Die Wissenschaft ist überrascht: Windkraftwerke auf dem Mars könnten theoretisch genug Energie liefern, um eine Basis auf dem roten Planeten das ganze Jahr mit Strom zu versorgen. Das hat eine Analyse des Nasa Ames Forschungszentrum ergeben, die bei Nature erschienen ist.
Weil die Winde auf dem Mars sehr viel schwächer als hierzulande ausfallen, war man bisher vom Gegenteil ausgegangen. Die neuen Erkenntnisse ermöglichen die Erforschung der Pol-Gegenden, die ausschließlich mit Solarenergie unmöglich wäre.
Mit einem Klimamodell, das eigentlich für die Erde entwickelt worden ist, haben die Wissenschaftler:innen die besten Stellplätze ausfindig gemacht. Es gibt jedoch auch noch ungelöste Probleme.
Analyse pro statt contra Wind
Bisher haben die Astronomen Marswinde in erster Linie ermittelt, um herauszufinden, wann und wo möglichst windarme Landezonen für ihre Raumschiffe bestehen.
Das Team um Victoria Hartwick hat nun ein umfangreiches Bild der Windpotenziale auf dem Planeten gezeichnet. Dazu übertrug es ein Klimamodell für die Erde auf den Mars und fütterte es mit detaillierten Daten wie Wärmeenergie, Staubgehalt, Sonneneinstrahlung und hochauflösenden Karten der Missionen Mars Global Surveyor und Viking.
Eine Mission = 6 Menschen sind 500 Tage auf dem Mars
Die Forscher:innen verglichen für ihre Arbeit den Energiebedarf einer Modellmission mit dem Ertrag von Windturbinen berechnet mithilfe der gewonnenen Daten.
Dafür nahmen sie auf der Verbrauchsseite eine Energieversorgung von sechs Menschen für 500 Tage an. Eine vorhandene Studie hatte den Verbrauch unter diesen Voraussetzungen bereits ermittelt. Auf der anderen Seite berechnete die Gruppe den theoretischen Ertrag von vier kommerziellen Windturbinen in unterschiedlichen Größen.
Wenn Stürme die Sonne verdunkeln
Dabei kam heraus, dass Windkraftanlagen einen entscheidenden Anteil an der Energiegewinnung haben können. Der Haken: Sie müssen an der richtigen Stelle stehen. Das beste Potenzial besitzen Standorte an Kraterrändern und im vulkanischen Hochland.
Solarkollektoren, die nachts und bei schweren Staubstürmen keine oder nur kaum Energie erzeugen, können so sinnvoll ergänzt oder sogar komplett ersetzt werden.
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„Das war eines der unglaublich überraschenden Ergebnisse unserer Studie, da es nicht das war, was wir erwartet hatten, als wir es zum ersten Mal untersuchten“, erklärte Hartwick dem Magazin New Scientist.
Neue Regionen erscheinen plötzlich zugänglich
Mit dieser Entdeckung erreicht die Wissenschaft eine neue Freiheit: Sie kann sich nun auch Regionen ohne zuverlässige Sonneneinstrahlung widmen. Hartwick sagt: „Mit Windkraft in Verbindung mit Solarenergie sind einige wirklich interessante Bereiche zugänglich.“
Nun müssen Ingenieur:innen erforschen, welche Windkraftwerke auf dem Mars Sinn ergeben. Hartwick bringt leichte Ballon-Turbinen ins Gespräch, denn der Transport von schwerem Gerät von der Erde stellt keine sinnvolle Option dar. Denkbar wären auch Drachenkraftwerke. Sie sagt: „Wir sind gespannt, was sich die Ingenieurgemeinschaft einfallen lässt.“