Steuerbot: Wie das Startup mit der Gratis-Steuererklärung trotzdem Geld verdienen will
Als die Steuererklärungs-App Steuerbot damit Werbung machte, dass man dauerhaft eine kostenlose Steuererklärung anbieten wolle, stellten viele die Frage nach dem dahinterstehenden Erlösmodell. Jetzt wird klar, dass eine E-Commerce-Lösung das Geschäftsmodell tragen soll – und die wurde nun, zwei Jahre nach dem Start, vorgestellt. Wie uns Jochen Schöllig, Gründer des inzwischen zum Haufe-Konzern gehörenden Unternehmens, erklärt, können Nutzer der kostenlosen Steuer-App mit ihrer Steuerrückerstattung direkt in einem app-eigenen Shop einkaufen.
Die Idee dahinter: Der Kunde, der seine Steuererklärung gemacht hat, freut sich über den quasi „gewonnenen“ oder frei gewordenen Betrag, den er vom Finanzamt zu erwarten hat und gönnt sich davon gleich etwas. Das verändert die Sicht auf die Steuererklärung: Was früher als anstrengend und undurchsichtig wahrgenommen wurde, ist jetzt ein positives Erlebnis. Zwischenfinanziert wird all das bisher noch durch das Unternehmen selbst, mittelfristig wohl aber durch einen Dritten.
Bei Steuerbot kann der Kunde gleich auf die erwartete Erstattung zugreifen
Gut möglich, dass die Rechnung des Stuttgarter Startups aufgeht. Man habe mehrere Tausend Nutzer, die täglich ihre Steuererklärung mithilfe der App erledigen, die „mehr soziale Gerechtigkeit in das deutsche Steuersystem bringen“ solle, so das vollmundige Versprechen des Unternehmens. Schöllig rechnet mit einer „gut sechsstelligen Zahl“ an Kunden, die in diesem Jahr ihre Steuererklärung mit der App erledigen werden. Wenn nur ein Teil der Kunden im eigenen Shop einkaufen geht, dürfte das einen Umsatz (mit durchaus erklecklichen Warenkörben) bringen.
Denn im Schnitt bringt jede Steuererklärung rund 1.000 Euro Erstattung, wie verschiedene ähnliche Berechnungen diverser Anbieter von Steuererklärungslösungen ergeben haben. Bei Steuerbot ist der Maximalbetrag, der den Kunden derzeit für den Einkauf im Shop vorgestreckt wird, auf 500 Euro gedeckelt. Erst wenn das Geld vom Finanzamt kommt, vielmehr ein paar Tage, nachdem das Antwort-XML des Finanzamts heruntergeladen wurde, wird das Geld vom Kunden eingefordert.
Stimmt die dann erzielte Erstattung nicht mit dem vorher errechneten Ergebnis überein, muss der Kunde natürlich dennoch den vollen Betrag zahlen. Diese Fälle seien aber, so Schöllig besonders interessant, weil man so herausfinden könne, wo der Fehler lag: am Programm (meist nicht), an fehlerhaften Eingaben des Nutzers (die sollen zumindest teilweise via Plausibilitätskontrolle unterbunden werden) oder an Punkten, die seitens des Finanzamts nicht anerkannt wurden (dann kann der Nutzer gegebenenfalls Einspruch einlegen).
Von Amazon-Gutschein bis Apple Airpods
Die im Shop angebotenen Artikel bekommt der Kunde nach Einreichen der Steuererklärung zu sehen. Im Shop der App finden Nutzer neben angesagten Gadgets wie den neuen Apple Airpods auch viele Gutscheine von Amazon bis Zalando. Dabei entsteht kein Kaufzwang. Findet ein Nutzer nichts Passendes, kann er einfach auf die Rückerstattung vom Finanzamt warten. Das Sortiment der angebotenen Produkte soll in Zukunft stetig wachsen, erklärt Schöllig.
Durch das neue Angebot wolle man, so der Gründer, den Markt der Apps mal wieder etwas aufmischen. Die Haufe-Gruppe, die das Startup im Herbst 2018 übernommen hat, rundet damit ihr Portfolio in Sachen Steuererklärung ab. Während man bei Steuerbot vor allem jüngere und technikaffine Kunden anspricht, die teilweise zum ersten Mal ihre Steuererklärung machen, zielt die App Smartsteuer, eine Haufe-Tochter, zu der Steuerbot gehört, auf ein breiteres Publikum.
Klar ist bereits heute, dass die Steuererklärung in der Cloud von immer mehr Kunden genutzt wird – laut Schöllig auch in Sachen Privatsphäre und Datenschutz kein Widerspruch. Langfristig rechnet Schöllig damit, dass sich durch das Geschäftsmodell bei den Kunden die Idee durchsetzen werde, dass eine Steuererklärung kostenlos sein muss. „Der Shop ist ein Meilenstein für die Vision von Steuerbot: Unabhängig von Einkommen, Kenntnisstand und Lebenssituation sollte jeder die Möglichkeit haben, eine Steuererklärung zu erstellen und das Maximum für sich rauszuholen.“
Das könnte dich auch interessieren:
- Steuern sparen: So senkst du auf den letzten Drücker deine Steuerlast
- Steuererklärung: Mit diesen Apps und Cloud-Diensten gibt’s Geld vom Finanzamt zurück
- GoBD: Warum Unternehmen und Freiberufler hohe Steuernachforderungen riskieren