Huawei stellt seine App-Gallery als 3. Ökosystem-Kraft neben Apple und Google auf
Der chinesische Konzern bereitet sich zwangsläufig auf die Unabhängigkeit von Google vor. Auch wenn das Unternehmen stets betont, seine engen Verbindungen zum Android-Entwickler nicht vollkommen trennen zu wollen, baut Huawei an seinem eigenen Ökosystem, mit dem Googles komplett ersetzt werden soll. Im Zuge der Vorstellung des aktualisierten Foldables Mate Xs, neuen Matebooks und weiterer Hardware machte Mobilechef Richard Yu deutlich, sich neben Apples und Googles Ökosystem positionieren zu wollen – respektive auch müssen.
App-Gallery: Huawei hat Wege parat, die App-Lücke zu überbrücken
Als Anlaufstelle für Apps werde es auf dem Mate 30 Pro, dem Mate Xs und künftiger neuer Hardware nur noch die eigene App-Gallery geben, deren Angebot mit etwa 55.000 Apps weltweit noch überschaubar ist. Ein Vergleich mit Apples App-Store und Googles Play-Store hinkt hinsichtlich der Auswahl. Yu betont indes, dass das Unternehmen global über regionale Teams verfügt, die wichtige App-Entwickler ins Boot holen wollen und sie dabei finanziell unterstützen.
Ein Blick in die App-Gallery zeigt zudem, dass viele beliebte Anwendungen wie Netflix, Whatsapp, Facebook oder Spotify darin noch nicht zu finden sind. Eine Lösung einige von ihnen auf die Geräte zu bekommen, bietet Huawei dennoch an: Wenn wir in der App-Gallery nach Facebook und Whatsapp suchen, werden uns zuoberst unscheinbar graue Icons angezeigt, die uns auf die jeweilige Downloadseite des Anbieters führen. Sprich, wir können Whatsapp beispielsweise direkt von der Website des Unternehmens herunterladen und installieren. Mit anderen bekannten Unternehmen plane man ähnliche Lösungen.
Die Verlinkung aus der App-Gallery zum Anbieter ist nur ein Weg, um an noch nicht verfügbare Anwendungen zu gelangen. Laut Raoul Rotarius, Marketing-Direktor für Huawei Deutschland, plane das Unternehmen, die hauseigene App Phone-Clone, mit der Daten vom alten aufs neue Smartphone übertragen werden können, aufzubohren. Mit dem Datenmigrations-Tool sollen sich bald auch komplette, gegebenenfalls in der App-Gallery noch nicht verfügbare Apps auf ein neues Huawei-Handy übertragen lassen.
Auf die Frage, wie es sich mit Anwendungen verhalte, für deren vollen Funktionsumfang Googles proprietäre Schnittstellen erforderlich seien – wie etwa für Netflix –, werde es auch eine Lösung geben: Da die Anwendungen nicht mit neuen Huawei-Geräten mit HMS kompatibel sind, wird es eine Art Filter geben, der es – offenbar begleitet von einem Hinweis – unterbindet, entsprechende Apps zu übertragen. Für Nutzer dieser Apps ist das jedoch nur ein schwacher Trost.
Ergänzender Artikel: Alternative zu Googles Ökosystem: Huawei umgarnt deutsche Entwickler mit 20 Millionen Euro
Huawei ist daran gelegen, sein Ökosystem rasch aufzubauen und möglichst alle Lücken zu schließen. Ohne die regional und international wichtigsten Apps an Bord zu haben, dürfte Huaweis Ökosystem aber arge Probleme haben, als Alternative zu Googles Play-Store akzeptiert zu werden. Dessen ist sich das Unternehmen bewusst und arbeitet mit Hochdruck daran, seine App-Gallery bis zur Vorstellung der Huawei-P40-Serie aufzufüllen. Das P40 (Pro) ist Huaweis eigenen Aussagen zufolge das wichtigste Produkt des ersten Halbjahres, das wie seine Vorgänger wie etwa das P30 Pro (Test) die breite Masse ansprechen soll. Das am Montag vorgestellte Foldable Mate Xs sei in Sachen Verkaufszahlen weniger relevant.
Huaweis App-Ökosystem ist nur eine Seite der Medaille
Neben einem in der App-Gallery ausreichend verfügbaren App-Angebot gehören zu einem runden Ökosystem weitere Dienste dazu. Außer etwa ein umfangreiches Musik- und Video-Dienste-Angebot in petto zu haben, dürfen Anwendungen zur Navigation und Bezahlung nicht fehlen. Google-Lösungen wie Maps und Pay sind wie zu erwarten nicht vorhanden – Huawei hat mit dem niederländischen Tomtom einen Partner für die Kartenlösung. Was die Bezahldienste angeht hat das Unternehmen sein eigenes Huawei Pay, das bislang nur in China, Russland, Hong Kong (China) und Pakistan zum Einsatz kommt.
Für den europäischen Markt will das Unternehmen seinen Dienst auch starten und hatte sich Ende 2018 mit Visa zusammengetan. Nach der Ankündigung für den italienischen Markt ist seither nichts mehr passiert. Auf Nachfrage von t3n hieß es immerhin, dass man das Thema im Blick habe. Spruchreif sei derzeit jedoch hinsichtlich eines Deutschlandstarts des Dienstes nichts.
Nach Huawei-Ankündigung: Google versucht US-Blockade aufzuheben
Ob Huawei mit seinem Ökosystem Erfolg hat und die monatelange Arbeit der Tausenden Entwickler des Konzerns sich auszahlt, ist noch vollkommen ungewiss. Jedoch regt sich derweil bei Google plötzlich etwas: Das Unternehmen ersuchte am Montag die US-Regierung die Blockade gegen Huawei für seine Apps aufzuheben. Ist das Timing ein Zufall oder merkt Google, dass dem Unternehmen allmählich ein wichtiger Partner abhanden kommt?
Denn nicht nur für Huawei sind die von der US-Regierung auferlegten Sanktionen ein schwerer Schlag: Auch für Google und andere US-Unternehmen, die bis zum 16. Mai 2019 mit Huawei Handel getrieben haben, ist der Bann mit milliardenschweren Umsatzverlusten verbunden. Google generiert unter anderem mit dem Play-Store und Werbeeinblendungen in Apps Milliarden. Als zweitgrößter Smartphone-Anbieter weltweit spielt Huawei keine unwesentliche Rolle beim Umsatz.
Abgesehen von den Umsatzverlusten geht in der US-Technologiebranche auch die Sorge umher, dass chinesische Unternehmen mit dem fortgeführten Embargo Alternativen zu US-Software und -Plattformen entstehen könnten. Huaweis entstehendes Ökosystem dürfte Managern von US-Techkonzernen daher womöglich schlaflose Nächte bereiten.
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Ich bleibe bei Appple, keine Lust, von den Chnisen ausspioniert zu werden. Und Ihr?
Von den Amerikanern ausspioniert werden ist ja auch so viel besser.