Die neuen iPad-Pro-Modelle sind schlanker, haben laut Apple ein helleres Display und sind mit neuen Prozessoren, die mehr Leistung liefern sollen, als die der aktuellen Macbook Air-Modelle mit M3-Chip. Mit dem großen Update der Pro-Tablets versucht Apple die iPads zwischen das Macbook Air und Macbook Pro zu positionieren. Der erste Eindruck zeigt: Zumindest bei der Ausstattung funktioniert das.
Wir hatten die Möglichkeit, uns die neuen iPad Pros auf einem Event in Apples Europadependance, die in der Londoner Battersea Power Station unterbracht ist, anzusehen. Im Unterschied zur imposanten Location, einem ehemaligen Kohlekraftwerk, das einst das größte Ziegelgebäude Europas war, erschienen die neuen iPads auf den ersten flüchtigen Blick wie jedes andere bisherige iPad Pro. Erst wenn man sich die Geräte von der Seite anschaut, sie in die Hand nimmt, oder das Display einschaltet, ist der Unterschied deutlich zu erkennen.
Eine der größten Veränderungen spielt sich allerdings unter der Haube statt: denn der neue M4-Chip soll ein wahres „Powerhouse“ für KI sein. Dass Apple seinen Europastandort für das Event ausgesucht hatte, dürfte kein Zufall sein.
Neues iPad Pro 13: Handlicher als der Vorgänger
Mit einer Bauhöhe von 5,3 Millimetern für das 11-Zoll-Modell und noch dünneren 5,1 Millimetern für das 13-Zoll-Tablet sind die neuen iPad Pros deutlich dünner und leichter als die Vorgänger, die 5,9 und 6,4 Millimeter dick waren. Durch die Reduzierung der Dicke hat Apple zugleich das Gewicht reduziert, was besonders beim großen Modell auffällt. Es bringt 100 Gramm weniger auf die Waage und wiegt statt der bisherigen 680 Gramm nur 580 Gramm. Es liegt so etwas angenehmer in der Hand und lässt sich ein wenig besser bedienen. Das 11-Zoll-Modell ist natürlich weit handlicher, bietet aber eben nicht so viel Bildschirmfläche.
Während der Präsentation kam der Gedanke auf, warum Apple nicht die Baudicke beibehalten und stattdessen nicht die Akkukapazität erhöht hat. Der Gewichtsvergleich zwischen dem Vorgänger und dem neuen Gerät gibt die Antwort. Fraglich ist aber, ob sich das neue Modell nicht zu leicht verbiegen lässt (Stichwort: iPhone 6 Plus). Diese Frage dürfte in den kommenden Wochen nach Marktstart beantwortet werden.
OLED-Displays sind knackig scharf und hell
Neben der geringeren Dicke und des kleineren Gewichts ist das neue OLED-Display der Star. Apple setzt bei beiden Größen die gleiche OLED-Technologie ein, während der Hersteller bei den Vorgängern beim großen iPad Pro auf Mini-LEDs und beim kleineren Modell auf eine ältere LED-Technologie setzte.
Der Unterschied ist recht deutlich: Denn die OLED-Technologie, bei der zwei Panel übereinander gelegt wurden, liefert knackige Farben, ein tiefes Schwarz und ausgezeichnete Bildwinkel. Beim Hereinzoomen in ein hochauflösendes Fotos wird deutlich, wie scharf das Panel ist. Es sind keine einzelnen Pixel zu erkennen.
Apple bietet angelehnt an das Display Pro XDR neben den „normalen“ iPad Pros mit OLED-Display auch Optionen mit Nanotexturglas an, das im Vergleich tatsächlich weniger reflektiert, aber auch teurer ist. Die mattierte Beschaffenheit des Glases lässt Farben nach unserem ersten Eindruck aber auch weniger knackig als beim „normalen“ OLED-Modell erscheinen.
Außerdem sind diese Geräte nur in den Varianten mit ein oder zwei Terabyte Speicher verfügbar. Diese Option wäre auch für die Modelle mit kleinerem Speicher wünschenswert.
Neues Magic Keyboard macht das iPad Pro mehr zum Macbook
Im Unterschied zu Apples Macbooks ist das iPad Pro mithilfe des Magic Keyboards flexibler einsetzbar und in gewisser Weise auch als Macbook nutzbar. Das neue Keyboard bietet im Unterschied zum Vorgänger ein etwas vergrößertes Trackpad und eine Funktionstastenreihe mit ESC-Button. Die gibt es allerdings auch schon beim Magic Keyboard Folio fürs iPad 10 (Test). Erfreulich ist zudem, dass die Webcam wie bei klassischen Notebooks und dem iPad 10 nun auf der langen Seite verbaut ist.
Die Verarbeitung des Keyboards aus Aluminium mutet auf den ersten Eindruck hochwertig an, während das Trackpad zwar größer aber nicht so groß wie das eines Macbooks ist.
M4 des iPad Pro: Bereit für KI
Ein weiterer symbolischer Akt beim neuen iPad Pro ist zudem, dass es das erste Produkt mit dem neuen M4-Chip ist, der in Sachen Leistung abermals ein Schub nah vorn ist. Dass Apple nicht zuerst seine Macbooks mit dem Chip versehen hat, ist überraschend und zeigt auf, dass die Tablets eine wichtigere Produktreihe darstellen als es in den letzten anderthalb Jahren den Anschein machte.
Apple machte im Zuge des Events zudem deutlich, dass das iPad Pro mit dem neuen M4-Chip ein „unfassbar leistungsfähiges Gerät für künstliche Intelligenz“ sei. Ferner betonte Apple, dass der M4 „leistungsfähiger als jeder aktuelle PC-Chip“ sei. Dass Apple solche Vergleiche anstellt, dürfte ein Zeichen dafür sein, dass der Konzern sich auf einen Konkurrenzkampf im KI-Feld mit Microsoft und Qualcomm einzustellen scheint: In wenigen Wochen sollen die ersten Notebooks mit Qualcomms ARM-Prozessoren und einer neuen Windows-Version erscheinen, die stark auf KI-Aufgaben optimiert sein sollen.
Was noch fehlt: iPadOS 18
Was nach dem Hardwarepush noch fehlt, ist ein großes Update der Software, damit sich die Tablets auch wirklich wie Macbook-Alternativen nutzen lassen. Es wird erwartet, dass Apple im Zuge der Entwicklerkonferenz WWDC 2024 am 10. Juni eine neue Version von iPadOS enthüllen wird.
Diese wird sich voraussichtlich unter anderem die KI-Leistung des M4-Chips zunutze machen und aus dem iPad Pro ein „KI-Pad“ machen. Und vielleicht schraubt Apple auch noch ein wenig mehr an der Nutzeroberfläche des Tablet-Betriebssystems, damit noch ein wenig mehr Macbook-Feeling aufkommt.
Kurzum: Apples iPad Pro ist weiterhin die absolute Tablet-Oberklasse und im Grunde in Sachen Leistung vollkommen „übermotorisiert“. Preislich spielt es zusammen mit dem Keyboard fast in der Macbook-Pro-Liga mit. Bevor man sich für den Kauf entscheidet, sollte wohl überlegt sein wofür man es einsetzen möchte. Die aktuelle iPadOS-Version ist noch keine echte macOS-Konkurrenz. Das könnte sich in wenigen Wochen vielleicht ändern´.