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Elektromobilität: Wie der Missbrauch der THG-Quote der Mobilitätswende schadet

Die THG-Quote wird seit jeher kontrovers diskutiert. Nun sorgen zweifelhafte Angebote für private Wallboxen für noch mehr Zündstoff – und rücken die Elektromobilität insgesamt ins falsche Licht.

Von Frank Feil
3 Min.
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Die THG-Quote für private Wallboxen ist ein zweifelhaftes Werbeversprechen. (Foto: Canetti/Shutterstock)

„Mit dem eigenen Elektroauto Geld verdienen!“ – so und so ähnlich werben seit Anfang des Jahres unzählige Anbieter um all jene, die ein vollelektrisches Fahrzeug ihr Eigen nennen. Je nachdem, für welche Plattform man sich entscheidet, werden zwischen 250 und 400 Euro pro Jahr ausgezahlt. Wer noch mehr „verdienen“ möchte, kann zudem Freunde anwerben und dadurch seine Prämie um jeweils 50 Euro erhöhen.

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Möglich wird all das durch die sogenannte Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote). Von den einen wird diese als Klimaschutzinstrument bezeichnet, das zur Minderung schädlicher Emissionen beiträgt und gleichzeitig den Ausbau erneuerbarer Energien fördert. Andere sprechen wiederum von Greenwashing und einem Ablasshandel der Mineralölindustrie.

Die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte: Vereinfacht gesagt sparen alle, die vollelektrisch unterwegs sind, CO2-Emissionen ein. Durch die THG-Quote können sie diese beispielsweise an Mineralölkonzerne verkaufen, die bei der Produktion von Benzin und Diesel CO2 ausstoßen und deshalb die gesetzlichen Vorgaben zur CO2-Reduktion nicht erfüllen können. Einerseits belohnt der Quotenhandel somit all jene, die auf die Elektromobilität umsteigen, andererseits werden Unternehmen dazu motiviert, ihre CO2-Bilanz zu verbessern, um zukünftig keine Ausgleichszahlungen mehr leisten zu müssen.

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Nicht die THG-Quote ist das Problem, sondern die Anbieter

Ob Quotenhandel grundsätzlich verwerflich ist, oder letztendlich doch dem Klimaschutz dient und die Energiewende voranbringt, muss jeder für sich selbst entscheiden. Spätestens dann, wenn rechtliche Graubereiche ausgenutzt werden, um zusätzlich Kasse zu machen, ist allerdings eine Grenze überschritten.

Grundsätzlich qualifizierten sich vollelektrische Autos sowie Zweiräder ab der Klasse der Leichtkrafträder für die THG-Quote. Kleine und deutlich günstigere E-Roller, die in die Kategorie der Kleinkrafträder fallen und nur ein Versicherungskennzeichen benötigen, sind ausgenommen. Allerdings gibt es ein Schlupfloch: Wer seinen E-Roller freiwillig zulässt, kann auch die THG-Quote beantragen. Geht man von einer THG-Quote von 300 Euro und einem Kaufpreis von 2.100 Euro aus, hätten sich die Anschaffungskosten theoretisch nach rund sieben Jahren amortisiert. Dieser fragwürdigen Praxis dürften die Zulassungsstellen aber bald schon einen Riegel vorschieben.

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Noch dreister (und rechtlich höchst problematisch) sind die seit Mitte August verfügbaren Angebote einiger THQ-Quoten-Vermittler, die damit werben, dass man mit der privaten Wallbox ein „extra Taschengeld einsacken“ kann. „Pro Wallbox oder Ladesäule erhältst du locker extra 200 Euro Taschengeld im Jahr“, verspricht etwa Geld für E-Auto. Das entspräche zehn Cent pro geladener Kilowattstunde.

Dazu muss man wissen, dass die THG-Quote grundsätzlich auch den Handel mit CO2-Einsparungen durch Ladestrom vorsieht. Voraussetzung dafür ist allerdings, das man eine öffentliche Ladestation betreibt, etwa in einem Parkhaus oder auf dem Parkplatz eines Supermarkts. Nun würde wohl niemand auf die Idee kommen, die Wallbox an einem privaten Carport oder gar in der Garage eines Einfamilienhauses als öffentliche Ladestation zu deklarieren. Doch genau dazu animieren derartige Angebote.

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Demnach reiche es schon aus, für ein paar Minuten am Tag das Garagentor zu öffnen, beziehungsweise nur „theoretisch“ jedem den Zugang zur Wallbox zur ermöglichen. Das ist natürlich völliger Unsinn, wie inzwischen auch die Bundesnetzagentur klargestellt hat. Wer seine private Wallbox als öffentlichen Ladepunkt deklariert, muss diese auch öffentlich zugänglich machen – und das nicht nur ein paar Minuten am Tag.

Elektroautos: 5 Vorurteile und was an ihnen dran ist Quelle: husjur02 / shutterstock

Die THQ-Quoten-Anbieter haben ihre FAQ inzwischen zwar leicht angepasst, suggerieren unterschwellig aber nach wie vor, dass man es mit der Definition von „öffentlich“ nicht ganz so genau nehmen muss. Erschwerend kommt hinzu, dass wenn tatsächlich jemand seine private Wallbox für Dritte öffnet und dafür Geld nimmt, er auch noch ein Gewerbe anmelden muss und eine eichrechtskonforme Wallbox braucht.

Der Ruf der Cash-Cow schadet der Elektromobilität

Die Elektromobilität hat in Deutschland ohnehin schon mit genug Vorurteilen und alternativen Fakten zu kämpfen. Hinzu kommen nun auch noch Angebote, die sich nicht nur im rechtlichen Graubereich bewegen, sondern vielmehr den Eindruck erwecken, als ob es bei einem Elektroauto nur darum ginge, möglichst viele monetäre Vorteile zu generieren. Das ist ein großes Problem – und schadet der Elektromobilität insgesamt. Vor allem wenn die Medien derartige Angebote mit Überschriften à la „Abkassieren mit dem Elektroauto“ begleiten.

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Es ist an der Zeit, dass der Gesetzgeber sämtliche direkten und indirekten Förderungen der Elektromobilität so überarbeitet, dass nur noch jene profitieren, die auch tatsächlich etwas zur Antriebswende beitragen. Ein E-Roller, der nur deshalb angeschafft wird, weil er sich über die THG-Quote refinanzieren lässt, zählt definitiv nicht dazu. Ebenso wenig darf eine privatgenutzte Wallbox mit zehn Cent pro Kilowattstunde bezuschusst werden.

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Janix

THG-Quote: Warum bekommt nicht einfach jede und jeder Geld, der/die eben keinen Verbrenner nutzt? Also Fuß, ÖPNV, Rad, E-Bikes, …
So ist die Konstruktion eine weitere versteckte Zusatzsubvention für die E-Auto-Industrie.

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