Bluesky: Das steckt hinter der Twitter-Alternative von Jack Dorsey

Begehrte Plattform: Bluesky von Twitter-Gründer Jack Dorsey ist exklusiv. (Foto: Primakov/ Shutterstock.com)
Ende Oktober 2022 hat Elon Musk Twitter übernommen. Seit dem sorgen Musks kontroverse Managemententscheidungen für Diskussionen. So wie Musk vor der Übernahme auf der Plattform mitmischte, tut er es auch jetzt – nur eben hinter den Kulissen. Seitdem der Tech-Unternehmer die Zügel in der Hand hat sind ein paar merkwürdige Dinge bei Twitter passiert. Immer mehr Nutzer:innen löschen ihre Twitter-Accounts und ziehen um. Twitter-Alternativen wie Hive oder Mastodon konnten massig neue Downloads verzeichnen. Auf der Suche nach Alternativen stößt man auch schnell auf Bluesky.
Bluesky ist eine dezentralisierte Social-Media-Plattform, die ähnlich aussieht und funktioniert wie Twitter. Bluesky setzt auf einen dezentralen Ansatz und Transparenz. Ursprünglich sollte das Projekt mit dem Namen Bluesky-Initiative ein Teil von Twitter werden. Der Twitter-Gründer und ehemalige CEO Jack Dorsey hat das Projekt lange finanziell unterstützt. Laut einem Tweet von Bluesky ist er außerdem im Vorstand des Unternehmens. Mittlerweile wurde das Social-Media-Projekt auf eigene Beine gestellt. Seit dem Frühjahr 2022 ist es vollständig unabhängig von Twitter.
Seit Anfang 2023 ist das Social-Media-Netzwerk im App-Store von Apple verfügbar. Zugriff bekommt ihr bisher allerdings nur mit einem Einladungs-Code oder einer Beta-Einladung der Entwickler:innen.
Die Bluesky-Technologie basiert auf dem sogenannten „Authenticated Transfer Protocol“, kurz AT-Protokoll. Das Protokoll soll, ähnlich wie bei Eugen Rochkos Netzwerk Mastodon, die Dezentralisierung des Netzwerks sicherstellen.
Das „föderierte“ Netzwerk gibt Servern die Möglichkeit, untereinander zu kommunizieren. So sei es nicht nur auf einen Standort begrenzt, wie herkömmliche Lösungen, schreibt Bluesky in einem Blog-Beitrag. AT nutze selbst-authentifizierte Daten, um auf keinen zentralen Host angewiesen zu sein. Damit könnten sich Nutzer:innen im Gegensatz zu anderen Diensten wie Twitter, Tiktok oder Instagram über viele kleine Server registrieren – eben „dezentral“. Bluesky verzichtet nach eigener Aussage zudem auf „Datensilos“.
Das AT-Protokoll macht es möglich, Konten ohne Datenverlust von und an andere Anbieter zu übertragen. Denn die Betreibenden von Bluesky finden, dass die Online-Identität einer Person keinen Unternehmen gehören sollte, die den Nutzer:innen gegenüber Rechenschaft ablegen.
Bluesky will außerdem mit dem Algorithmus-Diktat brechen. So sollen Nutzer:innen selbst entscheiden können, welchen Algorithmus sie nutzen möchten, um sich Inhalte anzeigen zu lassen. Dazu beinhalte das AT-Protokoll einen Modus für offene Algorithmen. Zudem nutze das Protokoll ein Interoperations-Framework namens Lexicon, um vielfältige vernetzte Dienste zu koordinieren.
Trotz des dezentralen Ansatzes kündigte das Unternehmen zudem an, ein Moderationsmodell namens „Rede und Reichweite“ zu entwickeln. Moderation sei auch bei Bluesky notwendig, so die Macher:innen der Plattform. Schließlich sei man weiterhin verpflichtet, illegale Inhalte aufgrund der lokalen Gesetze zu entfernen. Das Moderationsmodell soll sowohl die Sprach- als auch die Reichweitenebene einbeziehen.
Grundsätzlich wird Bluesky als eine abgesteckte Version von Twitter beschrieben. Denn grundlegende Funktionen des Original finden sich auch in der Alternative wieder. So ist beispielsweise die Profiloberfläche der von Twitter vom Design und von den Funktionen her sehr ähnlich: Profile haben ein Profilbild, einen Hintergrund und eine Beschreibung. Außerdem werden Zahlen zu Follower:innen und gefolgten Accounts im Profil angezeigt. Nutzer:innen können sich einen Benutzernamen sowie ein @-Handle erstellen. Auch Twitters typisches Kennzeichen, die begrenzte Zeichenzahl für Postings, findet sich bei Bluesky wieder. So dürfen Postings bis zu 256 Zeichen lang sein und Fotos beinhalten.
Sonst gibt es alle gängigen Interaktionsmöglichkeiten aus anderen sozialen Netzwerken auch bei Bluesky: Posts können gelikt, kommentiert und geteilt werden. Andere Accounts können außerdem wie gewohnt gesucht, stummgeschaltet oder blockiert werden. Insgesamt bietet Bluesky bisher allerdings weniger Funktionen als das Original. So soll es bisher nicht möglich sein, Nutzer:innen per Direktnachricht zu kontaktierten oder Videos zu teilen. Da sich die Plattform bisher noch in der Entwicklungsphase befindet, kann sich das aber jederzeit ändern.
Obwohl sich die App im App-Store von Apple herunterladen lässt, ist Bluesky anders als Twitter nicht für jeden zugänglich. Das Netzwerk setzt wie die Hype-App Clubhouse auf eine künstliche Verknappung der Accounts, die Zugriff haben. Die audiobasierte Social-Media-App Clubhouse löste mit ihrem Konzept von Live-Podcasts 2020 einen regelrechten Hype aus. Ein Grund für den Erfolg: Clubhouse war in der Anfangszeit nur exklusiv über einen Einladungslink nutzbar.
Auf ein ähnliches Prinzip setzt auch Bluesky: So ist ein Einladungscode nötig, um die Plattform nutzen zu können. Die künstliche Verknappung geht auf: Die Einladungscodes sind heiß begehrt. Auf Ebay sollen Einladungscodes für Bluesky Hunderte und manchmal sogar Tausende Dollar bringen.
Die Exklusivität hilft nicht nur dabei, enttäuschte Twitterer abzuwerben. So soll die Flucht vor Trollen die Plattform in die Exklusivität treiben. Die Barriere, dass ein Einladungscode benötigt wird, um Bluesky zu nutzen, soll es Trollen, aber auch Bots und Hate-Speaker:innen schwer machen, sich auf der Plattform auszubreiten.
Wer ein Teil von Bluesky werden und sich eins der heiß begehrten Bluesky-Handles sichern möchte, muss eingeladen werden. Bei der Anmeldung auf der Plattform müssen neue Nutzer:innen dazu einen Einladungscode eingeben. Jede:r Nutzer:in kann alle zwei Wochen eine Einladung aussprechen. Ohne Einladungscode bekommt ihr vorerst nur mit einer Beta-Einladung der Entwickler:innen Zutritt zu der Plattform. Auf der Website des Netzwerks könnt ihr euch weiterhin in die Warteliste eintragen und auf eine Einladung zur Beta-Version hoffen. Wann die App für alle geöffnet wird, steht noch nicht fest.
Das Unternehmen gibt an, mit ein paar Hundert Beta-Tester:innen gestartet zu sein und nun über 50.000 Nutzer:innen zu haben.
Bluesky hatte seine Geburtsstunde als Jack Dorsey noch CEO von Twitter war. 2019 hat er Bluesky als eine Erweiterung von Twitter vorgestellt. Damals trug das Projekt den Namen Bluesky-Initiative.
Da Bluesky ursprünglich ein Teil von Twitter werden sollte, hat der Twitter-Gründer Dorsey das Projekt lange finanziell unterstützt. Laut einem Tweet von Bluesky ist er außerdem im Vorstand des Unternehmens. Mittlerweile wurde das Social-Media-Projekt auf eigene Beine gestellt. Seit 2021 ist Bluesky ein eigenständiges Unternehmen und wird seit dem Frühjahr 2022 auch nicht mehr von Twitter finanziert.
CEO von Bluesky ist der Website des Unternehmens zufolge die Software-Ingenieurin Jay Graber.
Bluesky ist eingetragen als „Public Benefit Limited Liability Company“ (PBLLC). Das bedeutet, dass das Unternehmen einen öffentlichen Nutzen schaffen will und diesen auch nachweisen muss.
Bluesky profitiert ohne jeden Zweifel von dem Debakel um die blauen Verifizierungs-Häkchen bei Twitter. Diese wandelte Musk recht ungeschickt von Authentifizierungs- und Rangabzeichen zu dem Bezahlmodell Twitter Blue um. Doch Twitter Blue brachte vor allem eins: Diskussionen über den neuen CEO Musk und viele frustrierte Twitter-Nutzer:innen, die sich von der Plattform abwenden.
Beobachter:innen zufolge hat Bluesky neben der Exklusivität noch aus einem weiteren Grund den richtigen Drive und das Potenzial, Twitter den Rang abzulaufen. So berichten diverse Nutzer:innen, dass auf der Plattform eine „frühe Twitter-Energie“ herrscht. Die Kultur der Community scheint ähnlich zu sein wie in den alten Twitter-Tagen. Damit könnte Bluesky die Alternative sein, auf die die Community gewartet hat.
Ein weitere entscheidender Nutzungsgrund für Bluesky dürfte die Dezentralität der Plattform sein. Diese bieten neben Bluesky allerdings auch andere Plattformen.
Die eine Twitter-Alternative, zu der alle umziehen, gibt es (noch) nicht. Neben Bluesky gibt es allerdings einige Apps, die dem Original sehr ähnlich sind. Einige haben in Sachen Dezentralisierung sogar die Nase vorne. Dezentrale Twitter-Alternativen wie Hive oder Mastodon konnten massig neue Downloads verzeichnen.
Hinweis: Auch t3n ist mit einer eigenen Instanz bei Mastodon.
Es ist sicher keine Überraschung, dass auch Meta im Rennen um das neue Twitter mitmischt. Anfang März 2023 war bekannt geworden, dass die Facebook-Mutter an einer Twitter-Alternative auf Basis des dezentralen Mastodon-Protokolls Activity Pub arbeitet, die unter der Marke Instagram gelauncht werden soll. Der Name der App ist bisher noch nicht ans Licht der Öffentlichkeit geraten. P92, so der Arbeitstitel, dürfte es eher nicht sein. Ein Leak zeigte aber unlängst, wie das Twitter von Instagram aussehen könnte.
Weitere Twitter-Alternativen habe wir für dich in diesem Artikel auf t3n.de gesammelt:
Wenn der Hype anhält, hat Bluesky das Potenzial, Twitter den Rang abzulaufen. Die Plattform ist aber nicht die einzige Alternative, die frustrierten Twitterern eine neue Heimat bieten möchte. Der Erfolg der Plattform ist am Ende von der Community abhängig. Die baut sich gerade erst auf.
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