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Analyse

Social-Media-Experte über Kryptokurse: „Der Einfluss von Tweets auf Coins ist ein Marktversagen“

Twitter ist voll von Memes, Prognosen und Gerüchten zu Bitcoin und anderen Coins. Wer dort viele Menschen erreicht, kann die Kurse steuern. Wie funktioniert Krypto-Twitter?

5 Min.
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Tweets, die sich auszahlen: Elon Musk äußert sich häufig auf Twitter zu Kryptowährungen. Wie groß ist sein Einfluss auf die Kurse? (Foto: Shutterstock/Mundissima)

Plus 23 Prozent für einen Tweet: Wenn Elon Musk twittert, kann das den Wert von Kryptowährungen beeinflussen. Das zeigte er Anfang 2021, als er mitteilte, dass Tesla Bitcoin gekauft hatte und die Autos bald auch mit der Kryptowährung bezahlbar seien. 16 Prozent Kursverlust mussten die Anleger:innen wiederum hinnehmen, als der Tesla-Chef im Mai via Twitter eine Kehrtwende verkündete.

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Noch stärkeren Einfluss scheinen die Tweets von Elon Musk auf kleinere Kryptowährungen wie Dogecoin zu haben. „Pusht Musk solche Memecoins und der Preis schießt um 30 Prozent nach oben, kannst du mit gehebelten Longpositionen Geld machen ohne Ende. Doch es ist nicht der Sinn eines Marktes, so manipulierbar zu sein“, sagt Thierry Berger, der zum Einfluss sozialer Medien auf Kryptowährungen geforscht hat. Woher nimmt Elon Musk die Macht, per Tweet den Kurs von Kryptowährungen zu steuern? Wer das verstehen will, muss sich die Plattform genauer anschauen.

Twitter und Bitcoin verbindet eine lange Geschichte: In seinem Tweet „Running Bitcoin“ im Januar 2009 erwähnte Hal Finney die neue Kryptowährung das erste Mal. Der Startpunkt für den Twitter-Austausch über die neue Technologie.

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Heute gilt Bitcoin als Leitwährung auf dem Kryptomarkt und ist mit einer Dominanz von aktuell um die 50 Prozent unbestritten der größte Coin. Twitter entwickelte sich gleichzeitig zu einer der wichtigsten Informationsplattformen für die Anleger:innen in Bitcoin und anderen Kryptowährungen.

Welchen Einfluss hat Twitter?

„Ein Großteil der Meinungsbildung unter Kryptoanlegern passiert auf Twitter“, sagt Antonius Gress vom Analyse-Startup Blockbrain. Durch den Austausch auf der Plattform entstehe das sogenannte Sentiment, die Börsenstimmung, die viele Anleger:innen dazu verleitet, Token zu kaufen oder ihre Bestände zu verkaufen. „Das Twitter-Sentiment korreliert bei den meisten Coins mit den Marktdaten“, erklärt Gress.

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Hype durch Twitter? Positive Bitcoin-Stimmung auf Social Media korreliert oft mit den Preisanstiegen. (Quelle: Blockbrain)

Noch besser als bei Bitcoin funktioniert das jedoch bei kleinen Kryptowährungen mit geringem Wert. „Je weniger liquide ein Coin ist, desto leichter können Diskussionen auf Twitter und Co. dessen Kurs bewegen“, sagt Thierry Berger.

Warum ist Twitter in der Kryptoszene so beliebt?

Twitter sei für die Krypto-Fans nicht nur ein Ort für die Suche nach Informationen und Ratschlägen zum Investieren. Die Plattform dient auch der Unterhaltung. „Memes und Videos werden dort genauso geteilt wie Anlagetipps“, sagt der Experte.

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Außerdem sei die soziale Interaktion auf der Plattform wichtig für die Identität der Krypto-Fans. „Wer in seinem Bekanntenkreis niemanden hat, der auch investiert und sich auskennt, der fühlt sich auf Twitter verstanden und findet Gleichgesinnte“, so Berger.

„Winter is coming“: Die besten Memes zum Kryptowinter Quelle: coinmotion

Warum nutzen so viele Krypto-Fans soziale Netzwerke?

Neben Tweets informieren sich die meisten Krypto-Fans natürlich auch noch auf anderen Plattformen. Sie schauen zum Beispiel Youtube-Videos zu den vielversprechendsten Coins, lesen anonyme Reddit-Beiträge zu Gerüchten über weitere Pleiten von Kryptounternehmen, sehen professionell erscheinende Linkedin-Posts zum Potenzial der Technologie oder verfolgen bald vielleicht auch Diskussionen auf Threads, dem neuen Ableger von Meta. Mit ihren unterschiedlichen Ausrichtungen konkurrieren die Plattformen um die Aufmerksamkeit der Nutzenden.

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Viele Diskussionen sind öffentlich einsehbar, aber auch in geschlossenen Chaträumen, zum Beispiel auf Discord oder Signal, werden Informationen ausgetauscht. Dort tummeln sich dann die Käufer:innen eines bestimmten NFT-Projektes oder eines Coins. „Oft tauschen sie in diesen geschlossenen Räumen Infos aus, die nicht für die breite Öffentlichkeit zugänglich sein sollen“, sagt Berger.

Wer großen Wert auf den Schutz seiner Daten legt, nutzt statt der großen Plattformen lieber dezentrale Alternativen wie Nostr. Das ist vor allem spannend für Bitcoin-Maximalisten, also Hardcore-Fans, die viel Wert auf die Ideologie des dezentralen und technischen Geldes legen. „Doch die dezentralen Plattformen haben weniger Nutzer und sind weniger benutzerfreundlich, das macht die Twitter-Konkurrenten unattraktiver“, so der Social-Media-Experte.

Was unterscheidet Bitcoin-Twitter von Krypto-Twitter?

Er trennt Bitcoin-Twitter klar von Krypto-Twitter, also Tweets, in denen es um andere Coins als Bitcoin geht. Den Bitcoin-Kurs würden die Diskussionen auf Twitter oder anderen Plattformen nicht nachhaltig beeinflussen können. „Selbst die Aussage über Bitcoin als digitales Gold von Blackrock-CEO Larry Fink hat nur zu einem kurzfristigen Kurshoch geführt, der kurz darauf wieder korrigiert wurde“, sagt Berger.

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In der Twitter-Blase der Bitcoin-Fans gehe es statt um Preisspekulationen um Informationen, die Mehrwert liefern. „Bitcoiner wollen sich informieren, statt Hype zu erzeugen“, sagt Berger. Bitcoin-Maximalisten würden dem Coin auch in einer Phase mit vergleichsweise niedrigem Kurs die Treue halten und sich auf die Ideologie berufen. Im Gegensatz dazu stehen die Spekulant:innen, die sich an kurzfristigen Preissteigerungen anderer Coins erfreuen.

„Dass Tweets auf kleine Coins einen so großen Einfluss haben, ist ein Marktversagen“, so Berger. „Es gibt über 26.000 verschiedene Kryptowährungen, besonders bei den Coins mit geringer Marktkapitalisierung kann künstlich generierter Hype auf Social Media zu Kursgewinnen führen, die nicht den fundamentalen Eigenschaften des Projektes entsprechen.“ Gleiches gilt für Kursverluste. Hier sind es die Panikverkäufe privater Anleger:innen, die durch Tweets provoziert werden. „Entscheidend dafür, dass die Marktmanipulation funktioniert, ist die Reichweite“, sagt Berger.

Wie viel Macht hat Elon Musk?

Reichweite hat Elon Musk. 147,8 Millionen Follower:innen werden aktuell für sein Profil angezeigt. Gewachsen ist diese Zahl auch durch seinen Kauf der Plattform im Oktober vergangenen Jahres – ein geschickter Ausbau seiner Gefolgschaft.

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Bitcoin und Musks Tweets: Reagiert der Bitcoin-Kurs auf die Aussagen des Tesla-Chefs? (Quelle: Blockbrain)

Widersinnig erscheinen da die Einschränkungen, die Twitter seitdem eingeführt hat: Zum Beispiel sind weniger Tweets für nicht Eingeloggte sichtbar und Suchmaschinen haben immer eingeschränkteren Zugriff auf die Inhalte auf der Plattform. Auch für die meisten Datenabfragen über Schnittstellen verlangt Twitter mehr Geld als vor Musks Übernahme.

„Elon Musk ist Unternehmer. Er trifft diese Entscheidungen wahrscheinlich aus Kostengründen“, sagt Gress, dessen Analyseunternehmen auch auf die Beschränkungen stieß. Er findet den Schritt von Twitter nachvollziehbar, schließlich koste jede Datenabfrage eines externen Unternehmens Twitter Geld.

„Früher wurden ganze Tradingbots auf das Twitter-Sentiment programmiert, das ist heute nicht mehr möglich“, sagt Gress. Was Musk aber sicher noch mehr störe als Tradingbots, das seien KI-Entwickelnde, die ihre Software mit Twitter-Daten trainieren. „Bei Large Language Models, wie ChatGPT gab es in den vergangenen sechs Monaten einen großen Boom und die Datenabfragen an Twitter sind explodiert“, sagt er. Auch das Interesse der Öffentlichkeit lag in den vergangenen Monaten mehr auf dem Thema künstliche Intelligenz als auf den schwächelnden Kryptokursen.

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„Ein paar Prozente hoch oder runter im Kurs kann Musk bei manchen Coins kurzfristig sicher bewirken“, resümiert Berger. Das gelte aber nicht für die Top-Kryptowährungen, die zusammen über 90 Prozent des Wertes des Kryptomarktes ausmachen.

„Egal, wie groß die Reichweite von Elon Musk oder von anderen Personen ist, sie haben trotzdem keinen unlimitierten Einfluss auf die Märkte.“ Der Grund: Die Anleger:innen gewöhnen sich an die ständigen Kauf- oder Verkaufssignale und folgen ihnen weniger, so der Experte.

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