Trotz Diesel-Abwrackprämie und Umweltbonus will Kia weiter Diesel-Autos bauen und entsprechende Antriebe in Rüsselsheim weiterentwickeln. Auf der anderen Seite sieht der Deutschland-Chef der Hyundai-Tochter, Steffen Cost, eine vollelektrische Palette kommen, „die keine Wünsche übrig lässt“. Er beantwortete zudem Fragen zu Kias neuem Elektroauto EV6, Wasserstoff-Technologie und der Elektrifizierung der koreanischen Marke. Das Interview führte das Auto-Medienportal.
Kia wird keine rein elektrische Marke
Cost sieht mit dem EV6, dem ersten Modell Kias auf der neuen E-GMP-Plattform, keine neue Epoche für Kia aufkommen. „Wir haben seit 2014 Elektromodelle und seit 2016 auch Plug-in-Hybride im Angebot“, beschreibt er die Entwicklung. Der EV6 sei der nächste große Schritt mit zukunftsweisender Ladetechnik und erfreue sich hohem Interesse. Cost nennt 1.000 Vorreservierungen als Hinweis darauf. Man sei also bereits eine elektrische Marke, doch eine rein elektrische werde man nicht so schnell werden. „Wir glauben, dass es den Verbrennungsmotor noch eine lange Zeit geben wird.“ Auf die EU-Pläne, Verbrenner ab 2030 abzuschaffen, angesprochen, erklärt er: „Darauf sind wir eingestellt und wir arbeiten an einer vollelektrischen Palette, die keine Wünsche offenlässt.“ Aber weltweit werde es weiter Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren geben. Zusätzlich sei Kia in der Lage, die Brennstoffzelle als Antrieb anzubieten und demnach gut aufgestellt – unabhängig von dem, was da komme. Konzern-Mutter Hyundai besitzt mit dem Nexo bereits ein Serienmodell mit Brennstoffzelle im Portfolio.
Infrastruktur bremst Wasserstoffentwicklung aus
„Wasserstoff sollte auf jeden Fall ein Teil zukünftiger Mobilität werden“, findet Cost. Speziell beim Schwerlastverkehr sei es wenig sinnvoll, „einen 35-Tonner zusätzlich mit Batterien zu belasten“. Doch die Infrastruktur fehle und solange es nur 100 Tankstellen gebe, werde Kia kein Brennstoffzellen-Modell anbieten. Wenn man entsprechend investiere, könne man innerhalb von zwei Jahren ein Versorgungsnetz aufbauen, meint der Geschäftsführer. „Die batterieelektrische Mobilität allein wird nicht die Lösung sein. Wir sollten deshalb nicht nur auf ein Pferd setzen“, so Cost wörtlich.
Plan S macht Kia zum Mobilitätsanbieter
Um die Veränderung des Kundenverhaltens abzubilden, hat Kia einen Plan S entwickelt. S steht dabei für „Shift“, also Wechsel. Man wolle vom Hersteller zum Mobilitätsanbieter werden und denke in Deutschland unter anderem über Carsharing- und/oder Abomodelle nach, erklärt Cost. Als eine Lösung sieht er autonome Fahrzeuge. Damit lasse sich mit einer vergleichsweise kleinen Flotte eine ganze Stadt abdecken. So könnten Anbieter dann auch rentabel arbeiten, meint der 54-Jährige. Niemand wisse jedoch, wann die Technik so weit sein werde. Er äußerte sich auch zum Online-Vertrieb: „Wir sehen noch nicht, dass dieser Kanal einen riesigen Anteil einnimmt.“ Kia habe aber eine digitale Vertriebsstrecke und einen Online-Showroom aufgebaut, der sehr gut angenommen werde. Speziell im Bereich der alternativen Antriebe könne man Interessenten eine besonders ausführliche Beratung bieten.
Diesel weiter anbieten und entwickeln
Cost prognostiziert, in fünf Jahren werde der Anteil verkaufter Fahrzeuge mit alternativem Antrieb bei 25 bis 30 Prozent liegen. Man entwickle aber auch die Dieselantriebe weiter, da diese Technik weltweit noch eine Rolle spielen werde. „Wir werden deshalb den Diesel nicht frühzeitig aufgeben und auch in Deutschland weiter anbieten“, kündigte Cost für die nächsten fünf Jahre an. Kia betreibt ein Diesel-Kompetenzzentrum in Rüsselsheim. In den letzten Wochen hatten Audi, Porsche und Mercedes erwogen, früher aus der Verbrenner-Produktion auszusteigen. Das Bundesverkehrsministerium brachte das Jahr 2035 für ein Ende solcher Motoren ins Gespräch.