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Politikfluencer im Bundestag – ist Social Media endlich im Bundestag angekommen?

Für viele Menschen gehören die sozialen Medien längst zum Alltag. Bei Politikerinnen und Politikern sieht das teilweise ganz anders aus. Unser Gastautor wirft einen Blick auf ihre Performance.

Von Jonas Sowa
5 Min. Lesezeit
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(Bild: Shirmanov Aleksey / Shutterstock.com)

Der digitale Wandel manifestiert sich nirgendwo so offensichtlich wie auf den Social-Media-Plattformen. Es ist ein idealer Lackmustest für Organisationen und Personen, ob man die neue (digitale) Welt wirklich versteht und angekommen ist. Im Superwahljahr habe ich mir deshalb den kompletten Bundestag vorgenommen und alle 709 Volksvertreter*innen analysiert. Gleich zu Beginn die erste Erkenntnis: Zehn Mitglieder des Bundestags (MdB) konnte ich auf keiner der großen vier Social-Media-Plattformen finden.

(Grafik: Florian Schulze-Ganzlin, digital8.ai)

(Grafik: Florian Schulze-Ganzlin, digital8.ai)

Über 30 Millionen Nutzer haben in Deutschland einen Facebook-Account. Fast sechs Millionen Menschen erreicht Twitter monatlich. Instagram hat sich als neuer Platzhirsch etabliert, Tiktok und Twitch rauschen mit beeindruckenden Wachstumszahlen heran.

(Grafik: Florian Schulze-Ganzlin, digital8.ai)

MdB auf …

… Facebook

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Auf Facebook, dem vergreisten Platzhirsch, sind fast alle MdB inzwischen angekommen – das heißt: Zumindest haben sie ein Profil, zum Inhalt kommen wir später noch. FDP und AfD sind besonders breit vertreten und selbst die Grünen auf dem letzten Platz haben noch 90 Prozent ihrer Abgeordneten auf Facebook. Die meisten Follower hat Sahra Wagenknecht, gefolgt von Gregor Gysi und Martin Schulz. Den höchsten Follower-Schnitt über alle MdB hat die AfD mit knapp 14.000 und auch die beste Engagement-Rate hat die AfD mit 5,3 Prozent im letzten Jahr.

… Instagram

Lange war Twitter die zweitbeliebteste Plattform unter den MdB (79 Prozent), seit 2020 ist es Instagram mit 82 Prozent. Instagram ist für viele Politiker allerdings noch #Neuland, daher sind die durchschnittlichen Follower-Zahlen mit 2.000 eher gering. Die Top-3-Politiker auf Instagram sind Angela Merkel, Markus Söder und Christian Lindner. Unter den Parteien ist hier die CDU die stärkste Kraft mit 27 Prozent und einer durchschnittlichen Followerzahl von 703.

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… Twitter

Twitter ist inzwischen bei der Verbreitung hinter Instagram zurückgefallen, aber trotzdem sind 79 Prozent der MdB dort vertreten – mit einer durchschnittlichen Follower-Zahl von 13.300. Ganz vorne mit dabei sind Martin Schulz, Karl Lauterbach und Sahra Wagenknecht. Die FDP ist hier die erfolgreichste Partei mit 93 Prozent ihrer Abgeordneten und einer durchschnittlichen Followerzahl von 10.000. Die Linke hat den höchsten Schnitt aller Parteien mit knapp 24.000 Followern.

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… Linkedin

Linkedin gewinnt immer weiter an Bedeutung, für Business-Kontakte und auch im Politikumfeld. 32 Prozent der MdB sind dort mittlerweile angekommen. CDU-, FDP- und die Grünen-Abgeordneten haben im Schnitt deutlich über 1.000 Follower. SPD, Linke und AfD schaffen es im Durchschnitt nicht über die 500er-Marke.

Fazit

Was sonst noch auffällt, aber auch nicht überraschend ist: Gemessen an der Anzahl der Follower ist Facebook klar in der Hand der AfD, auf Instagram nimmt die FDP die Spitzenposition ein, auf Twitter die Grünen und auf Linkedin die CDU.

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(Grafik: Florian Schulze-Ganzlin, digital8.ai)

Was stellen wir übergreifend fest? Für die Politik ist Social Media alles andere als optional. Aussitzen kann das niemand mehr. Nirgendwo geht Dialog und Interaktion so effektiv und schnell wie auf Social Media. Viele Politiker sind längst dabei, sich den Wählern, Journalisten und Mitarbeitern über neue Kanäle zu nähern und von einseitiger Kommunikation in einen Dialog überzugehen.

Eine Facebook- oder Instagram-Seite zu haben und vorbereitete Posts und Statements rauszugeben, reicht dabei aber nicht mehr. Der Kern von Social Media ist der Austausch und die Interaktion, also nicht nur senden, sondern liken, kommentieren, teilen. Für Politiker heißt das: authentische Kommunikation auf Augenhöhe und das kann man nur, wenn man wirklich Lust hat und auch einen großen Teil davon selbst (mit einem Team zusammen) zu produzieren. Den Praktikanten dranzusetzen, funktioniert da nicht.

Die DNA von Social Media verstehen – von der Einwegkommunikation zum interaktiven Austausch

In der Mehrzahl der Profile sieht man, dass die DNA von Social Media noch nicht verstanden wurde: nämlich, dass es um Dialog und Interaktion geht. Inhalte werden einfach als Einwegkommunikation gepostet, ohne sich mit der Zielgruppe zu beschäftigen, ohne die Menschen einzubinden und sie zu fragen, wie sie bestimmte Themen sehen und welche Ideen sie haben. Bei jedem Post, bei jeder Aktion sollte man sich immer Fragen: Was will ich erreichen? Bringt das einen Mehrwert? Welche Reaktion erwarte ich?

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Noch zu oft werden Profile angelegt, weil man das „für die jungen Leute braucht“. Was herauskommt, ist ein planloser Gemischtwarenladen an Themen und Formaten ohne erkennbaren roten Faden und Konzepte. Nach einer gewissen Zeit führt das fast immer zu nachlassender Motivation, was man diesen Profilen dann auch anmerkt, weil keine Interaktion und Entwicklung entstehen. Bei vielen anderen Organisationen und Führungskräften – vom Dax-Unternehmen bis zur Kirche – ist das nicht anders. Oft wird Social Media immer noch im Sinne einer Top-down-Einwegkommunikation umgesetzt, ohne wirkliche Strategien und das echte Potenzial zu nutzen.

Als die erfolgreichsten MdB-Posts haben sich solche mit folgenden Inhalten herausgestellt:

  1. News: Updates, Entscheidungen, Gesetzesnovellen
  2. Branchen und Gesellschafts-Insights, Trends, Reports
  3. Erfahrungsberichte, Fazits, Lessons Learned
  4. Videos im Allgemeinen
  5. Behind-the-Scenes, Ungewöhnliches („Ä“) und Persönliches

(Screenshot: Instagram/Jonas Sowa)

(Screenshot: Instagram/Jonas Sowa)

Ein häufig gesehenes Phänomen ist auch „Copy-Pasten“ zwischen den Plattformen. Das findet man relativ oft unter den MdB-Profilen; man kann es fast schon in als Klassiker bezeichnen. Inhalte unreflektiert mehrfach zu verwenden, funktioniert jedoch nur sehr begrenzt. Querformat-Videos auf der einen Plattform müssen in Hochkant für die andere produziert werden, lange Facebook-Texte funktionieren nicht auf Instagram. Wer authentisch sein will, verlängert also nicht die Mood-/Image-Videos der Website auf Social Media, sondern spricht selbst in die Kamera, vor allem im Selfie-Modus wirkt das besonders nahbar.

Auch wird oft die passive Nutzung unterschätzt, also der Mehrwert des Monitorings, das Zuhören, Feedback sammeln. Social Media ist eine höchst effiziente Real-Time-Focus Gruppe, die man nutzen kann, wenn man es richtig macht.

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MdB aufgepasst – hier ein Vorschlag, wie eine ideale Social-Media-Woche auf Twitter aussehen kann:

  • Montag: Einen Link zu einem Artikel oder einer Initiative, den du über das Wochenende gelesen hast, mit einem Kommentar zum Why teilen
  • Dienstag: Einen Beitrag oder Kommentar an einen Kollegen (@…) und den großartigen Job im Ausschuss XY
  • Mittwoch: Höre in den Markt, lese Kommentare zu deinen Themen auf Social Media, antworte gegebenenfalls ein Like
  • Donnerstag: Teile etwas über deine Partei, auf das du besonders stolz bist
  • Freitag: Schreibe über etwas Persönliches Das kann ein Erlebnis diese Woche, sein wie zum Beispiel ein Foto einer Begegnung oder eines Konferenzerlebnisses oder Wochenendpläne wie zum Beispiel Bücher oder Ausflugsziele.

Am Ende gilt für die MdB, was für alle gilt: Die Komplexität im digitalen Raum ist enorm gestiegen und die rasante Entwicklung von Social Media beeinflusst alle Branchen. Dabei stehen viele Menschen und Organisationen vor einem Dilemma: gründlich die Hausaufgaben machen oder direkt auf den nächsten Zug aufspringen? Wer Vertrauen schaffen und authentisch überzeugen will, kommt dabei aber leider nicht an den Hausaufgaben vorbei. Und dabei gilt wie auch bei einer Fremdsprache: Am besten man sucht sich einen „Social-Media-Muttersprachler“, geht in den Austausch, versteht und lernt.

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