- DMA: Apple weist auf Gefahren der Öffnung hin
- Alternative App-Stores sind für Apple „Marktplätze“
- Apple hat Kontrolle über Marktplätze und Apps – irgendwie
- Neue Richtlinien für Marktplätze
- Diese iPhone-Funktionen kennst du vermutlich noch nicht
- Mehr Freiheit für Browser ab iOS 17.4
- Gros der Änderungen greift nur bei iOS
Alternative App-Stores und mehr ab iOS 17.4: Apple kündigt radikale Änderungen für EU-iPhones an
Apple beugt sich den Regeln des Digital Markets Act (DMA), die im März 2024 in Kraft treten. Unter anderem sollen mit dem Update auf iOS 17.4 iPhones in der Europäischen Union (EU) neue Möglichkeiten erhalten, die in Apples Ökosystem bislang ohne Jailbreak undenkbar waren.
Wie schon seit Monaten berichtet wird, können iPhone-Besitzer:innen in der EU künftig neben Apples hauseigenem App-Store ihre Apps auch aus alternativen Stores beziehen und andere Bezahlsysteme verwenden. Darüber hinaus werden ab März auch erstmals Browser von Drittanbietern zugelassen, die nicht auf Apples Webkit-Technologie basieren. Dies dürfte besonders Googles Entwickler:innen freuen, die schon seit Jahren sagen, dass Apples Webkit die Webentwicklung ausbremse.
DMA: Apple weist auf Gefahren der Öffnung hin
Trotz der umfangreichen Öffnung des iPhone-Ökosystems will Apple die Kontrolle aber nicht komplett abgeben. Zudem stellt der Hersteller immer wieder deutlich heraus, wie sehr diese Änderungen dem Unternehmen missfallen.
Schon im ersten Absatz der offiziellen Ankündigung vom Januar 2024 schreibt der Hersteller, dass die von der EU erzwungenen Änderungen durch den DMA Datenschutz- und Sicherheitsrisiken erzeugten. Um diese zu reduzieren – „aber nicht zu beseitigen“ –, habe Apple neue Kontrollen und Informationen sowie erweiterte Schutzmaßnahmen eingeführt.
Alternative App-Stores sind für Apple „Marktplätze“
Apple hatte sich seit Monaten gegen die Vorgaben der EU, alternative App-Stores zuzulassen, energisch zur Wehr gesetzt und stets argumentiert, dass nur so keine schädlichen Apps und Inhalte ihren Weg auf Apple-Geräte finden könnten. Auch in der aktuellen Ankündigung weist das Unternehmen abermals darauf hin, dass „die neuen Optionen für die Abwicklung von Zahlungen und das Laden von Apps in iOS neue Möglichkeiten für Malware eröffnen, Betrug und Betrugsversuche, illegale und schädliche Inhalte sowie andere Bedrohungen für Datenschutz und Sicherheit“ darstellten.
Um diese „Risiken zu verringern und Nutzer:innen in der EU die bestmögliche und sicherste Erfahrung zu bieten“, führt Apple einige Schutzmaßnahmen ein. Zu diesen gehören etwa die Beglaubigung von iOS-Apps, eine Autorisierung für Entwickler:innen des Marktplatzes – Apple nennt sie bewusst nicht „Stores“ – und Angaben zu alternativen Zahlungsmöglichkeiten.
Das Thema Sideloading, also die Möglichkeit, Apps direkt von einer Website zu installieren, ist nicht Teil der Ankündigung. Es scheint entsprechend noch kein Thema zu sein. Im Grunde ist für Apple aber auch die Installation über die alternativen Marktplätze eine Art Sideloading. Schließlich umgehen Anwender:innen damit den App-Store.
Apple hat Kontrolle über Marktplätze und Apps – irgendwie
Laut Apple können alle Entwickler:innen ihre eigenen Marktplätze anbieten – sie müssen sich lediglich an die Vorgaben Apples halten. Sowohl Meta als auch Microsoft hatten schon vor Monaten angekündigt, eigene App-Marktplätze auf iPhones zu bringen – wann das aber passieren wird, ist noch unklar, da sie mit Apples Vorgaben nicht zufrieden sind. Mit einem eigenen Store will auch Epic sein Game Fortnite zurück auf das iPhone bringen. Einer der ersten Anbieter eines alternativen Marktplatzes namens Setapp ist Macpaw, die einen Launch für April vorsehen. Diese alternativen App-Stores – Verzeihung: Marktplätze – können künftig von der Website des jeweiligen Marktplatzanbieters heruntergeladen werden.
Um sie dann auf einem iPhone verwenden zu können, müssen diese Marktplätze zunächst Apples Genehmigungsverfahren durchlaufen. Überdies müssen Nutzer:innen des Marktplatzes diesem ausdrücklich die Erlaubnis erteilen, Apps auf das Gerät zu laden. Sobald der Marktplatz dann genehmigt und auf eurem iPhone installiert ist, sollen Nutzer:innen alles herunterladen können, was sie nur möchten.
Laut The Verge können etwa auch Apps dazugehören, die eigentlich gegen Apples App-Store-Richtlinien verstoßen. Es sei ebenso möglich, einen Marktplatz als Standard-Store anstelle des App-Stores auf dem Gerät festzulegen.
Um die Sicherheit auf iPhones zu gewährleisten, behält Apple sich vor, den Vertriebsprozess von Apps genau zu überwachen. Laut Hersteller müssen alle Apps „notariell beglaubigt“ werden und mit einem gültigen Apple-Zertifikat signiert sein, ferner werde der Vertrieb über Drittanbietermarktplätze weiterhin von Apples Systemen verwaltet, heißt es. Entwickler:innen dürfen zudem nur eine einzige Version ihrer App in verschiedenen App-Marktplätzen vertreiben und müssen einige grundlegende Plattformanforderungen wie etwa das Scannen auf Schadsoftware erfüllen.
Sicherheit und auch Datenschutz spielen bei den Apps aus Marktplätzen eine große Rolle: Die angebotenen Apps unterliegen den standardmäßigem Sicherheitsanforderungen von iOS. Das heißt, sie laufen in einer Sandbox und sind damit letztlich vom System abgeschottet.
Ferner müssen Nutzer:innen den Zugriff auf Komponenten wie Standort, Mikrofon, Kamera und zusätzliche Daten separat erlauben. Das Gleiche gilt für die von Apple vor einer Weile eingeführte Transparenz beim App-Tracking.
Neue Richtlinien für Marktplätze
Ist eine App von Apple zugelassen worden, können die Entwickler:innen künftig festlegen, ob sie ihre Anwendung entweder wie gehabt nur im App-Store, nur auf einem oder mehreren Marktplätzen oder über alle Vertriebswege anbieten.
Je nachdem, für welche Option und welches Bezahlverfahren sie sich entschieden haben, fallen unterschiedliche Gebühren an, die sie an Apple abgeben müssen. Die wenig überraschend einfachste Variante ist, einfach weiterhin nur Apples App-Store treu zu bleiben. Denn dann bleibt alles wie gehabt.
Falls sie sich für das neue EU-System nach dem DMA entscheiden, müssen Entwickler:innen für sämtliche digitalen Güter und Dienste – dazu zählen auch Abos – eine Provision in Höhe von 10 oder 17 Prozent an Apple zahlen. Bislang lagen die Gebühren bei 15 beziehungsweise 30 Prozent.
Lassen Entwickler:innen ihre Apps im App-Store, können sie die Zahlungsabwicklung des App-Stores gegen eine weitere Gebühr von drei Prozent nutzen. Entwickler:innen können allerdings auch einen Zahlungsdienstleister innerhalb ihrer App nutzen oder Nutzer:innen auf ihre Website führen, um dort Zahlungen ohne zusätzliche Gebühren an Apple abwickeln zu lassen.
Des Weiteren verlangt Apple eine sogenannte Core Technology Fee für iOS-Apps, die über den App-Store oder einen alternativen Marktplatz vertrieben werden. Entwickler:innen müssen „0,50 Euro für jede erste jährliche Installation zahlen, die eine Schwelle von einer Million überschreitet“, so Apple. Eines der Unternehmen, die diese Gebühr an Apple entrichten werden, ist Spotify. Der Anbieter hat bereits angekündigt, Abos und Hörbücher an Apple vorbei verkaufen zu wollen.
Diese iPhone-Funktionen kennst du vermutlich noch nicht
Mehr Freiheit für Browser ab iOS 17.4
Abseits der neuen App-Store-Regeln fordert die EU im Zuge des DMA Apple auch dazu auf, sich für andere Browser-Engines zu öffnen. Bislang müssen alle Browser, die auf dem iPhone installiert werden dürfen, auf Apples Webkit-Engine setzen – auch Chrome und Firefox.
In Europa ist dieser Zwang passé. Fortan können Browser-Entwickler ihre eigenen Engines auf iOS bringen.
Google und Mozilla scharren schon mit den Hufen, da sie entsprechende Lösungen bereits in Arbeit haben. Damit Nutzer:innen dies auch sehen, wird unter iOS 17.4 beim ersten Öffnen von Safari ein Auswahldialog angezeigt, über den sie einen anderen Standard-Browser festlegen können. Aus folgenden Browsern könnt ihr laut Apple in Deutschland künftig wählen:
- Aloha
- Brave
- Chrome
- DuckDuckGo
- Ecosia
- Edge
- Firefox
- Web@Work
- Onion Browser
- Opera
- Safari
- you.com
Außerdem öffnet Apple den App-Store weltweit, um Spiele-Streaming-Dienste zuzulassen. Diese waren bislang aufgrund von Apple-Richtlinien so gut wie verboten.
Überdies wird Apple, wie schon vor wenigen Tagen seitens der EU angekündigt, Entwickler:innen im Europäischen Wirtschaftsraum erlauben, NFC-Zahlungen in ihren Drittanbieter-Apps anzubieten.
Gros der Änderungen greift nur bei iOS
Die großen Änderungen für den App-Store gelten ausschließlich in den 27 Ländern der EU und dort auch nur für das iPhone. Apples iPads, die im März iPadOS 17.4 erhalten, sind nicht von den Anpassungen betroffen.
Lediglich zwei Aspekte gelten offenbar für alle Apple-Plattformen: So sollen künftig alle App-Anbieter eigene Zahlungsdienstleister für In-App-Käufe integrieren oder einen Link auf die eigene Website setzen können. Sie sind nicht mehr dazu gezwungen, auf Apples In-App-Kauf zu setzen.