Den Verbrenner zum Elektroauto umrüsten: Liebhaberei oder sinnvolle Investition?
Autos mit klassischen Verbrennungsmotoren werden schon Mitte des 21. Jahrhunderts nur noch in Museen zu sehen sein. Das heißt aber nicht, dass uns echte Klassiker der Automobilgeschichte nicht auch weiterhin auf unseren Straßen begegnen werden.
Neben einigen Start-ups stellen das auch die Hersteller selbst sicher, die schon heute für ausgewählte Modelle Umrüstkits anbieten, mit denen sich Fahrzeuge mit traditionellem Otto- oder Dieselmotor auf Elektroantrieb umbauen lassen.
General Motor und Volkswagen machen es vor
Volkswagen treibt das Thema Elektromobilität nicht nur mit Modellen wie dem VW ID 3, ID 4 oder ID 5 voran, sondern hat mit eClassics und den E-Kits auch gleich noch Bausätze im Angebot, mit denen Oldtimer wie Brezel-Käfer, Samba-Bus oder Pirelli-Golf zu Elektrofahrzeugen umgerüstet werden können. Die Bauteile sind dabei die gleichen, die auch in aktuellen Serienfahrzeugen wie dem ID 3 und ID 4 zum Einsatz kommen.
Einen nahezu identischen Ansatz verfolgt General Motors mit seinen E-Auto-Komponentensätzen und dem eSVM-Programm (Elektrische Spezialfahrzeugmodifikatoren). Dabei haben die Kund*innen die Möglichkeit, Klassiker wie den E-10-Pickup, den Camaro oder den El Camino SS mit einem modernen vollelektrischen Antriebssystem auszustatten. Dieses stammt aus dem elektrischen Bolt, der hierzulande vor allem als Opel Ampera-e bekannt ist.
Unabhängig davon gibt es eine Vielzahl von Unternehmen, die sich auf den Umbau von Oldtimer spezialisiert haben, der weltweit immer beliebter wird. Das britische Unternehmen Everrati etwa baut alles vom Land Rover, über den Mercedes SL bis hin zum Porsche 911 um.
Die Gründe, warum man ein H- gegen ein E-Kennzeichen tauscht, sind dabei vielfältig. Einerseits gibt es Oldtimer-Fans, die ihre „alten“ Fahrzeuge zwar lieben, aber dennoch zeitgemäß geräusch- und vor allem emissionslos unterwegs sein wollen. Darüber hinaus existieren aber auch ganz pragmatische Gründe: Elektromotoren sind deutlich wartungsärmer – und insbesondere bei Motorschäden sind sie häufig die einzige Möglichkeit, den geliebten Oldtimer überhaupt weiterzufahren. Denn nicht für jedes Fahrzeug gibt es nach mehreren Jahrzehnten noch Ersatzteile.
Günstig ist die Umrüstung eines Oldtimers indes nicht: Je nach Modell werden für das Umbauset (Elektromotor, Batterie, etc.) und den Umbau selbst schnell mehrere zehntausend Euro fällig.
Start-ups widmen ich dem Elektroumbau von Gebrauchtwagen
Einen ganz anderen Ansatz verfolgen derweil unterschiedliche Start-ups, deren Geschäftsmodell darin besteht, Gebrauchtwagen mit Verbrennungsmotor möglichst kostengünstig auf einen Elektroantrieb umzurüsten. Im Fokus steht dabei vor allem das Thema Nachhaltigkeit.
Warum sollte beispielsweise ein 20 Jahre alter VW T5 wegen eines Motorschadens auf dem Schrottplatz landen, wenn man ihm mit einem Elektromotor ein emissionsfreies „zweites Leben“ spendieren kann? Diese Frage haben sich auch die Gründer vom Hamburger Start-up Naext gestellt und den „NAEXT Kompensator“ entwickelt.
Dieser ist modular und versetzt Fachwerkstätten in die Möglichkeit, selbständig Fahrzeuge umzurüsten. Bislang ist das Umrüstkit für den VW T5 und T6 erhältlich und für den Mercedes-Benz Vito, VW Crafter und Ford Transit in Planung. Ab einer Stückzahl von 20 Fahrzeugen bietet Naext mittels 3D-Scan sogar individuelle Lösungen.
Obwohl ein Umrüstkit mit 20.000 bis 30.000 Euro zu Buche schlägt und noch weitere 10.000 Euro für den Einbau kalkuliert werden müssen, soll sich das Naext-Konzept insbesondere für Flottenbetreiber lohnen – sowohl ökologisch als auch finanziell.
Deutlich ambitionierter sehen derweil die Pläne des französischen Unternehmens TOLV aus, das perspektivisch für einzelne Modelle bereits Umbauten für weniger als 10.000 Euro anbieten will. Für den Moment existieren allerdings nur Lösungen für zwei Transporter von Renault.
Umrüstung zum Elektroauto ist derzeit noch eine Nische
Während die Umrüstung zum Elektroauto gerade bei Oldtimern schon heute durchaus gefragt ist und sogar von den Herstellern unterstützt wird, bleibt fraglich, ob es das Thema bei „gewöhnlichen“ Gebrauchtwagen jemals über eine sehr kleine Nische hinaus schaffen wird.
Das liegt nicht nur an den hohen Kosten für den Umbau, sondern vor allem auch daran, dass ein solcher zentrale Eigenschaften des Fahrzeugs verändert. Das heißt, dass stets die Gefahr besteht, dass der TÜV den Umbau ablehnt. Selbiges gilt im Hinblick auf etwaige Reparaturen, die auch nicht jede Werkstatt ohne weiteres durchführen kann.
Wenn parallel dazu immer mehr gebrauchte Elektroautos auf den Markt kommen, die noch dazu immer günstiger werden, ist fraglich, wie groß die Nachfrage nach Umrüstlösungen in ein paar Jahren noch sein wird.