Mehr als zehn Millionen Nutzer:innen in nur acht Stunden: Threads, das neue Netzwerk von Meta, explodiert regelrecht vom Start weg. Und es fühlt sich auch ab Sekunde eins entsprechend voll an. Denn Meta hat einen riesigen Vorteil gegenüber anderen Twitter-Alternativen, doch dazu gleich mehr.
Aus der EU? Du darfst hier nicht rein!
Wer Threads aktuell in Deutschland ausprobieren möchte, muss ein paar Umwege in Kauf nehmen. Hierzulande wird bei iOS eine amerikanische Apple ID benötigt und bei Android führt der Weg über eine APK-Datei. Denn offiziell ist die App zwar in mehr als 100 Ländern verfügbar, die Länder der Europäischen Union und damit auch Deutschland zählen aber nicht dazu. Der Grund hierfür dürfte darin liegen, dass die EU den Datenaustausch zwischen Apps beschränken möchte, was besonders Meta mit Facebook, Instagram, Whatsapp und nun eben auch Threads empfindlich treffen könnte.
Das kommt einem bekannt vor
Hat man es trotz EU-Beschränkung geschafft, die Threads-App zu installieren, begrüßt einen direkt die Möglichkeit, sich mit einem vorhandenen Instagram-Account anzumelden. Ist die Instagram-App bereits installiert, werden sogar Benutzername und Passwort automatisch übernommen, so war es zumindest bei unserer ersten Anmeldung auf dem iPhone. Und dann kommt der große Trumpf von Meta ins Spiel, denn Nutzer:innen können nicht nur alle Profilangaben aus ihrem Instagram-Profil übernehmen, sie können auch allen Menschen automatisch bei Threads folgen, denen sie bereits bei Instagram folgen. Und dieser simple Trick sorgt dafür, dass sich Threads schon nach acht Stunden mit vielen bekannten Gesichtern füllt, nicht nur Journalist:innen und Promis.
Ebenfalls voll wirkt Threads, da man sich bei der Entwicklung bewusst dafür entschieden hat, den Homefeed nicht nur mit Accounts zu füllen, denen man folgt, sondern auch mit Postings, die gerade im Trend liegen. Später soll es möglich sein, dies umzustellen, zum Start soll es die Plattform aber beleben. Und das klappt.
Menüs, Layouts und Funktionen wirken ebenfalls sofort vertraut, weil sie eine Mischung aus Instagram und Twitter sind. Beiträge kann man mit einem Like versehen, man kann sie reposten und zitieren und man kann Threads erstellen. Auch Fotos und Videos sind von Beginn an verfügbar.
Was bisher noch an Features fehlt
Dass es an einigen Stellen noch hakt, ist am ersten Tag nicht verwunderlich. Der Ansturm auf das Netzwerk sorgt dafür, dass der Aktivitätenreiter oder das eigene Profil nur sehr langsam laden. Auch Benachrichtigungen funktionieren nicht immer zuverlässig. Meta bestätigt bereits, dass man bei dem Konzern zwar mit Interesse, aber nicht mit einem solchen Ansturm gerechnet habe.
In eigener Sache: Aktuell sind viele Menschen auf der Suche nach einer Twitter-Alternative. t3n ist auch auf Mastodon unter https://t3n.social/@t3n aktiv.
Und auch wichtige und beliebte Funktionen haben es noch nicht in die erste Version der App geschafft, das Bearbeiten von Beiträgen zum Beispiel oder das Teilen von Postings zwischen Instagram und Threads. Bisher gibt es keine entsprechenden Funktionen.
Auch Werbung spielt Threads übrigens bisher nicht aus. Instagram-Chef Adam Mosseri schrieb dazu in einem Thread-Beitrag, dass man erst einmal eine App schaffen wolle, die Menschen gern nutzen. Erst danach würde man sich über die Monetarisierung Gedanken machen.
Das Fediverse verspätet sich
Schon bei den ersten Gerüchten rund um die neue Meta-App vor einigen Wochen war immer wieder von einer Anbindung an das Fediverse die Rede, also die Verknüpfung mit Mastodon und Co. über das Acitvitypub-Protokoll. Meta scheint auch weiter an diesem Plan festzuhalten, was zum Beispiel der Aufbau der Nutzernamen und der Profile verdeutlicht. Zum Start fehlt das Fediverse allerdings noch. Meta verspricht, das in naher Zukunft zu ändern und dann zum Beispiel zu ermöglichen, bei Threads Accounts bei Mastodon zu folgen und andersherum.
Wann genau das passiert, wie tief die Integration von Acitivitypub dann wirklich sein wird und wie gut das Fediverse wiederum auf diesen Vorstoß reagiert, wird sich dann zeigen.
Elon Musk muss sich warm anziehen
Bis dahin fühlt sich Threads aber gerade sehr voll und belebt an. Permanent tauchen neue Accounts auf, immer wieder entdeckt man Menschen, denen man bereits in anderen Netzwerken folgt, und der Ton ist bisher sehr freundlich und euphorisch. Wie in jedem sozialen Netzwerk wird sich das bald auf ein normales Maß einpendeln, und wenn der erste Hype vorbei ist, muss sich zeigen, ob Meta mit einem erneuten Klon eines beliebten anderen Netzwerks wirklich erfolgreich ist.
Allerdings gibt es einen Punkt, der ganz klar für Meta spricht. Und das ist Elon Musk mit seinen Management-Skills und dem aktuellen Zustand von Twitter. Was Mastodon, Bluesky und Co. bisher nicht geschafft haben, könnte jetzt passieren: das Ende des blauen Vogels.