Kritik an Life 360: Vermeintliche Sicherheitsapp gibt massenhaft Daten weiter
Der Sinn der App Life 360 zieht vielleicht besonders Eltern an: Das Tracking erlaubt es ihnen, immer zu sehen, wo sich ihre Kinder herumtreiben. Dafür müssen natürlich beide Seiten Life 360 installiert haben und ihre Bewegungsdaten mit der Anwendung teilen. Genau diese sensiblen Daten sind für die Köpfe hinter der App unter anderem das Kapital – im wahrsten Sinne des Wortes.
Ehemalige Mitarbeiter:innen berichten vom Datenverkauf an Dritte
Wie Recherchen von The Markup zeigen, verkauft Life 360 die Daten seiner etwa 33 Millionen Nutzer:innen an Dritte weiter, das berichten zwei ehemalige Mitarbeiter:innen. Der Life-360-CEO und -Gründer Chris Hulls dementiert diese Vorwürfe nicht, bestätigt sie aber auch nicht – zumindest nicht direkt. In einem Zitat aus dem The-Markup-Bericht sagt er, dass der Datenverkauf „Teil des Geschäftsmodells“ wäre und den Nutzer:innen die weitestgehend kostenlose Nutzung der App ermöglichen würde.
Safegraph ist ein Kunde für die Life-360-Daten – und ein Partner des Unternehmens
Strenggenommen ist diese Nutzung jedoch nicht kostenlos, schließlich zahlen die User:innen direkt mit ihren eigenen Daten. Zu den Käufern dieser Informationen zählt beispielsweise Safegraph, das Rohkoordinaten mit interessanten Orten verknüpft und auch Daten an das US-amerikanische Center for Disease Control verkauft hat.
Laut The Markup ist Safegraph nicht nur Kunde von Life 360, sondern werde intern auch als „wichtiger Partner“ bezeichnet. Dass Life 360 zu dem Unternehmen nicht nur eine Kunde-Verkäufer-Beziehung pflegt, wird auch dadurch deutlich, dass der Chief Business Officer von Life 360, Itamar Novick, selbst ein Investor von Safegraph ist, neben dem Risikokapitalgeber Peter Thiel und dem ehemaligen Leiter des saudi-arabischen Geheimdienstes, Prinz Turki Al Faisal Al Saud.
Ebenfalls Life-360-Kunde ist Cuebiq. Auch dieses Unternehmen hat, wie Safegraph, mit dem Center for Disease Control zusammengearbeitet. Während der Corona-Pandemie diente es außerdem einigen Medien, wie der New York Times, als Quelle für Standortdaten im Rahmen der Berichterstattung über die Bewegungen von Personen während des coronabedingten Lockdowns.
Nutzer:innen können Angaben über die Datenweitergabe in der Datenschutzverordnung finden
Cuebiq wird sogar direkt als möglicher Drittnutzer der Ortungsdaten von Life-360-User:innen genannt. Sie könnten in der „Privacy Policy“ von Life 360 unter dem Punkt „Sharing of your Information“ die Angaben finden, dass ihre Daten an Dritte weitergegeben werden. Realistisch ist es aber nicht, dass viele Eltern mit ihren Kindern diese Dokumente vor der Nutzung der Life-360-App durchgehen.
Daten werden anonymisiert weitergegeben
Zwar werden die User:innen-Daten laut dem Life-360-CEO Hulls anonymisiert weitergegeben, „Benutzernamen, E-Mails, Telefonnummern und andere Arten von identifizierbaren Benutzerinformationen“ würden gelöscht, heißt es in dem The-Markup-Bericht. Jedoch kritisieren laut dem Artikel Datenschützer, dass auch ohne diese Angaben die Standortdaten mit denjenigen in Verbindung gebracht werden könnten, von denen sie ursprünglich stammen.
Nutzer:innen ist das zum Großteil wahrscheinlich nicht bewusst. Im App-Store liegt die Bewertung der Anwendung am 7. Dezember 2021 beispielsweise bei durchschnittlich 4,7 von 5 Sternen. In den Kommentaren findet sich Lob für ihre Funktionen, beispielsweise dafür, dass der Standort der Kinder gut verfolgt werden könnte. Nicht nur der Standort, auch die Fahrgeschwindigkeit, falls der oder die Getrackte in einem Fahrzeug unterwegs ist, kann getrackt werden.
Life 360 bekam bereits einen Shitstorm der jüngeren Nutzer:innen ab
Was die Eltern freut, freut eben auch die Unternehmen, die mit diesen Daten Geld verdienen. Jugendliche hingegen haben sich schon mal gegen Life 360 zur Wehr gesetzt. Tiktok-Nutzer:innen berichteten in den kurzen Videos von dem Tracking der App, die ihren Eltern ihre Verfolgung auf Schritt und Tritt ermögliche.
Gleichaltrigen gefiel das gar nicht. Die App wurde mit schlechten Bewertungen überhäuft – und Life 360 reagiert mit einer ähnlichen Aktion. Laut The Markup wurden neben der Einführung einer zusätzlichen Funktion, die die Ortung etwas ungenauer machen könnte, auch Jugendliche eingekauft, die für die App auf Tiktok werben sollten. Das hat anscheinend funktioniert – so konnte Life 360 unter anderem mit finanziellen Mitteln den Shitstorm stoppen.
Life 360 erwarb Hardware-Tracker Tile – diese Daten sollen nicht weitergegeben werden
Außerdem setzt das Unternehmen sein Geld auch für den Kauf anderen Ortungsangebote ein: Der Hardware-Tracker Tile wurde in diesem Jahr für 205 Millionen US-Dollar übernommen. Die Daten der Anwender:innen sollen jedoch nicht verkauft werden.
Kann ich nicht lesen. Ist gegendert