Virgin Orbit und Astra Space: Zwei Raketenbauer landen auf dem Boden der Tatsachen

Astra und Virgin Orbit wollen ihre Probleme gern auf die Turbulenzen rund um den Zusammenbruch der Silicon Valley Bank schieben. Plausibel ist das nicht. Denn die jüngsten Probleme von Astra Space und Richard Bransons Virgin Orbit sind wohl einzig und allein darauf zurückzuführen, dass es beiden nicht gelingt, ihr Kerngeschäft auf die Reihe zu bekommen. Das berichtet Quartz.
Wer Raketen baut, sie aber nicht ins All bekommt, muss sich nicht wundern, wenn die Finanzierung irgendwann schwierig wird. So kämpft Astra Space aktuell darum, an der NASDAQ gelistet zu bleiben, obschon es seit Oktober 2022 unter dem Schwellenwert von einem US-Dollar notiert. Astra ging wie Virgin Orbit im Jahr 2021 über eine SPAC-Mantelgesellschaft an die Börse.
Astra gehen die Mittel aus
Für Astra dürfte der Verbleib an der Börse überlebenswichtig sein. Denn das Unternehmen braucht dringend frische Mittel, um die Entwicklung seiner Rakete der vierten Generation voranzutreiben. Mit der Technologie der letzten Generation konnte Astra mehrere NASA-Satelliten nicht in die Umlaufbahn bringen – eine peinliche Niederlage.
Im November 2022 hatte Astra noch einen Bargeld- und Wertpapierbestand von etwa 150 Millionen Dollar bei einer Quartals-Burn-Rate von rund 200 Millionen gemeldet. Jetzt hat Astra die Nasdaq um weitere 180 Tage Aufschub gebeten.
Erwartet wird, dass Astra die Zahl der verfügbaren Aktien über eine Zusammenlegung reduzieren könnte. So würde der Wert der einzelnen Aktie möglicherweise über den Schwellenwert gehoben werden können. Inhaltlich hätte der Trick aber keinerlei Auswirkungen. Der Quartalsbericht zum 31. März 2023 wird mit Spannung erwartet.
Virgin Orbit: Gründer hat die Nase voll
Beim Wettbewerber Virgin Orbit, der mit der Tochter Galactic primär Weltraumtourismus betreiben will, gibt es auch bereits seit längerem Probleme. Richtig offenkundig sind die indes erst seit dem letzten fehlgeschlagenen Start im Januar.
Denn nun scheint auch Virgin-Gründer und Multimilliardär Richard Branson die Geduld mit seinem Unternehmen zu verlieren. Seit dem Januar-Fehlstart hat Branson das Unternehmen mit einer Quartals-Burn-Rate von 43 Millionen Dollar im Wesentlichen allein getragen. Bestehende Investoren hatten sich zurückgezogen und das Unternehmen mit über 255 Millionen Dollar weniger Kapital als erwartet zurückgelassen.
Nun hat Virgin in der vergangenen Woche seine Belegschaft nach Hause geschickt. Branson will offenbar die weiteren Verluste nicht mehr, jedenfalls nicht mehr allein finanzieren. Vorerst ist die Betriebspause indes nur bis nächste Woche geplant.
Virgin sind bislang immerhin vier erfolgreiche Starts geglückt. Es ist allerdings der Eindruck entstanden, dass die Startfähigkeit nicht verlässlich ist. So konnte Virgin keinen Schwung aufnehmen.
Rocket Lab zeigt, wie es richtig geht
Während Astra und Virgin Orbit also um ihre Existenz kämpfen, zeigt Rocket Lab, ein amerikanisch-neuseeländisches Unternehmen, dass durchaus ein erfolgreicher Betrieb als Raketen-Startup möglich ist. Man muss halt den Orbit erreichen.
Eben das ist Rocket Lab stets und zuletzt zum zweiten Mal von seinem neuen US-Startplatz aus geglückt. Dabei brachte das Unternehmen zwei von Capella gebaute Weltraumradarsatelliten in die Umlaufbahn.
Anders als die beiden Wettbewerber verfügt Rocket Lab trotz eines Jahresverlusts für 2022 über 135 Millionen Dollar noch immer über 471 Millionen an Barmitteln. Das erlaubt es Rocket Lab weiter in eine neue Rakete namens Neutron zu investieren. Die soll das Unternehmen direkt konkurrenzfähig mit der Falcon 9 von SpaceX machen.
Mehr Wettbewerb könnte Nachfrage erhöhen
SpaceX, das die Falcon 9 alsbald durch das Starship ergänzen will, bleibt demnach der unangefochtene Platzhirsch in einer Branche, von der Analysten seit Jahren eine Konsolidierung erwarten. Es gebe schlicht nicht genug Satelliten für all die geplanten Raketen, argumentieren die.
Andererseits gibt es natürlich eine umgekehrte Dynamik, die mehr Satellitenstarts erwarten ließe, wenn die Preise durch verschärften Wettbewerb sinken würden. Fakt ist jedenfalls, dass es derzeit nur zwei zuverlässige kommerzielle Anbieter gibt, nämlich SpaceX und Rocket Lab.