht einmal Apple mit seinen iPhone- und iPad-Updates mithalten. Denn der Konzern liefert in der Regel sechs iOS-Versionen für seine Smartphones, ohne jedoch eine Garantie auszusprechen. Wie Apples Hardware-Chef John Ternus gegenüber t3n erklärte, seien iPhones allerdings auf Langlebigkeit ausgelegt.
Die drei Unternehmen gehören letztlich zu den Unternehmen, die die längsten Updates für ihre Geräte anbieten, wobei unklar ist, wie es um Geräte der unteren Preissegmente bestellt ist. Hier dürfte spätestens mit der Ankündigung eines Galaxy-Modells der A-Serie oder eines Pixel 8a Gewissheit herrschen.
Die Vorteile langer Updates sind offensichtlich: Je länger Hersteller ihre Smartphones mit aktueller Software versehen, desto länger kann ich sie sicher nutzen. Denn mit Updates respektive Sicherheitspatches werden nicht nur neue Funktionen geliefert, sondern auch regelmäßig Sicherheitslücken gestopft, die ein potenzielles Einfallstor für Angreifer sein könnten.
Was wir uns immer wieder vor Augen führen sollten: Smartphones sind das persönlichste Gadget, das wir besitzen. Wir nutzen es nicht nur zum Surfen, zum Versenden von Nachrichten und Fotos, sondern verwenden es auch zum Banking und dem Speichern tendenziell sensibler Daten. Entsprechend sollten die Geräte so sicher sein wie Fort Knox.
Das sind sie aber nur so lange, wie sie eben Updates erhalten. Denn Sicherheitsforscher:innen und Entwickler:innen finden regelmäßig Schwachstellen im Code, die per Updates oder Patches behoben werden. Smartphone-Herstellern werden die Anpassungen bereitgestellt, die sie auf ihre Geräte pushen müssen. Bei Android integriert Googles Team die Software-Fixes, bei iOS und iPadOS ist es Apple.
Fairphone als Vorreiter – irgendwie
Kurzer Einschub: Bevor Google und Samsung mit langen Updatezeiten punkteten, hatte das niederländische Social Business Fairphone mehr oder weniger gezeigt, dass man Smartphones für lange Jahre mit Softwareaktualisierungen versehen kann. Das zuletzt im August eingeführte Fairphone 5 soll bis zu fünf große Android-Updates erhalten und Sicherheitsupdates bis 2031 – also für acht Jahre. Das sind selbstredend ausgezeichnete Aussichten.
Im Unterschied zu Google und Samsung ist Fairphone mit regelmäßigen und zeitnahen Updates jedoch extrem nachlässig. Das Unternehmen liefert weder zeitnahe Sicherheitpatches aus, noch zeigten die letzten Jahre einen raschen Rollout von neuen Android-Versionen. Dennoch darf man Fairphone als eines der interessanteren Unternehmen im Android-Bereich nicht außen vor lassen. Jedoch nicht aufgrund schneller Updates, sondern dem Aspekt. Geräte zu bauen, die leicht reparierbar und nachhaltiger als die der Mitbewerber sind.
Nicht alle Hersteller sehen die Notwendigkeit
Angesichts dessen, dass die großen Player wie Google und Samsung im Android-Bereich in Sachen Updates die Messlatte hochlegen, könnte man meinen, dass andere womöglich mitziehen werden. Doch das scheint nicht unbedingt der Fall zu sein. Ein Unternehmen, das sich dazu geäußert hat, ist Oneplus.
In einem Interview mit Toms Guide erklärte Kinder Liu, COO und Präsident von Oneplus, dass man sich dem nicht fügen werde. Er sagte: „Das Angebot längerer Software-Update-Strategien geht völlig am Thema vorbei.“
„Es sind nicht nur die Richtlinien für Software-Updates, die für den Nutzer wichtig sind, sondern auch das flüssige Nutzererlebnis auf dem Telefon“, sagte Liu weiter und wies darauf hin, dass längere Software-Updates nicht unbedingt viel bedeuten, wenn die Hardware des Geräts nicht auf demselben Niveau arbeite.
Liu verglich ein Smartphone mit einem Sandwich und führte aus, dass einige Hersteller sagen würden, dass die Füllung ihres Sandwichs – die Software ihres Telefons – auch in sieben Jahren noch gut zu essen sein würde. „Was sie aber nicht sagen, ist, dass das Brot im Sandwich, die Benutzererfahrung, nach vier Jahren verschimmelt sein könnte. Plötzlich spielt eine siebenjährige Software-Update-Politik keine Rolle mehr, weil der Rest Ihrer Erfahrung mit dem Telefon schrecklich ist“, so der Oneplus-Manager. Auch der Akku würde nach sieben Jahren nur noch eine geringe Restkapazität besitzen.
Was der Oneplus-COO aber (vermutlich absichtlich) nicht erwähnt, ist der Aspekt, dass die Zeiten, in denen Smartphones nach zwei oder drei Jahren unbenutzbar waren, schon lange vorbei sind. Das liegt nicht nur an den immer performanter werdenden Prozessoren, bei denen von Jahr zu Jahr keine großen Performance-Sprünge mehr zu messen sind, um auch nach Jahren der Nutzung eine solide Benutzererfahrung zu gewährleisten. Auch sind Betriebssysteme so ausgereift, dass sie auch nach langer Zeit der Nutzung nicht „vollgemüllt“ sein müssen und das System ausbremsen.
Lius letztes Akku-Argument greift auch nicht wirklich, da Akkus ausgetauscht werden können, um abermals die Laufzeiten zu verbessern.
Was das eigentliche Problem für Smartphone-Hersteller ist
Lius Gründe klingen uns eher konstruiert, um von einem anderen Faktor abzulenken: Oneplus, aber auch andere Smartphone-Unternehmen, können logischerweise nur wirtschaftlich sein, wenn sie auch Smartphones verkaufen. Wenn Konsument:innen ihre Geräte länger benutzen, gehen potenzielle Umsätze verloren.
Nicht nur das: Die Anpassung der Android-Updates kostet sogar Geld, was kein Geheimnis ist. Der finanzielle Aspekt wurde uns zwar nicht von Oneplus, aber einigen anderen Unternehmen in Gesprächen bestätigt.
Zum Glück führt bald kein Weg an längeren Updates vorbei
Oneplus und andere Hersteller können künftig immer wieder über Updatefristen heulen und lamentieren, wie sie wollen. Doch in der EU gilt ab Ende 2024 eine verbindliche Vorgabe. Ab diesem Zeitpunkt sind sie dazu verpflichtet, fünf Jahre nach der Veröffentlichung eines Gerät sowohl Funktions- als auch Sicherheitsaktualisierungen zu liefern. Das heißt: Für alle Geräte gilt in der EU dann eine Updatepflicht.
Einige Hersteller – auch Oneplus – sind bei einigen ihrer Modelle schon durchaus nah an dieser Vorgabe. Das neue Oneplus 12 erhält nach aktuellem Stand vier große Android-Versionen und fünf Jahre Sicherheitspatches; das Modell 12R jedoch nur drei große Android-Updates und vier Jahre Sicherheitsupdates.
Andere Hersteller stehen im Vergleich viel schlechter da: Asus oder Sony versprechen etwa nur zwei große OS-Updates, was absolut nicht mehr zeitgemäß ist. Auch Motorola hält es in Sachen Updates je nach Modell nicht so mit großen Aktualisierungen.
Die Konsequenz: Potenziell teurere Geräte
Dass Hersteller Konsequenzen aus der anstehenden Updatepflicht ziehen, dürfte auf der Hand liegen. Wir können zwar nicht davon ausgehen, dass sie sich aus Europa zurückziehen werden – dafür ist der Markt einfach zu wichtig –, allerdings wäre denkbar, dass sie womöglich eine geringere Modellvielfalt anbieten. Alternativ könnten Hersteller die Gerätepreise anheben, um die Entwicklungskosten über diesen Weg zu finanzieren.
Letzterer Aspekt wäre zwar kurzfristig wenig erfreulich für Konsument:innen, jedoch können sie ihre Smartphones so entweder länger verwenden, oder zu einem potenziell besseren Preis weiterverkaufen als Geräte, die keine Updates mehr bekommen.