Homeoffice-Pflicht: Fehlende Formulierung im Gesetz könnte für Ärger sorgen
Das Ende der Homeoffice-Pflicht ist vom Bundeskabinett beschlossen. Sie läuft mit dem 1. Juli 2021 aus. Viele Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die den Präsenz- einem Remote-Betrieb vorziehen, atmen jetzt sicherlich auf. Doch dass alles wieder so wird wie vor der Pandemie, damit ist wahrscheinlich nicht zu rechnen. Einige klar geschaffene Fakten aus dem Infektionsschutzgesetz bleiben nämlich nach wie vor bestehen: Testpflicht, Hygienepläne und Maskenpflicht am Arbeitsplatz zum Beispiel werden vorerst bleiben. Auch darauf hat sich das Kabinett an diesem Mittwoch geeinigt. Ein Präsenzbetrieb kann unter Umständen also nach wie vor einen höheren administrativen Aufwand bedeuten als der Remote-Betrieb – zumindest für die Firmen, die es nach über einem Jahr immer noch nicht geschafft haben, das Team ins Homeoffice zu überführen.
Nach dem derzeitigen Stand der Entwicklung der Coronalage in Deutschland sei aktuell nicht von einer Verlängerung der Notbremse auszugehen, heißt es im politischen Betrieb. Die Zahl an positiven PCR-Tests in Deutschland sinkt kontinuierlich. Das ist gut, doch auch das könnte sich im kommenden Herbst schon wieder ändern – insbesondere bezüglich neuer grassierender Mutationen. Dass gegebenenfalls über eine Neuauflage der Regelung entscheiden wird, ist durchaus möglich. Die Entscheidung müsste dann jedoch im Licht der bis dahin erreichten Impfquote und der prognostizierten Schutzwirkung der Impfstoffe getroffen werden. Aktuell gibt es aber keinen Grund zur Annahme, dass schon wieder morgen oder übermorgen zum Rückzug in die heimischen vier Wände geblasen wird. Vorsicht bleibt jedoch oberstes Gebot.
Homeoffice-Pflicht: Paragraph lässt Fragen offen
Ein anderer Aspekt könnte Arbeitgebenden viel wahrscheinlicher in die sprichwörtliche Parade fahren. Die juristisch laxe Ausgestaltung der Homeoffice-Pflicht seitens der Bundesregierung. Unter dem Strich sieht die ganze Sache nämlich so aus, dass die Regelung trotz der zeitlichen Begrenzung durchaus nachhallen könnte. Der Arbeitsrechtler Christian Bitsch hat das gegenüber dem Manager Magazin recht deutlich auf den Punkt gebracht, indem er sagte, dass der §28b Abs. 7 des Infektionsgesetzes handwerklich „ziemlich schlecht“ konstruiert und aufgrund der damaligen Dringlichkeit mit der „heißen Nadel gestrickt“ sei. Arbeitgebende habe die Bundesregierung verpflichtet, überall da, wo es möglich ist, den Beschäftigten einen mobilen Arbeitsplatz anzubieten, etwa im Homeoffice. Und Arbeitnehmende sind verpflichtet, dieses Angebot anzunehmen, wenn dem nicht dringende Gründe entgegenstehen.
Das Problem, so beschreibt es Bitsch, sei nun, dass die Arbeitgebenden ein Angebot gemacht und die Arbeitnehmenden es angenommen haben. Zwar läuft die behördliche Anweisung zum Homeoffice aus, jedoch ist damit nicht auch der Rückzug ins Büro einwandfrei geklärt. Es sei ein Vertrag zwischen beiden Seiten zustande gekommen, so der Jurist, wonach künftig von zu Hause gearbeitet wird. Der Experte mahnt an, dass sofern beide Parteien keine vertragliche Vorkehrungen getroffen habe, es damit keine automatische Rückfahrkarte gibt. Man müsse sich neu einigen. Größeren Firmen mit Hausjuristen war das klar. Sie haben zuvor schriftliche Vereinbarungen mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern getroffen, in denen eine Klausel auch die konkreten Rückkehrbedingungen regelt. Ob kleinere Betriebe es ihnen gleichtaten, bleibt fraglich. Viele, wenn auch nicht alle, im Team haben die Vorzüge des Homeoffice erkannt und könnten auf ihr Bleiberecht bestehen.
Dass das zum Streit führen kann, liegt auf der Hand. Es ist auch davon auszugehen, dass es in den kommenden Monaten zu gerichtlichen Verfahren kommen wird. Wo ein Kläger, da ein Richter. Es liegt Ärger in der Luft. Um das zu vermeiden, sollten Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sich an den runden Tisch setzen und schauen, wie eine mögliche Rückkehr konfliktfrei aussehen kann – wenn nicht bereits im Vorfeld schon geschehen. Die Situation sieht derzeit so aus, dass im Grunde beide Parteien mit dem Wegfall der Homeoffice-Pflicht das Thema erneut völlig frei verhandeln können. Einzig und allein: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sitzen jetzt in einer besseren Verhandlungsposition – zumindest solange, bis ein Gericht im Rahmen eines Rechtsstreit für den Arbeitgebenden entscheidet und somit eine glasklare Rechtssicherheit vorgibt. Es gilt wie immer: Nur was tatsächlich schwarz auf weiß geschrieben steht, zählt am Ende.
Über Kurz oder Lang wird sich etwas ändern. Der Druck, der gerade im Bereich von Agenturen entsteht, macht sich schon deutlich bemerkbar, gerade in Pitches. Viele alteingesessene Agenturen mit riesigen Büros bekommen mächtig Druck von Konkurrenten mit Remote-First-Kultur. Diese kommen wesentlich agiler, lebendiger und vielfach kosteneffizienter daher und dürfen nun erstmals an Pitches teilnehmen. Während sich der Remote-Worker ausgeschlafen und direkt vom Frühstückstisch in den Pitch begibt, hat der in einer Bürokultur gefangene Kollege schon eine Stunde im Auto oder im ÖPNV verbracht.
Vermutlich dürfte es nicht die Einzige „Lücke“ sein, die durch die Regelung entsteht. Interessant wäre auch zu wissen, ob durch die Veränderung der Erbringung der Arbeitsleistung (es muss ja nicht immer Homeoffice sein) – also der Arbeitsort – sich auch die erste Tätigkeitsstelle verändert hat. Daraus könnten ggf. auch diverse Ansprüche der Arbeitnehmer entstehen. Insbesondere dann, wenn die Arbeitnehmer wieder zurück an ihren Büroarbeitsplatz gehen und dann eine Reisekostenerstattung einfordern.
Was solls ? Wenn es keine zwingenden Gründe gibt kann es den AG ja auch egal sein. Sinkt die Leistung ist das ein zwingender Grund. Notfalls reichen Datenschutzgründe allemal.
Kann mir jemand erklären, was Arbeitgebende und Arbeitnehmende sind? Im Duden stehen die Wörter nicht. Eigentlich ist t3n für eine klare Sprache bekannt. Wie kommt es plötzlich zu derartigen Ausfällen?
Ich glaube das hat mit der Gender-Sprache zu tun :S
??? Arbeitgebende = Leute, die dir Arbeit geben, also Chefs.
Arbeitnehmende = Leute, die die aufgegebene Arbeit ausführen, also Mitarbeiter.
Die Aussage ist klar. Aber es schreibt man nicht so. Arbeitgeber/innen und Arbeitnehmer/innen wäre richtig. Aber um auch die Neutren unter uns anzusprechen, hat man sich wohl für diese Schreibweise entschieden.
Mitarbeitende, nicht Mitarbeiter :)
Hört doch endlich mit dem „Gendern“ auf. Arbeitgebende ist grammatisch falsch!!!! und hört sich einfach grausam an. Genauso wie diese Redeflussbremsen *Innen etc.
Wenn das so weiter geht reden wir alle sowieso nur noch English, da hab ich sowas noch nicht gehört. Außerdem fühlen sich selbstbewusste Frauen durch das Gendern diskrimminiert, daran vielleicht auch schon mal gedacht?
Hallo Volker,
nur ein kleiner Hinweis an dich: Du meinst „grammatikalisch“, nicht „grammatisch“ – aber auch das ändert nichts daran, dass „Arbeitgebende“ nicht falsch ist :)
Viele Grüße aus dem t3n-HQ!
Hallo Jonas,
zunächst einmal stehen nicht alle Wörter, die es gibt/die verwendet werden, im Duden.
Arbeitgebende und Arbeitnehmende sind – grammatikalisch ausgedrückt – substantivierte Partizipien. Im Deutschen werden die häufig als sogenannte Verlaufsform eingesetzt, um auszudrücken, dass jemand etwas gerade in dem Moment tut: „Die DLRG warnt die im See Badenden vor dem Hai“ –> Sie warnt alle, die gerade im See sind, aber nicht die, die am Strand liegen.
Dass man daraus aber keine Regel à la „Verlaufsform ist IMMER für eine gerade andauernde Tätigkeit“ ableiten kann, zeigen existierende und weit verbreitete Begriffe wie etwa Vorsitzende.
Insofern greift das Argument, das gegen die Verlaufsform gerne gebracht wird, zu kurz. Es ist dafür eben gerade nicht notwendig, dass eine Tätigkeit just in diesem Moment ausgeführt wird.
(Es ist sowieso sehr, sehr kompliziert mit einheitlichen und allgemein gültigen Regeln bei organisch gewachsenen Konstrukten wie Sprache, aber das würde hier zu weit führen.)
Als Lektorin bei t3n kann ich dir also versichern, dass das schon in Ordnung ist, wenn wir von Arbeitnehmenden, Arbeitgebenden oder auch Teilnehmenden schreiben. Es ist einfach ein Weg weg vom generischen Maskulinum hin zu einer Sprache, in der sich so viele wie möglich gesehen und gemeint fühlen.
Viele Grüße aus dem t3n-HQ!
„Es ist einfach ein Weg weg vom generischen Maskulinum hin zu einer Sprache, in der sich so viele wie möglich gesehen und gemeint fühlen.“
Ist das wirklich so, dass sich von den Verlaufsformen mehr Menschen gesehen und gemeint fühlen als vom generischen Maskulinum? Das wage ich zu bezweifeln. In allen Umfragen zu den Thema, die ich bislang gesehen habe, gab es keine Mehrheit für das Gendern, nicht einmal unter den Frauen. Hier zwingt eine kleine laute Minderheit der Mehrheit ihren Willen auf. Damit könnte ich sogar noch leben, wenn es konsequent bei allen Begriffen, also auch bei solchen mit negativem Beiklang, durchgeführt würde. Das passiert aber quasi nie. Da wird von „Corona-Leugnern“ und „Gegendemonstrant(mehr oder weniger kurze Sprechpause)innen“ gesprochen, oder von „Hundehassern“ und „Tierschützer(mehr oder weniger kurze Sprechpause)innen“. DAS ist sexistischer als das generische Maskulinum!
Frau Wieschollek,
das ist eine hingebogene Argumentation, denn das Gegenargument lässt sich genau gleich führen:
Würden Sie sich mit der Berufsbezeichnung „Lektorierende“ zutreffend beschrieben sehen?
Warum begreift man nicht den Unterschied zwischen dem grammatikalischen Genus (sprachliches Geschlecht) eines Wortes oder einer Berufsbezeichnung und dem Sexus (biologisches Geschlecht) einer Person.
Aus der Unfähigkeit oder eher der mentalen Faulheit soweit zu denken erwachsen dann solch stillose Hilfskonstrukte, die Sprache, Papier und Ohren quälen.
Freundliche Grüße
Hallo Claudia,
wenn du Lektorin bist, sollte dir der Unterschied zwischen Genus und Sexus bekannt sein. Wenn er dir bekannt ist, sollte dir auch klar sein, dass ein Arbeitgeber jegliches Geschlecht besitzen kann, jegliche Religionszugehörigkeit, oder auch keine, jegliche sexuelle Orientierung und jegliche Schuhgröße. Warum sind manche Leute immer mehr versessen darauf, die Geschlechtsunterschiede hervorzuheben? Die einzige Lösung lautet: Nichtnennung der geschlechtlichen und sonstigen Unterschiede, wie es im Englischen gehandhabt wird. Da will z. B. kein Schauspieler „actress“ genannt werden. Alle Schauspieler heißen „actor“. Auch Carola Rackete bezeichnet sich übrigens als Kapitän.
Hi Jonas, ich versteh die Argumentation nicht. Die Verlaufsform macht doch genau das und will das NICHT auf das Geschlecht eingegangen wird. „Arbeitgebende“ ist doch geschlechtsneutral. (Bezugnehmend auf: „Die einzige Lösung lautet: Nichtnennung der geschlechtlichen und sonstigen Unterschiede.)
Gruß
Andreas
Es ist eigentlich ganz einfach. Gute Firmen (wie zB meine) haben einfach die Mitarbeiter gefragt, wie sie in Zukunft arbeiten wollen und so wird es umgesetzt (entweder fester Arbeitsplatz im Büro oder Homeoffice mit Hotseat im Büro wenn man reinkommen will).
Die Mitarbeiter, die es sich leisten können werden dann im Zweifelsfall schauen, ob sie nich auch woanders arbeiten können, wo der Arbeitgeber auf deren Bedürfnisse eingeht. Der unflexible AG wird dann mit dem Rest auskommen müssen.