Ein Team aus Forschenden aus den Niederlanden, Deutschland, der Schweiz und den USA legt die Arbeit „Revisiting Bitcoin’s Carbon Footprint“ vor. Darin schauen sich die Wissenschaftlerin Lena Claaßen von der Universität Zürich und ihre Kollegen Alex de Vries, Ulrich Gallersdörfer und Christian Stoll die aktuellen Kohlenstoffemissionen im Bitcoin-Netzwerk genauer an.
Chinas Strom-Mix weniger katastrophal als etwa jener in Kasachstan
Und diese Analyse kommt zu dem ungünstigen Ergebnis, dass der Miner-Exodus aus China im Frühsommer vergangenen Jahres den Bitcoin nicht sauberer, sondern – im Gegenteil – noch wesentlich schmutziger gemacht hat. Das liege vorwiegend daran, dass die großen Mining-Pools, die heutzutage das Bitcoin-Geschäft fast vollständig dominieren, in Länder gezogen sind, in denen der Strom ebenso billig, aber ungünstiger gemixt ist.
Das mag angesichts der starken Abhängigkeit Chinas von Kohle zunächst überraschen. Tatsache sei indes auch, dass das Land über große Mengen an erneuerbarer Wasserkraft verfüge. So wissen die Forschenden zu berichten, dass Miner sich in der Vergangenheit innerhalb Chinas überaus mobil gezeigt hatten. Sie waren während der dortigen Regenzeit in die Provinzen Sichuan und Yunnan umgezogen, um saisonal von der reichlich vorhandenen billigen Elektrizität aus Wasserkraft zu profitieren. Zum Ende der Regenzeit seien sie dann in Gebiete mit billiger Kohleenergie wie Xinjiang und die Innere Mongolei gewandert, so die Studienautoren.
Chinas Wasserstoff fehlt im neuen Mix
Zu Jahresbeginn 2021 waren rund 44 Prozent der Bitcoin-Miner in China ansässig. Nachdem die chinesische Regierung im Juni das Mining praktisch verboten hatten, war es zu einer Massenflucht aus dem Land gekommen. Die spielte sich in rasanter Geschwindigkeit ab. Schon im August letzten Jahres hatte sich ein Viertel des gesamten Minings nach Kasachstan verlagert, weitere 15 Prozent entfielen auf die USA und neun Prozent auf Russland.
Das erweise sich nun als problematisch, so die Forschenden, denn die Elektrizität in diesen Ländern habe deutlich höhere Klimaauswirkungen, als es im Energiemix Chinas der Fall gewesen sei. So lasse sich feststellen, dass sich der Anteil der Wasserkraft am Energiemix von Bitcoin im Zuge der Abwanderung von 33 Prozent auf 17 Prozent reduziert habe. Damit einher gehe ein genereller Rückgang des Anteils der erneuerbaren Energien von 42 auf 25 Prozent, während sich der Anteil des Erdgases von 15 auf 31 Prozent erhöht habe.
CO₂-Fußabdruck deutlich gewachsen
Auf den ersten Blick scheint es erstaunlich, dass der Anteil verstromter Kohle sogar von 39 auf 30 Prozent gesunken war, was sich aber nicht als Vorteil herausgestellt habe. Denn bei der in Kasachstan verbrannten Kohle handele es sich um „viel schmutzigere Steinkohle“. Zudem seien die kasachischen Kraftwerke die ineffizientesten ihrer Art.
Insgesamt soll der CO₂-Fußabdruck des Bitcoin-Netzwerks um 17 Prozent gewachsen sein. In absoluten Zahlen betrachtet, produziere das Netzwerk jetzt 65 Megatonnen Kohlendioxid pro Jahr produziert. Das entspreche ungefähr 0,2 Prozent der globalen Emissionen und übersteige die Emissionen eines Staates in der Größe von Griechenland.
Die Ergebnisse kommen zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Die Vorbehalte gegenüber Kryptowährungen waren schon bisher schwerwiegend. Der Ukrainekonflikt macht deutlich, dass eine Energiewende eher schneller als langsamer erfolgen muss. Dabei hatte sich der Bitcoin vor dem chinesischen Crackdown noch auf dem richtigen Weg befunden.
Kryptowährungen müssen klimafreundlicher werden
Die Schätzungen für den Anteil erneuerbarer Energien an der für Bitcoin-Transaktionen benötigten Elektrizität reichten von 39 Prozent, die das Cambridge Centre for Alternative Finance angab, bis zu 73 Prozent, die die digitale Vermögensverwaltungsfirma Coinshares nannte. Jetzt – spätestens im Angesicht des Ukraine-Konflikts – stellt sich die Frage, welche Energienutzung wir für die Zukunft priorisieren müssen. Politische Vertreterinnen und Vertreter in nicht wenigen Länder sehen das Mining von Kryptowährungen eher deutlich hinter dem Heizen von Wohnungen.
Ein weiterer besorgniserregender Trend, auf den die Autoren hinweisen, ist die Wiederbelebung stillgelegter Kraftwerke für fossile Brennstoffe in den USA. Viele dieser nicht mehr wirtschaftlich zu betreibenden Kraftwerke waren durch den Betrieb von Kryptomining zu neuem Leben erweckt worden. So wurde etwa ein dem Untergang geweihtes Kohlekraftwerk in Montana, das ursprünglich 2018 geschlossen werden sollte, von der Bitcoin-Mining-Firma Marathon übernommen. Auch in Kanada finden sich zuhauf kleine Minianlagen, die auf stillgelegten Gasfeldern deren Reste abfackeln. Selbst wenn Miner nicht müde werden zu betonen, dass so die ohnehin umweltschädliche Verbrennung wenigstens noch einem Zweck zugeführt würde – eine Belastung bleibt es.
Mmhh. Und damit ist Bitcoin mit seinen 0.05% Anteil am Stromverbrauch noch immer weniger dreckig und viel effizienter als der Verbrennungsmotor.