Folgt auf die GAFA-Ökonomie der Tech-Welt die FAANG-Ära?
Statt vom GAFA-Quartett spricht die internationale Wirtschaftspresse immer häufiger von FAANG – eine Abkürzung für Facebook, Amazon, Apple, Netflix und Google. Bei FAANG ist im Vergleich zu GAFA also Netflix neu mit dabei, während Microsoft es wieder nicht in den Tech-Olymp einer Adelung durch das Akronym geschafft hat.
FAANG: Rasanter Aufstieg von Netflix
Tatsächlich ist Netflix keine neue Firma: Das Unternehmen begann 1997 mit dem Versenden von DVDs per Post – ein Geschäftsmodell, was es heute selbst überflüssig gemacht hat. Doch der Aufstieg des Onlinestreaming-Dienstes ist kometenhaft– was sich auch im Aktienkurs widerspiegelt: Von rund 180 US-Dollar vor einem Jahr ist die Aktie auf über 400 Dollar Anfang Juli geklettert. Inzwischen hat sie wieder etwas nachgegeben und steht bei rund 350 Dollar.
Und Netflix setzt konsequent wie kein anderer Online-Player auf die Erstellung eigener, hochwertiger Inhalte. Eine Strategie, die unter anderem von Amazon und etwas halbherziger auch Apple aufgegriffen wurde. Laut Economist wird Netflix in diesem Jahr 12 bis 13 Milliarden Dollar in die Erstellung von Inhalten stecken – vergangenes Jahr waren es drei bis vier Milliarden. 2018 wurde Netflix für 112 Emmys nominiert, ein neuer Rekord.
Damit hat Netflix zuletzt rund 125 Millionen Haushalte weltweit überzeugt – und wohl kein anderer Tech-Konzern ist weltweit in so vielen Ländern aktiv wie Netflix. Wer die Hilfe-Seite von Netflix aufruft, entdeckt vier graue Länder auf einer Weltkarte, in denen das Unternehmen nicht aktiv ist: China, die Krim, Nordkorea und Syrien. Bei den drei Letztgenannten liegt das an US-Sanktionen, bei China an Rechtefragen. Für ein Unternehmen, zu dem der komplizierte Umgang mit länderübergreifenden Ausstrahlungsrechten von Serien und Filmen zum Kerngeschäft gehört, ist das mehr als respektabel.
Warum Netflix nicht in den Tech-Akronym-Olymp gehört
Hat sich Netflix damit den Platz im Tech-Akronym-Olymp verdient, sollte aus GAFA also FAANG werden? Schaut man sich den Börsenwert von Netflix an, steht der Online-Video-Anbieter höchstens am Fuße des Tech-Olymps. Und selbst Facebook hat – nach der Abstrafung durch Aktionäre nach den jüngsten Quartalszahlen – höchstens die Mittelstation des Berges erreicht.
Apple hat inzwischen als weltweit erstes börsennotiertes Unternehmen die Bewertung von einer Billion Dollar geknackt. Aber auch Amazon, Google-Mutter Alphabet und – Achtung – das alte IT-Schwergewicht Microsoft sind mit ihren Bewertungen nicht besonders weit entfernt. Amazon kommt mit einer Bewertung von rund 895 Milliarden Dollar auf Platz zwei, dann folgt Alphabet mit 852 Milliarden und Microsoft mit 826 Milliarden.
Facebook ist abgeschlagen auf Platz vier mit zuletzt nur noch rund 500 Milliarden Dollar – und Netflix kommt sogar nur auf 150 Milliarden. Netflix also mit einem neuen Akronym zu adeln, während Microsoft auch bei FAANG wieder unberücksichtigt bleibt, scheint daher verfrüht – und das liegt nicht nur an den auseinanderklaffenden Börsenbewertungen.
Das Akronym GAFA spiegelte auch immer die Macht der vier Player als Plattformen wider. Diese Macht ist bei Netflix begrenzt. Die Firma Netflix besteht aus einem Produkt, Konsumenten können es abonnieren oder nicht. Es gibt kein Netflix-Ökosystem über die Filme und Serien, die man dort schauen kann, hinaus. Die Macht der Plattform Netflix kann das Unternehmen nicht nutzen, um andere Dienste oder Produkte zu fördern – es ist kein Betriebssystem, kein App-Store und auch keine Plattform für Händler, bei denen Netflix Preise und Bedingungen bestimmen kann.
FAANG und MAGA: Wo bleibt Microsoft?
Sinnvoller erscheint mir da schon die Ablösung von GAFA durch ein anderes Akronym – auch wenn es von einem Satire-Account stammt: „Verpiss dich Zuck. Jetzt ist die Zeit von $MSFT $AAPL $GOOG $AMZN“, hieß es dort nach den jüngsten, schlecht ausgefallenen Facebook-Quartalszahlen. Die Abkürzungen stehen für die Kürzel der Aktien von Microsoft, Apple, Google-Mutter Alphabet und Amazon.
Und tatsächlich ist fraglich, warum Microsoft von beiden gängigen Tech-Akronymen ausgeschlossen wurde – also weder Bestandteil von GAFA noch von FAANG ist. In der Zeit, in der GAFA als Begriff entstand, galt Microsoft tatsächlich als abgemeldet: Der Windows- und Office-Konzern hatte gerade den Trend zu modernen Smartphones verschlafen. Die PC-Branche war im Niedergang und damit auch die Bedeutung des Quasi-Monopols von Windows und Office, den beiden Hauptprodukten des Konzerns.
Doch Microsoft hat mit seiner konsequenten Strategie, voll auf Cloud-Computing und Business-Kunden zu setzen – dafür aber mehr Offenheit dafür zu zeigen, auf welchen Systemen die eigene Software läuft – längst einen smarten Weg gefunden, mit dem Wandel der Tech-Welt umzugehen. Mit Office 365 und den Azure-Cloud-Diensten ist Microsoft wieder ein gewichtiger Plattform-Player mit lukrativem Geschäftsmodell geworden. Auch der PC samt Windows-Betriebssystem ist trotz anderslautender Gerüchte nicht tot und wird auch nicht sterben – im Gegenteil, inzwischen wächst der PC-Markt wieder.
Das von dem Twitter-Nutzer vorgeschlagene Akronym für diese Welt, bei dem er Facebook durch Microsoft ersetzt, wird sich aber vermutlich trotzdem nicht durchsetzen: MAGA. Das lässt sich zwar schön aussprechen, ist aber schon besetzt. Es ist der Wahlkampfslogan von US-Präsident Donald Trump und steht für „Make America great again.“
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Ich selber streame nur mehr und sehe gar kein normales TV mehr.
Amazon Video, Netflix oder Sky Ticket…. wobei ich inzwischen Netflix nicht mehr benutze, … da hat im Moment Sky Ticket klar die Nase vorne.
Ich bin kein Fan oder Kunde von Netflix an durchaus in der Lage bei Netflix extrem viel Potential zu sehen. Sie können über eine Präsenz auf jedem Endgerät jeden mit medialen Inhalten erreichen. Das macht sie interessant für Werbung und für Vertrieb. Hier fehlt also „nur“ ein Modell, wie man Inhalte zwischen Anbietern und Konsumenten vermittelt. Sorry aber das ist analog zu jeder Plattform, die am Anfang nur eines war und jetzt vieles ist.
Wir werden sehen, aber auch wenn sie nicht zu den großen Playern gehören, so braucht es keine Phantasie, um deren Potential einschätzen zu können.