Auf Tiktok feiern Erwachsene Kinderspielzeug: Das steckt hinter dem „Miniverse“
Vielleicht ein Shake oder ein Crêpe zum Basteln? Auf Tiktok zeigen Creator:innen begeistert, wie sie Plastikkugeln auspacken und die darin enthaltenen Gerichte auspacken. Oder soll es doch lieber ein Aquarium ein?
Erwachsene basteln Kinderspielzeug
Die Kugeln gehören zum Miniverse: Mit ihnen lässt sich eine Miniwelt aufbauen, die in Puppenstuben passt. Eigentlich sind die Produkte für Kinder gedacht, jedoch begeistern sich auch Erwachsenen für sie – teilweise gibt es reine Miniverse-Accounts, auf denen Fans die Produkte präsentieren. Das ist kein Zufall: Der Miniverse-Hersteller MGA Entertainment will bewusst auch Erwachsene ansprechen.
Während Eltern für ihre Kinder vielleicht nur eine Kugel kaufen – die knapp zehn Euro je Stück kosten – zeigen Creator:innen stolz, wie sie ganze Aufsteller erwerben. Allein Content, der die Suche nach bestimmten Kugeln zeigt, bekommt teilweise über 110.000 Likes. Aber auch die Bastelvideos sind beliebt: User:innen drücken teilweise über 339.000 Mal auf das Herzchen.
Creator:innen kaufen Kugeln massenweise
Creator:innen bauen rund um das Miniverse meist mehrere Content-Pieces: Gezeigt werden der Einkauf, das Basteln und das hoffnungsvolle Suchen nach bestimmten Items. Immer wieder neue Miniverse-Kollektionen, etwa zum Valentinstag, zu Weihnachten oder auch zu Halloween, sorgen zusätzlich für stetiges Interesse.
Influencer:innen kaufen die Sachen nicht nur für sich selbst, sondern verlosen sie auch an ihre Community. Damit werden direkt die nächsten Fans gewonnen, die in die Sammelleidenschaft einsteigen sollen – neben den Bastelbegeisterten kann das auch diejenigen ansprechen, die einfach einen Trend mitmachen wollen.
MGA Entertainment nutzt bewusst Tiktok
Das passierte schon vor einem Jahr, als Harry-Potter-Figuren in Kinder Joys ein View-starkes Thema auf Instagram und Tiktok waren. Schon damals gab es auch Miniverse-Content: Kleine, süße Sachen trendeten bei Erwachsenen –MGA Entertainment hat das mit seinen Miniverse-Spielsachen erkannt und adressiert seit Sommer 2023 bewusst die „Kidults“, wie das Marketing-Magazin Ad Age schreibt.
Neben Kooperationen mit Influencer:innen treiben sie das Interesse gezielt mit einer eigenen Serie bei Tiktok. „Bite Size“ erinnert an eine Kochsendung – allerdings wird in den 9:16-Videos nicht gekocht, sondern mit Miniverse-Artikeln gebastelt. Beworben wurde sie auch von deutschen Creator:innen. Die bindet MGA Entertainment ein, etwa bei Spielzeugmessen. Creator:innen bekommen dort vorab Produkte gezeigt, die sie ihren Zuschauer:innen schließlich präsentieren.
„Kidults“ als interessante Zielgruppe
Dabei ist das Miniverse nur ein Beispiel für Produkte, die für Kinder gedacht sind, aber von erwachsenen Influencer:innen präsentiert werden. In der Regel sind es Frauen, die diese Sachen kaufen und „unboxen“. Viele dieser Posts sind nicht als Anzeige gekennzeichnet, anscheinend kaufen die Personen die Ware selbst.
Insgesamt, laut Ad Age, nimmt das Interesse an „Kidults“ als Zielgruppe für Kinderspielzeug zu. Die Zielgruppe verfügt schließlich über eigenes Einkommen, kann die teils teuren Produkte selbst kaufen und sogar kostenlos für sie werben – wie das Miniverse-Beispiel zeigt. Zudem werden bei den „Kidults“ 18- bis 34-Jährige erreicht, die normalerweise für Spielzeug nicht als Zielgruppe erschlossen sind: Sie sind genau zwischen dem Kindesalter und der Lebensphase, in der sie selbst Eltern sind.
In leichten Zügen haben das auch schon andere Marken erkannt, etwa Lego, die teure Bastelsets zu Sammlerstücken für Erwachsene gemacht haben und auch schon einen Social-Media-Trend für sich nutzen wollten. Auch Playmobil geht in diesem Bereich nach vorne. Einen Unterschied zum Miniverse gibt es jedoch allein bei den Produkten: Die Miniverse-Stücke sind für Kinder gedacht und wurden nicht für Erwachsenen angepasst – Lego und Playmobil entwickeln für die „Kidults“ extra Produkte.
Nächstes Ziel: Nach Tiktok auch Instagram erobern
MGA Entertainment hat dies „Kidults“ schon mit vorherigen Produkten gewinnen wollen: Etwa mit den Bratz-Puppen, die ebenfalls eine Tiktok-Serie bekommen haben. Als Nächstes wolle MGA Entertainment neben der starken Plattform Tiktok auch bei Instagram Reichweite gewinnen, wie Ad Age schreibt.
Für eine neue Kampagne wolle sie die Plattform mehr in den Fokus nehmen. Außerdem würden die Produkte vom Essen mehr zu Lifestyle-Basteleien gehen – da werden die Creator:innen weiter was zum Basteln haben.
In der Nische tut sich übrigens schon ein neues Hype-Produkt auf: Kuscheltiere mit Geruch, die aus einem Plastikofen oder Spielzeug-Toaster kommen – allerdings sind sie von einem anderen Unternehmen.