EU-Parlamentarier wollen anonyme Krypto-Zahlungen verbieten – ohne Freigrenze

Anonyme Zahlungen mit Kryptowährungen scheinen in der EU vor dem Aus zu stehen. Dafür haben sich die Berichterstatter der Ausschüsse für Wirtschaft und Währung (ECON) sowie für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) ausgesprochen. Der Grüne Ernest Urtasun und die Rechtskonservative Assita Kanko halten das im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung für zwingend geboten, wie Heise berichtet.
Neue „Sorgfaltspflichten“ sollen Dienstleister treffen
Hintergrund aller Überlegungen ist ein Regelungspaket, das die EU-Kommission im vergangenen Sommer vorgeschlagen hatte. Wie die deutsche Kryptowerte-Transferverordnung (KryptoTransferV), die Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) damals noch als Finanzminister vorgeschlagen hatte, beschäftigt sich auch die EU-Regelung im Wesentlichen mit Krypto-Dienstleistern.
Die sollen bei An- und Verkäufen von Krypto-Assets die Daten der beteiligten Personen erheben, vorhalten und auf Nachfrage einer Behörde übermitteln. So soll nach den Erwartungen der Politik eine transparente Rückverfolgbarkeit entstehen, die den staatlichen Interessen der Verbrechensbekämpfung Rechnung tragen soll.
Eu-Vorlage: Schluss mit Pseudonymität bei Krypto-Assets
Die neuen Regeln sollen das Prinzip der Pseudonymität von Blockchain-Transaktionen aushebeln. Statt einer kryptischen Adresse, deren Eigentümer erst ermittelt werden müsste (aber auch ermittelt werden könnte), hätten Behörden damit direkten Zugriff auf Namen und Adressen der an einer bestimmten Krypto-Transaktion beteiligten Personen. Letztlich setzt die EU-Kommission damit die Vorgaben der auf Geldtransfers anwendbaren Geldtransferverordnung entsprechend um. So wie es keine anonymen Bankkonten gibt, soll es nach dem Willen der Politik auch keine anonymen Krypto-Konten geben.
In der Debatte hatte sich indes gezeigt, dass es einen Kompromiss geben könnte, der sich aus der Höhe der zu tätigenden Zahlung ableiten ließe. So hatte die EU-Kommission eben die bereits genannte Freigrenze von 1.000 Euro Gegenwert vorgeschlagen. Unterhalb dieser Schwelle hätten die „verstärkten Sorgfaltspflichten für Krypto-Dienstleister“ keine Wirkung entfaltet.
Freigrenze zu leicht zu umgehen, glauben Urtasun und Kanko
Gegen diese Schwelle wenden sich Urtasun und Kanko nun und begründen das so: „Kriminelle sind in der Lage, illegale Überweisungen durchzuführen und einer Entdeckung zu entgehen, indem sie eine große Transaktion in kleinere Beträge aufteilen und dabei mehrere scheinbar nicht miteinander verbundene Wallet-Adressen verwenden.“ Diese mit der tatsächlichen Identität einer Person in Verbindung zu bringen oder verknüpfte Überweisungen im Rahmen der Freigrenze zu ermitteln, sei „im Vergleich zu herkömmlichen Geldtransfers schwieriger“. Zudem weisen die Parlamentarier auf die hohe Volatilität von Kryptowährungen hin, was angeblich die Durchsetzung einer Bagatellgrenze zusätzlich erschwere.
Politiker anderer Parteien haben Widerstand gegen die lückenlose Aufzeichnung angekündigt. So weist etwa Patrick Breyer von der Piratenpartei im EU-Parlament darauf hin, dass etwa Oppositionelle wie Alexej Nawalny oder Plattformen wie Wikileaks auf anonyme Spenden in virtuellen Währungen angewiesen seien.
Kritiker sehen keinen Sinn in dem Regelungspaket
Auch andere Kritiker des Regelungsbündels von Bund und EU geben zu bedenken, dass Kryptowährungen zwar bei der Terrorismusfinanzierung, Drogengeschäften oder Erpressungen wie den häufiger gewordenen Ransomware-Attacken eine Rolle spielen mögen – aber nicht unter Beteiligung von Unternehmen wie Coinbase, Binance, Bitpanda oder anderen Krypto-Verwahrern. Für die gelten bereits KYC-Regeln, die eine Identifizierung der Beteiligten an einer Transaktion zulassen.
Wenn Kryptowährungen in verbrecherischem Kontext eingesetzt würden, dann doch stets in der Form der Unhosted Wallet. Die lebt auf der Hardware des Senders und des Empfängers. Dabei werden weder Sender noch Empfänger vom Regelungskreis erfasst und könnten sich munter weiterhin pseudonymisiert Assets hin- und herschicken. Die Rechtsverordnungen würden insofern das behauptete Ziel gar nicht erreichen können. Vielmehr seien sie gezielt auf die Benachteiligung der Geschäftsmodelle der Krypto-Dienstleister ausgerichtet und würden lediglich mit Strohmann-Argumenten befördert. Im EU-Entwurf findet sich allerdings auch ein Vorschlag, der das Verbot anonymer Wallets bedeuten würde. Dabei bliebe indes die Frage offen, wie ein solches Verbot durchgesetzt werden sollte.