Das Monatsende rückt näher und das Girokonto zeigt ein fettes Minus: Im Juni 2024 war das bei jedem zehnten Menschen über 18 Jahre in Deutschland der Fall. Laut einer Smava-Umfrage fehlten bei 3,1 Prozent dann sogar mehr als 2.000 Euro.
Den Grund für Schulden verstehen
Nicht jeder, bei dem es am Monatsende knapp wird, ist auch überschuldet. Davon spricht man erst, wenn ein Haushalt nicht mehr in der Lage ist, alle laufenden Ausgaben und Verbindlichkeiten mit dem monatlich verfügbaren Einkommen zu bedienen – selbst wenn auf alle unnötigen Ausgaben verzichtet wird.
Am häufigsten ist Arbeitslosigkeit, gefolgt von einer Krankheit oder einem Unfall, der Grund für die Verschuldung. Erst an vierter Stelle kommt laut dem Schuldneratlas 2023 die sogenannte „unwirtschaftliche Haushaltsführung“. Menschen, die im Jahr 2023 die Hilfe einer Schuldnerberatungsstelle in Anspruch nahmen, schuldeten im Schnitt rund 31.700 Euro.
Nicht immer sind Konsumschulden der Grund, warum ein Mensch ins Minus rutscht. Der Schuldneratlas unterscheidet acht Typen von Schuldnern nach Überschuldungsintensität sowie der Ursache für die Schulden: vom Notfallüberschuldeten über den Konsumüberschuldeten bis zum Überschuldungsnaiven, der die Augen vor seiner Situation verschließt
So kannst du Schulden vermeiden
Um Schulden loszuwerden, solltest du dir daher auch klarmachen, woher dein Schuldenproblem kommt – denn nur dann vermeidest du, immer wieder in die Schuldenfalle zu tappen. Für die einen kann es beispielsweise sinnvoll sein, ihr Konsumverhalten kritisch zu hinterfragen, während andere dringend über den Aufbau eines Notgroschens nachdenken sollten, um bei unerwarteten Ausgaben nicht wieder Geldprobleme zu bekommen.
Die folgenden Tipps können die ganz grundsätzlich helfen, erst gar nicht in die Schuldenfalle zu tappen:
- Den finanziellen Überblick behalten: Deine finanzielle Situation kannst du nur im Auge behalten, wenn du genau über deine Ein- und Ausgaben Bescheid weißt. Um dir einen Überblick zu verschaffen, solltest du ein Haushaltsbuch führen. Dafür gibt es auch gute Apps. Am besten setzt du dir dabei ein monatliches Budget, in dem du alle Fixkosten und variablen Ausgaben etwa für Freizeitaktivitäten oder Mobilität erfasst. Wird es finanziell eng, kannst du so schneller erkennen, an welcher Stelle du sparen kannst. Auf Tiktok trendet auch der Sparbudget-Tipp des „Cash Stuffing“: Dabei steckst du am Monatsanfang Bargeld in Briefumschläge, die dann für die einzelnen Budgetposten vorgesehen sind.
- Fixkosten immer zuerst bezahlen: Laufende Kosten wie Miete und Strom solltest du immer zuerst zahlen. Diese Routine hilft dabei, die Kostenseite stärker zu kontrollieren, wenn es bei dir eng wird. Dann solltest du zuerst bei den variablen Kosten sparen.
- Dispokredit meiden: Du solltest unbedingt vermeiden, den Dispokredit deines Girokontos zu nutzen – denn bei dem werden besonders hohe Zinsen fällig, aktuell bei manchen Banken bis zu 17 Prozent: im Schnitt zahlen Bankkund:innen 12,31 Prozent, wenn das Konto in den Dispo rutscht. Zum Vergleich: Einen Ratenkredit kannst du aktuell schon mit einem Zinssatz von 5,2 Prozent bekommen – wenn du die beste Kreditwürdigkeit vorweisen kannst.
- EC- und Kreditkarteneinsatz hinterfragen: Gehst du oft shoppen und verlierst dabei den Überblick? Dann kann es sinnvoll sein, die EC- und/oder Kreditkarte zu Hause zu lassen und wie beim „Cash-Stuffing“ immer nur so viel Bargeld mitzunehmen, wie du auch ausgeben willst. So fällt es leichter, das Budget, das du dir selber gesetzt hast, auch einzuhalten.
- Nicht auf Pump einkaufen: Banken und Finanzberater machen das Schulden machen an vielen Stellen leicht. So können größere Anschaffungen etwa auf Pump mit einem Verbraucherkredit erworben werden, der direkt beim Kauf abgeschlossen wird. Anbieter wie Klarna oder Paypal bieten mit der Funktion „Später bezahlen“ (Buy Now Pay Later oder BNPL) Kleinstkredite fürs Shopping. Auch sogenannte Revolving-Kreditkarte bieten eine Form des Ratenkredits: Hier zahlst du zunächst nur einen Teil, während der Restbetrag bis zur nächsten Abrechnungsperiode gestundet wird. Wenn es dir schwerfällt, den Überblick über deine Ausgaben zu behalten, dann lass lieber die Finger von solchen Angeboten.
- Notgroschen aufbauen: Manche Menschen schlittern in Schulden, wenn etwas Unvorhergesehenes passiert, etwa bei plötzlicher Arbeitslosigkeit. Aber auch für so eine Situation kannst du dich wappnen, indem du dir einen Notgroschen aufbaust. Dabei solltest du mindestens zwei bis drei Netto-Monatsgehälter auf die Seite legen.
- Risiken absichern: Schulden können auch die Folge eines Schicksalsschlags sein. Daher solltest du die wichtigsten existenzgefährdenden Risiken absichern, indem du etwa eine private Haftpflicht-, Hausrat- und eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließt.
Wenn du Schulden hast, ist es übrigens ganz normal, wenn dir das Thema aufs Gemüt schlägt. Nur die Wenigsten gehen mit ihren Schulden so offensiv um, wie die Tiktoker, die unter dem Hashtag #KlarnaSchulden ihre zu hohen Konsumausgaben feiern. Vielen schlagen die Geldsorgen sogar auf die Gesundheit. In einer YouGov-Umfrage im Auftrag des Fintechs Anyfin gaben 55 Prozent der Befragten an, dass sich ihre finanzielle Lage negativ auf ihre Gesundheit auswirke, elf Prozent schämen sich für ihre finanzielle Situation.
4 Schritte aus der Schuldenfalle
Dein erstes Ziel sollte immer sein, die Schulden so schnell wie möglich zu begleichen, ohne dass sich ein Inkassounternehmen zwischenschaltet, das für das Forderungsmanagement hohe Gebühren kassiert.
- Verschaffe dir einen Überblick: Auch beim Schuldenabbau brauchst du als erstes eine Bestandsaufnahme deiner finanziellen Situation. Wie hoch sind deine Schulden, wo gibt es schon Mahnungen oder vielleicht sogar Inkassoforderungen? Mache eine Liste, die alle wesentlichen Informationen enthält: Beginne damit, dass du alle Gläubiger notierst, dann schreibe dazu die Höhe deiner Restschuld auf sowie den Zinssatz, der auf die Schulden angewendet wird, die monatlich fälligen Zahlungen und die Fälligkeitstermine.
- Lege ein Sparbudget fest: Verschaffe dir einen Überblick über deine Einnahmen und Ausgaben. Gibt es auf dieser Liste Ausgaben, auf die du verzichten kannst, sodass mehr Geld frei wird, um deine Schulden zu tilgen? Oder gibt es vielleicht eine Möglichkeit, deine Einnahmen zu erhöhen? Je mehr Geld in den Schuldenabbau fließen kann, desto besser.
- Erstelle einen Tilgungsplan: Nachdem du weißt, wie viel Geld du zum Schuldenabbau zur Verfügung hast, gehe an deine Schuldenliste heran und verteile die verfügbaren Mittel auf die einzelnen Gläubiger. Dabei solltest du sie auch über deine Situation informieren und beispielsweise das „Abstottern“ der Schulden in Raten anbieten oder über einen teilweisen Schuldenerlass verhandeln. Außerdem ist es wichtig, die Schulden zuerst zu bezahlen, die noch nicht bei einem Inkassobüro oder Rechtsanwalt gelandet sind: So vermeidest du weitere Mahngebühren oder andere Kosten. Um die Gesamtlast der Schulden möglichst schnell zu verringern, empfiehlt es sich, die Schulden mit dem höchsten Zinssatz zuerst abzuzahlen, während du für die restlichen Schulden nur Mindestzahlungen leistest.
- Umschuldung erwägen: In manchen Situationen kann es sinnvoll sein, eine Umschuldung in Erwägung zu ziehen, beispielsweise, wenn du einen Ratenkredit aufnimmst, um nicht in den deutlich teureren Dispokredit zu rutschen. Oder wenn du mehrere Kredite oder offene Rechnungen mit einem neuen Kredit tilgst, der vielleicht einen niedrigeren Zins oder eine längere Laufzeit hat. Zudem vereinfacht es deine Schuldenverwaltung, wenn du nur noch einen Kredit abbezahlst, statt viele kleine Rückzahlungen zu leisten.
Ist dein Schuldenberg zu groß, können diese Tipps vielleicht nicht ausreichen, um das Problem in den Griff zu bekommen. Dann solltest du professionelle Hilfe suchen. Gemeinnützige Schuldnerberatungen beraten dich kostenlos und können auch dabei helfen, wenn es dir allein schwerfällt, einen sinnvollen Schuldenplan zu erstellen oder mit Gläubigern zu verhandeln.
Wenn das alles nicht ausreicht, bleibt als letzter Ausweg noch die Privatinsolvenz, auch Verbraucherinsolvenz genannt, über die du unter bestimmten Bedingungen eine Restschuldbefreiung erreichen kannst. Dann schaltet sich ein Insolvenzverwalter ein, der dein verwertbares Vermögen pfändet und Gläubiger ausbezahlt, während du dich in der sogenannten Wohlverhaltensphase befindest.