Sollten Bewerber das aktuelle Gehalt im Vorstellungsgespräch verraten? Der HR-Experte Nick Corcodilos sagt nein und liefert die Gründe. Viel besser wäre eine Gegenfrage.
Über Geld spricht man nicht, heißt es im Volksmund. Dennoch ist das Gehalt unter deutschen Arbeitnehmern ein großes Thema. Ob Gehaltsvergleiche zwischen Branchen, Berufen, Altersgruppen oder Geschlechtern – wenn es um das liebe Arbeitsentgelt geht, hat fast jeder eine Meinung. Insofern wundert es auch nicht, dass Diskussionen um das Thema der Gehaltstransparenz zunehmend lauter werden.
Die Bundesregierung fördert Transparenz beim Einkommen
Jeder zweite Deutsche ist angeblich unzufrieden mit seinem Gehalt. Mehr als drei Viertel sprechen sich daher für einen transparenten Umgang mit den Löhnen und Gehältern aus. Zu diesen Ergebnissen kam jüngst das Karriere-Netzwerk Xing im Rahmen einer Gehaltsstudie aus dem Jahr 2018, die es unter seinen Nutzern durchgeführt hat. Viele Arbeitnehmer fühlen sich demnach häufig benachteiligt. Auch weil Überstunden oft mit dem Gehalt abgegolten sind und längere Arbeitszeiten somit nicht entlohnt werden.
Auf das Phänomen der ungleichen Gehälter zwischen Männer und Frauen hat die Bundesregierung übrigens im Januar 2018 reagiert und das Entgelttransparenzgesetz verabschiedet. Die Lücke, auch Gender-Pay-Gap genannt, soll laut dem Bundesamt für Statistik an die sechs Prozent heranreichen. Damit Löhne besser vergleichbar sind, können Angestellte in Unternehmen mit mehr als 200 Mitarbeitern einen „individuellen Auskunftsanspruch“ gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen. Männer und Frauen können erfahren, was eine Gruppe von mindestens sechs vergleichbaren Kollegen des anderen Geschlechts im Mittelwert verdient. Mittelwert bedeutet jedoch nicht im Durchschnitt, sondern im Median. So fallen große Ausreißer im Gehaltsvergleich nach unten wie oben nicht ins Gewicht. Arbeitnehmer können sich lediglich mit dem mittleren Wert vergleichen.
Unternehmen testen transparente Gehälter
Dass es inzwischen aber auch Dutzende Unternehmen gibt, die transparente Gehälter von vorneherein kultivieren, zeigen ein paar Vorreiter in Deutschland und im Ausland. Hierzulande ist die Digitalagentur Elbdudler dafür besonders bekannt. Der Gründer Julian Vester hielt von Anfang an nicht viel von der Mauschelei um den Lohn. Er sieht es kritisch, dass es in Unternehmen oft große Gehaltsunterschiede gebe, die kaum erklärbar seien. Die Frage des Geldes erzeuge meist immense Spannungen in den Teams – Getuschel in der Teeküche und Gemunkel auf dem Flur. Es gibt aber auch Fälle, bei denen Testläufe mit transparenten Löhnen nicht gut ausgingen. Das Berliner Startup Einhorn-Kondome hatte eher negative Erfahrungen gesammelt und das Projekt wieder eingestellt. Keiner wollte am wenigsten verdienen, hieß es.
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