Die beiden E-Bike-Unternehmen Cowboy und Vanmoof sind sich in Teilen sehr ähnlich. Beide bieten vernetzte Pedelecs an und haben für den Aufbau ihrer Unternehmen zig Millionen an Venture-Captial aufgenommen. Zudem schreiben, Pardon, schrieben beide bislang nur rote Zahlen.
Wenngleich das belgische Startup ähnliche Produkte anbietet wie Vanmoof, ist Cowboy sicher, in Kürze in die Gewinnzone zu kommen. Gegenüber The Verge erklärt Cowboy-CEO Adrien Roose, dass der E-Bike-Hersteller trotz aller Ähnlichkeiten auf einem sichereren Fundament stehe.
Roose: Cowboy ist anders als Vanmoof
Was die Ähnlichkeiten angeht: Beide Unternehmen haben in den letzten Jahren Millionen an Investorengeldern aufgenommen – Vanmoof um die 190 Millionen US-Dollar, Cowboy knapp 150 Millionen Dollar (Quelle: Crunchbase). Beide verzeichnen während der Scale-up-Phasen massive Verluste. Zudem verkaufen beide Unternehmen ihre hochvernetzten E-Bikes mit Smartphone-Anbindung im Direktvertrieb. Ferner mussten beide Hersteller Anfang 2023 zusätzliche Finanzmittel beschaffen, um unvorhergesehene operative Herausforderungen auf dem E-Bike-Markt zu bewältigen. Eine der Ursachen war der sich nach der Corona-Pandemie abgekühlte Fahrradmarkt.
„Cowboy befindet sich in einer ganz anderen Lage als Vanmoof“
Weitere Parallelen sind etwa die Einführungen günstigerer Modelle, während die Preise der Topmodelle angehoben wurden. Vanmoof hatte zuletzt im Mai das S4 (Test) und X4 für 2.200 Euro, Cowboy erst vor wenigen Tagen die Core-Modelle, die ab knapp 2.500 Euro kosten, eingeführt. Bei diesen handelt es sich um E-Bikes mit Kette- statt Carbonrahmenantrieb und einigen weiteren Unterschieden.
Trotz der teils frappierenden Ähnlichkeiten sagt Cowboy-CEO gegenüber The Verge überzeugt: „Cowboy befindet sich in einer ganz anderen Lage als Vanmoof.“
„Unsere wichtigsten Stakeholder, einschließlich unserer Investoren, Lieferketten- und Vertriebspartner und Mitarbeiter, unterstützen den Geschäftsplan, den wir umsetzen, voll und ganz.“
Zudem ergänzt Roose, das Unternehmen sei auf dem Weg zur Profitabilität, nachdem das Unternehmen in den letzten Jahren EBITDA-Verluste von rund 21 Millionen Euro verzeichnet hatte. Vanmoof war hingegen nicht in Richtung schwarzer Zahlen: Allein in den letzten beiden Jahren hatten die Amsterdamer jeweils beinahe 80 Millionen Euro Minus.
Gegenüber The Verge sagte Roose weiter: „Wir sind auf dem besten Weg, unser Ziel der Rentabilität im laufenden Quartal und im nächsten Jahr auf Ganzjahresbasis zu erreichen.“ Wie der Verge-Autor Thomas Ricker einschränkend ergänzt, könnte die Rentabilität bei einem Euro liegen, allerdings sei selbst dies für das nur sechs Jahre alte Unternehmen eine Premiere.
Roose führte gegenüber Ricker weitere Differenzen zwischen Cowboy und Vanmoof auf: Im Unterschied zu Vanmoof, die ihre E-Bikes in Taiwan komplett fertigen und per Container unter anderem nach Europa verschiffen lassen, erfolgt der Zusammenbau der Cowboy-Bikes in Ungarn.
Gegenüber t3n erklärte Cowboy-Mitgründer Tanguy Goretti, B-Corp-zertifiziert worden zu sein und im Zuge dessen die Lieferkette erheblich verändert zu haben. Cowboy sei auf „Nearshoring“ umgestiegen und habe die Anzahl der Zulieferer sowie die Fertigung in Europa ausgeweitet. Das resultiere in kürzeren Lieferzeiten für Kund:innen und der Reduzierung der Kohlenstoffemissionen.
Laut Goretti stammen mittlerweile 50 Prozent der Komponenten aus Europa und die Bikes werden in Ungarn zusammengebaut. Langfristig soll der Umfang der Komponenten aus Asien weiter reduziert werden. Auch für die Rahmenfertigung sehe man sich in Europa um.
Cowboy will kein reiner Direktversender mehr sein
Ferner hat Cowboy sich von seiner Direktversenderstrategie verabschiedet und verkauft die Fahrräder sukzessive auch über ein Netzwerk unabhängiger Fahrrad- und Einzelhändler. Über dieses Netzwerk erfolgt auch der Kundendienst. Vanmoof hatte zwar ähnliches vor, bis zuletzt erfolgte der Verkauf aber überwiegend online oder über die etwa 50 Retail-Stores in wenigen Städten.
Laut Cowboy arbeitet das Unternehmen derzeit mit 100 unabhängigen Fahrradgeschäften zusammen; weitere 200 sollen in diesem Jahr in Europa laut Plan folgen.
Roose erklärt ferner, dass die für den 1. August 2023 geplante Preiserhöhung notwendig ist, um „gesund zu bleiben“. Außerdem soll so sichergestellt werden, dass sowohl Cowboy als auch das neue Netzwerk unabhängiger Fahrradgeschäfte angemessene Gewinnspannen erzielen könnten.
Dass Cowboy die Preise entgegen dem Trend der Preisreduktionen auf dem Fahrradmarkt anhebt, erklärte Cowboy-Mitgründer Tanguy Goretti im Gespräch mit t3n: Er sagte, dass andere Fahrradhersteller ihre Lagerhallen prall gefüllt hätten und diese durch Preisreduktionen leeren wollten. Cowboy habe seinen Lagerbestand hingegen im Vergleich zum Vorjahr um 50 Prozent senken können, sagte passend dazu Roos gegenüber The Verge.
Darüber hinaus gab Roose weitere Kennzahlen, die eine gewisse operative Gesundheit des Unternehmens belegen sollen: Roose zufolge sei die Betriebskapitalposition stabil und das Unternehmen erziele eine Bruttomarge von 40 Prozent bei den neuen Fahrrädern. Weiter seien die Produktionskosten um 20 Prozent gesunken.
Dass Vanmoof in die Insolvenz geschlittert ist, mag für Cowboy eine Chance des Wachstums sein, dennoch zeigte Goretti auf Linkedin Anteilnahme und lobte das Unternehmen für seine Errungenschaften. „Sie haben dazu beigetragen, das Gesicht der Branche und die Wahrnehmung von E-Bikes zu verändern, seit sie vor 14 Jahren (!) damit begonnen haben. Sie haben es cool gemacht, als es noch ein Produkt war, das hauptsächlich von unseren Großeltern benutzt wurde.“
Für Vanmoof-Fahrer:innen hat Cowboy außerdem eine App namens Bikey entwickelt, mit der sie ihre E-Bikes auch ohne Cloud-Anbindung nutzen können, falls Vanmoof die eigenen Server im Zuge der Insolvenz abschalten muss.