Seit Monaten machen Gerüchte die Runde, denen zufolge Apple massiv an eigenen KI-Produkten arbeitet, um eine eigene Antwort auf OpenAIs ChatGPT, Microsofts Copilot, Googles Bard und Amazons KI-gestützte Alexa zu liefern. Apple hat dieses Vorhaben Bloomberg zufolge zu einer der wichtigsten Aufgaben gemacht und investiert Milliardenbeträge in das Projekt.
Bloomberg: Apple wurde von der KI-Welle überrascht
Apple hat in den vergangenen Jahren zwar KI-Features entwickelt, die sich Nutzer:innen-seitig überwiegend dezent in Kamerafunktionen oder dem verbesserten Autokorrektursystem in iOS 17 bemerkbar machten. Auch Apple-Chef Tim Cook bestätigte vor einer Weile, dass Apple schon seit Jahren an generativer KI-Technologie arbeitet. Jedoch ist Bloomberg-Reporter Mark Gurman sich sicher, dass Apples leitendes Management von der plötzlichen KI-Welle der Branche überrascht wurde. Seit Ende 2023 bemühe der Konzern sich verstärkt, „die verlorene Zeit aufzuholen“.
„Es herrscht große Besorgnis darüber und es wird intern als ein ziemlich großer Fehler angesehen“, sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person dem Bloomberg-Reporter.
Erste Informationen über Apples große KI-Pläne gehen auf Stellenausschreibungen von Mai 2023 zurück. Wie 9to5 Mac damals berichtete, hatte Apple allein in den ersten drei Maiwochen 28 neue Ausschreibungen für Softwareentwickler:innen, Forscher:innen und Projektmanager:innen mit Bezug auf generative KI veröffentlicht. Diese deuteten unter anderem darauf hin, dass Apple sich mitunter an der Entwicklung von Diensten wie ChatGPT oder Midjourney zu interessieren scheint, mit denen sich Inhalte erstellen lassen.
Im Großen und Ganzen erwartet das Unternehmen, dass „generative KI Apples mobile Computerplattformen verändern“ wird. Eine entsprechende Formulierung verwendete Apple in einer Stellenausschreibung für einen „Visual Generative Modeling Research Engineer“.
iOS 18: KI soll Teil von Siri und Messages werden
Wie Gurman schreibt, wird das große KI-Projekt von drei leitenden Managern vorangetrieben: Die für KI und Softwareentwicklung zuständigen Apple-Manager John Giannandrea und Craig Federighi, und auch Eddy Cue, Leiter von Apples Dienstesparte, ist Gurman zufolge beteiligt. Das Trio soll eine Milliarde US-Dollar pro Jahr für die KI-Entwicklung zur Verfügung haben, heißt es.
Giannandrea ist laut Bloomberg für eine tiefe KI-Integration in Siri verantwortlich. Es heißt, die neue Siri-Version „auf Steroiden“, für die Apple angeblich täglich Millionen Dollar allein für das Training investiert, könnte schon im nächsten Jahr fertig sein.
Sicher sei der Start der neuen Siri in 2024 indes nicht: „Es gibt immer noch Bedenken bezüglich der Technologie und es könnte länger dauern, bis sich die KI-Funktionen von Apple in der gesamten Produktlinie verbreiten“, schreibt Gurman.
Federighis Software-Sparte arbeite währenddessen daran, die nächste Version von iOS mit KI auszustatten. Sie soll diverse Funktionen erhalten, die auf dem großen Sprachmodell des Unternehmens (LLM) basieren, das auf „eine Flut von Daten zur Verbesserung der KI-Fähigkeiten“ zurückgreife.
Es heißt, die neuen Funktionen sollen die Art und Weise verbessern, wie Siri und die Nachrichten-App Fragen beantworten und Sätze automatisch vervollständigen können. Sie spiegeln die jüngsten Änderungen konkurrierender Dienste wider, sagt Gurman.
Überdies sollen Apples Softwareentwicklungsteams erwägen, generative KI in Entwicklungswerkzeuge wie Xcode zu integrieren. Dies könnte etwa App-Entwickler:innen helfen, neue Anwendungen schneller zu schreiben. Mit diesem Tool würde Apple mit Diensten wie Microsofts GitHub Copilot gleichziehen, der Entwickler:innen beim Schreiben von Code Vorschläge zur automatischen Vervollständigung macht.
Eddy Cues Abteilung drängt derweil darauf, KI in so viele Anwendungen wie möglich zu integrieren, so Bloomberg. Cues Team erforsche neue Funktionen für Apple Music, einschließlich automatisch generierter Wiedergabelisten – eine Funktion, die Spotify Anfang des Jahres zusammen mit OpenAI eingeführt hatte. Aber auch die Produktivitäts-Apps des Unternehmens wie Pages und Numbers sollen eine Portion KI erhalten.
Apple-interne Debatte: On-Device- oder Cloud-KI?
Eine große Debatte beschäftige die Apple-Teams intern massiv: Wie soll generative KI eingesetzt werden? Komplett auf dem Gerät, in der Cloud oder irgendwo dazwischen? Der Vorteil einer reinen On-Device-Lösung wäre eine höhere Reaktionsgeschwindigkeit und ein besserer Schutz der Privatsphäre. Gerade letzteres ist ein für Apple stets äußerst wichtiger Faktor, mit dem der Konzern regelmäßig wirbt. Auf der anderen Seite ist dies unter anderem die Ursache für eine dumme Siri.
Vorteil einer cloudbasierten Bereitstellung von Apples neuen KI-Sprachmodellen wäre die Möglichkeit, fortschrittlichere Operationen zu ermöglichen.
Eine reine On-Device-Strategie mache es Apple außerdem schwerer, die KI-Technologie schneller zu aktualisieren und an eine schnell verändernde Branche anzupassen, meint Gurman. Angesichts dieser Aspekte wäre es nicht verwunderlich, wenn Apple auf einen kombinierten Ansatz setzt: On-Device-Verarbeitung für elementare Funktionen und die Cloud für fortgeschrittenere Aufgaben, die zudem mehr Rechenpower benötigen.
Apple wäre in 2024 nicht das erste Unternehmen, das verstärkt auf KI in der eigenen Hardware setzt. Google hat mit dem Pixel 8 und 8 Pro (Test) gut vorgelegt und andere Android-Hersteller werden garantiert folgen. So heißt es, dass Samsung das Galaxy S24, das im Januar 2024 vorgestellt werden soll, massiv mit KI bestücken wird. Auch im Windows-Bereich wird Microsoft nachgesagt, mit dem 2024 erwarteten Update auf Windows 12 noch stärker auf (generative) KI zu setzen. Gewonnen wird ohnehin nicht mehr bei der Hardware, die sich nur noch langsam fortentwickelt, sondern durch immer smarter werdende Software. Mit dieser will Apple unter anderem das iPhone transformieren.