
Werbung ist nicht mehr spannend – da muss man schon manchmal gähnen! (Foto: Prostock-Studio/Shutterstock)
Werbung, insbesondere Onlinewerbung, hat ein Problem mit der Effizienz: Sichtbarkeiten sinken, Nutzer:innen sind genervt und auch die Creatives scheinen nicht mehr auf Interesse zu stoßen. Letzteres bestätigt eine Yougov-Erhebung, die die Frage stellte: Findest du, dass Werbung weniger interessant ist als früher?
Die Deutschen finden Werbung uninteressant
Das Problem betrifft nicht nur andere Länder, sondern auch Deutschland: 54 Prozent der befragten Deutschen stimmten dem Satz zu, dass Werbung nicht mehr so interessant sei, wie sie es einmal war. 33 Prozent konnten dem Statement weder zustimmen noch widersprechen. 13 Prozent können das Statement nicht bestätigen, für sie ist Werbung noch immer so spannend wie damals.
Auch in anderen europäischen Ländern empfinden die Menschen Werbung als nicht mehr spannend: In Frankreich und Dänemark stimmen 54 Prozent zu, in Schweden 52 Prozent, in Großbritannien 51 Prozent. Am wenigsten desinteressiert sind die indonesischen Befragten: Nur 38 Prozent stimmten zu, 46 Prozent hatten keine Meinung und 16 Prozent widersprachen, dass Werbung uninteressant geworden sei.
Je älter, umso müder
Je älter die befragten Personen, umso uninteressanter finden sie Werbung. Von den Befragten im Alter von 18 bis 24 Jahren stimmten nur 48 Prozent zu. Die höchste Rate von 52 Prozent Zustimmung gibt es bei den befragten Personen, die über 55 Jahre alt sind.
Warum werden die Menschen werbemüde?
Ein großes Problem könnte sein, dass die meisten Medien schlichtweg von Werbung überladen sind, sei es Print, Fernsehen, Radio oder Podcast. Vor allem aber online steigt die Menge der Anzeigen ins Unermessliche.
Instagram hat seine Werbeflächen 2019 verdoppelt und 2022 noch einmal die Tageslimits erhöht. Auch in bisher explizit werbefreien Bereichen wie Messengers könnte in naher Zukunft Werbung enthalten sein, wie es bei Telegram absehbar ist. Als störende Formate empfundene Werbung wie Autoplay-Videos oder Anzeigen, die den gewünschten Content verdecken – beispielsweise aufgrund schlecht platzierter Werbezonen – werden zu häufig genutzt. Zuletzt gibt es auch ein Imageproblem: Werbende wie Werbeplattformen, darunter Google, werden damit verbunden, dass sie mit ihren Anzeigen schädlichen Content finanzieren wie Verschwörungserzählungen oder rechtsextremistische Inhalte.
Dagegen hilft, sich als Marketer:in unbedingt mit aktuellen Geschehnissen auseinanderzusetzen, um nicht mit einer „Goldidee“ in ein Fettnäpfchen zu treten oder einen ganz falschen Ton anzuschlagen. Provokative Werbung sollte besonders aufmerksam geprüft werden – und gerade hier ist Kreativität vonnöten. Am häufigsten findet Provokation auf Ebenen statt, die bereits ausdiskutiert sind – und somit nicht mehr lustig. Beispiele dafür wären sarkastisch-sexistische Anzeigen.
Zuletzt müssen Marketer:innen sich wirklich mit ihrer Zielgruppe auseinandersetzen und sie kennenlernen – wenn möglich, persönlich. Erst wenn Werbung für Menschen statt für Nummern produziert wird, kann Werbung spannend sein.
Dass Werbung immer häufiger als langweilig empfunden wird, ist kein „globales Problem“, sondern die Werbung ist das Problem, das sämtliche Medienkanäle verunreinigt. Menschen brauchen keine Bevormundung und keine Manipulation. Ungefragt eingeblendete Werbung ist in erster Linie Belästigung. Der übermäßige Konsum, der unter anderem durch subtil wirkende Suggestionen in der Werbung erzeugt wird ist das Problem, durch das unser Planet immer mehr zu einer Müllhalde verkommt.
Hey, Möp! :)
Irgendwie ist es ja ein Problem – die Werbebranche ist groß und beschäftigt einen Haufen Arbeitnehmer:innen. Abgesehen davon braucht es einfach Werbung, sonst wird nie jemand auf neue Produkte aufmerksam. Diese neuen Produkte können ja auch mal tatsächlich Gut sein, beispielsweise tatsächlich ökologisch neutrale Alternativen zu bisherigen Produkten.
Aber was du ansprichst, stimmt eben: Viel zu viel Werbung ohne Consent hat die öffentliche Meinung zu Werbung eben stark ins Negative geschoben. Und gerade online wird nach der Devise „Viel hilft viel“ eingespielt. Das wiederum befeuert, dass Leute AdBlocker nutzen, dann geht die Sichtbarkeit zurück, Publisher müssen mehr Werbezonen einbauen um sich zu halten – und wir sind ein einem Teufelskreis, weil alles von vorn anfängt und nur noch schlimmer wird.
Da braucht es sicherlich eine kleine Revolution in der Werbebranche, und da wird Consent hoffentlich eine große Rolle drin spielen. :)
Ich verfolge das Thema selbst seit Ende der 90er Jahre und erkenne das Problem der Produkthersteller/Dienstleistungsanbieter, der Werbebranche, und auch der Medienbetreibenden, die darauf angewiesen sind, Einnahmen bzw. Verkäufe aus platzierter Werbung zu generieren und gleichzeitig immer höhere Ziele zu erreichen. Leider fällt mir dazu auch keine gute Lösung ein, die darauf hinausläuft, dass alle so weitermachen wie bisher und dabei auch noch ewig weiter wachsen. Finanziert wird alles letztlich vom Endverbraucher, der mit seinem durch Einsatz von Lebenszeit (Arbeit) erwirtschafteten Geld immer mehr Produkte kaufen soll – und von unserem Lebensraum, der Umwelt. Beobachtet man das ganze Treiben mit etwas Abstand, kommt man auf den Verdacht, dass häufig nach der Devise gehandelt wird: besser sie kaufen billig, statt überhaupt nicht.
Man könnte jetzt schon Vermutungen darüber aufstellen, ob die derzeitige wirtschaftliche Situation (Inflation, „Energiekrise“, etc.) wohl eher dazu führen wird, dass mehr minderwertige Produkte angeboten werden, die selbst mit einem schmalen Budget noch angeschafft werden können, oder mehr qualitativ bessere, ökologischere, sparsamere etc. Produkte beworben werden.
Gestalterisch kann man sich die Frage stellen, ob mehr Aufmerksamkeit erzielt wird oder mehr Zerstreuung, indem man mehr Werbung platziert, die miteinander und auch noch mit dem eigentlichen Content konkurriert. Wenn Sie in einem Text ein Wort rot unterstreichen, fällt es ins Auge – wird alles hervorgehoben, ist am Ende nichts hervorgehoben, sondern einfach bunt und nicht mehr angenehm zu lesen. Grundlagen der Gestaltung auf Anfängerniveau…
Jeder muss seine eigenen Konsequenzen daraus ziehen. Ich versuche minimalistischer zu leben, nicht viel mehr als genug zu verbrauchen, mich wenig zu zerstreuen. – Natürlich ist aus dieser Haltung heraus sämtliche Werbung überflüssig. Was aber nicht bedeutet, dass ich uninformiert kaufe; sondern wenn ein wirklicher Bedarf entsteht, lese ich Artikel in unterschiedlichen Quellen, vergleiche, wäge ab etc., bevor ich mich entscheide.
Ich stelle mir die Frage, ob es nicht ein systemisches Problem ist (um nicht das Wort Kapitalismus zu gebrauchen). Ich betreibe freiwillig einen gewissen Aufwand um dem Aufwand, Werbung zu konsumieren, zu entgehen – und habe auch kein Problem damit für guten, nützlichen Content (ohne Werbung) gutes Geld zu zahlen (das meiste geht wohl in Fachbücher, Fachzeitschriften und Bildungsprogramme; Darreichungsformen, wie Audio o.ä., die mir helfen Zeit zu sparen, bringen auch z.T. einen Mehrwert für den man gerne zahlt).
Es gibt letzlich nichts Kostbareres als nicht-vergeudete Lebenszeit in einem gesunden Lebensraum.
Wenn Werbung im lauf der Zeit als immer uninteressanter empfunden wird, stellt sich mir außerdem die Frage, ob es darauf hindeutet, dass langsam eine Werteverschiebung stattfindet, bei der andere Aspekte eine wichtigere Rolle einnehmen als grenzenloser Konsum.
P.S. Mir ist noch eine interessante „Verbraucherstimme“ zum Thema Werbung eingefallen.
Vor ein paar Jahren erklärte mir eine Freundin, sie kaufe NICHTS, was sie aus der Werbung kennt. Als ich sie fragte, wie sie dazu kommt, erklärte sich mir: „Ganz einfach. Wenn dafür geworben wird, schlagen die Konzerne die Kosten für die Werbung auf den Produktpreis auf. Am Ende zahle ich als Verbraucherin dann die Werbung. Und genau das werde ich nicht tun. Dafür ist mir mein Geld zu schade. Schließlich wende ich viel (Lebens-)Zeit auf, es zu verdienen.“
Ich vermute, das vereinfacht ihre Einkäufe enorm…
Ich bin ehrlich erstaunt, dass es überhaupt irgendwen unter den Menschen gibt, der/die Werbung echt spannend fände.
„Werbung lügt, die wollen nur, dass man ihre Sachen kauft“ klärte meine Mutter mich als Kind auf zwischen zwei Mainzelmännchen-Spots.
Damit war Werbung für mich erledigt, – bis heute hin.
Einzige Ausnahme war das HB-Männchen, dieser lustige Pechvogel.
Bei uns wurde trotzdem nicht geraucht.
Wer tut sich ernsthaft interessiert aufdringliche Werbung an?
Werbung ist inzwischen ein sich verselbständigtes System zum Geldscheffeln der Beteiligten untereinander.
Von möglichen echten Kunden hat sich das schon seit vielen Jahren entkoppelt.